USA:Supreme Court schränkt LGBTQ-Rechte ein und bremst Biden aus

Lesezeit: 2 min

Die Webdesignerin Lorie Smith (rechts) aus Colorado will nicht für homosexuelle Kunden arbeiten - und zog deshalb vor Gericht. (Foto: Andrew Harnik/AP)

Mit einem Urteil zur Rückzahlung von Studienkrediten bringt der Oberste Gerichtshof eines der wichtigsten Programme des US-Präsidenten ins Wanken. Fast gleichzeitig gibt es einen anderen, äußerst umstrittenen Beschluss.

Von Peter Burghardt, Washington

Amerika streitet noch über das Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Donnerstag, das die Auswahl von Studentinnen und Studenten an Universitäten nachhaltig verändert, da folgen bereits die nächsten umkämpften Entscheidungen. Beide sorgen für weitere, erbitterte Diskussionen in diesem gespaltenen Land: Der eine Beschluss des Supreme Court beschränkt LGBTQ-Rechte, der andere stoppt den Versuch von Joe Biden, Studierenden Schulden in Höhe von mehr als 400 Milliarden Dollar aus ihrer Hochschulzeit zu erlassen.

Dieser Student Loan Forgiveness Plan ist eines der bedeutendsten Programme der Biden-Regierung, der Fall betrifft mehr als 20 Millionen Menschen. Viele von ihnen sind potenzielle Wähler des Demokraten im Weißen Haus. Es wäre eines der teuersten Projekte der amerikanischen Regierung überhaupt, der US-Präsident wollte Betroffenen je nach Einkommen die Rückzahlung von 10 000 bis 20 000 Dollar ersparen. Sie könnten auf diese Weise beginnen, sich aus dem Schuldenberg zu befreien, sagte Biden im Sommer 2022. Jetzt gehen die obersten Regelhüter auch in dieser Sache dazwischen.

Biden will neue Maßnahmen ankündigen

Geklagt hatten sechs republikanisch regierte Bundesstaaten (Nebraska, Missouri, Arkansas, Iowa, Kansas und South Carolina) und zwei Einzelkläger, die erzkonservative Mehrheit der Richterinnen und Richter gab ihnen mit 6:3 Stimmen recht. Mit demselben Verhältnis war tags zuvor die jahrzehntealte Praxis von Universitäten verboten worden, einige Studienplätze auch nach der Hautfarbe zu vergeben, um vor allem sonst benachteiligte Schwarze zu fördern.

Der jüngste Beschluss belastet den weniger wohlhabenden Teil der Bevölkerung: Unterstützer von Bidens Plan am Freitag vorm Supreme Court. (Foto: Olivier Douliery/AFP)

Auch dieser Beschluss belastet nun den weniger wohlhabenden Teil der Bevölkerung, dessen junge Frauen und Männer sich eine teure Ausbildung auf hohem Niveau nur leisten können, indem sie sich viel Geld leihen. Insgesamt sind mehr als 45 Millionen Menschen angesichts der Studiengebühren mit 1,6 Billionen Dollar verschuldet, das entspricht ungefähr der Wirtschaftsleistung von Brasilien oder Australien. Der Richter John Roberts schreibt in seiner Begründung, dass ein solcher Schuldenerlass eine eindeutige Ermächtigung durch den Kongress verlange.

Das ist derzeit schwierig, denn im Abgeordnetenhaus bestimmen seit den US-Zwischenwahlen die Republikaner, unter ihnen zahlreiche Hardliner. Für Joe Biden ist das Votum eine Niederlage im angehenden Wahlkampf für 2024, ganz im Sinne seiner Rivalen, vorneweg Donald Trump. Allerdings kündigte Biden am Freitagnachmittag neue Maßnahmen an, um Studenten Schuldenerleichterung zu verschaffen. "Der Kampf ist noch nicht vorbei", sagt er. "Atemberaubend" sei die Heuchelei der gewählten Vertreter der Republikaner. Mit erlassenen Krediten für Unternehmen aus der Zeit der Pandemie hätten sie kein Problem. "Aber als es darum ging, Millionen von hart arbeitenden Amerikanern zu helfen, taten sie alles, was in ihrer Macht stand, um dies zu verhindern."

Noch ein anderer Richterspruch vom Freitag ist hoch umstritten

Der Gerichtshof verhalte sich so, als ob er ein Schiedsrichter politischer Streitigkeiten sei und nicht von Fällen und Kontroversen, kritisiert die liberale Richterin Elena Kagan ihre Kollegenschaft. Der Supreme Court überschreite seine angemessene Rolle und sei eine Gefahr für die Demokratie.

Newsletter abonnieren
:SZ am Sonntag-Newsletter

Unsere besten Texte der Woche in Ihrem Postfach: Lesen Sie den 'SZ am Sonntag'-Newsletter mit den SZ-Plus-Empfehlungen der Redaktion - überraschend, unterhaltsam, tiefgründig. Kostenlos anmelden.

Auch der erste Rechtsspruch vom Freitagvormittag amerikanischer Ostküstenzeit ist gelinde gesagt umstritten, beschlossen ebenfalls mit 6:3 Stimmen. Da ging es um die Klage einer evangelikalen Webdesignerin aus Colorado, die keine Websites für Hochzeiten homosexueller Paare anfertigen will. Der Oberste Gerichtshof gab ihr recht.

Angesichts des Ersten Verfassungszusatzes könne niemand dazu gezwungen werden, so die Begründung. In ihrer Gegenmeinung schreibt die Richterin Sonia Sotomayor: Erstmals in der Geschichte spreche das Gericht einem Unternehmen, das der Öffentlichkeit zugänglich ist, das verfassungsmäßige Recht zu, sich zu weigern, Mitglieder einer geschützten Gruppe zu bedienen. Sie stimmte wie Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson dagegen. "Heute", so Sotomayor, "ist ein trauriger Tag für das amerikanische Verfassungsrecht und für das Leben von LGBTQ-Menschen." Präsident Biden ist "zutiefst besorgt, dass die Entscheidung zu einer weiteren Diskriminierung von LGBTQ-Amerikanern führen könnte."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUrteil des Supreme Court der USA
:Der nächste Kulturkrieg

"Affirmative Action" ist eine lang gehegte Praxis zur Besserstellung von Minderheiten an Universitäten. Aber ist das Programm fair genug oder schafft es neuen Rassismus? Der Oberste Gerichtshof hat eine Antwort - und die Mehrheit der Amerikaner teilt sie.

Von Stefan Kornelius

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: