Verbot von Menthol-Tabak:Joe Bidens Zigarettenproblem

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US-Präsident Joe Biden hat nur wenige seiner Versprechen an die Afroamerikaner umgesetzt. (Foto: Mark Schiefelbein/AP)

Eigentlich will der US-Präsident Menthol-Tabak verbieten. Doch er zögert. Denn im Wahljahr könnte er damit eine wichtige Wählergruppe verärgern.

Von Fabian Fellmann, Washington

Joe Biden hat ein Problem mit dem Rauchen. Nicht das Gängige: Der 81-Jährige konsumiert weder Tabak noch Alkohol. Doch er steht vor einer schwierigen Entscheidung. Soll er Menthol-Zigaretten verbieten?

So klar der Fall aus gesundheitspolitischer Sicht sein mag, Biden steckt im Dilemma. Kühlendes Menthol, gewonnen aus Pfefferminze, überdeckt den Tabakgeschmack und lindert den Hustenreiz. Das macht Menthol-Zigaretten zur gefährlichen Einstiegsdroge für Jugendliche. In weiten Teilen Europas sind Menthol-Zigaretten darum seit 2020 verboten - mit Ausnahme der Schweiz, die die Tabakindustrie freier gewähren lässt als die EU.

Schon vor zwei Jahren sprach sich auch die US-Arzneimittelbehörde FDA für ein Verbot aus. Doch Biden zögert. Der Präsident will sich nicht dem Vorwurf aussetzen, Afroamerikaner zu diskriminieren, wenn er Menthol-Tabak verbannt. 80 Prozent der schwarzen Raucher in den USA greifen laut Erhebungen zu den Zigaretten mit Minzgeschmack, bei den Weißen sind es 34 Prozent.

Im Wahljahr wäre das eine delikate Entscheidung. Bidens Zustimmungswerte sind auf ein Rekordtief gefallen, in Umfragen liegt der Demokrat weit hinter seinem wahrscheinlichen Gegenspieler Donald Trump, der sich immer wieder als Diktator geriert und Angeklagter in vier Strafverfahren ist.

Der US-Präsident in der Zwickmühle

Mehr noch als vor vier Jahren braucht Biden die Unterstützung der Afroamerikaner, die alles andere als begeistert sind von dem alten weißen Mann. Dieser hat nur wenige seiner Wahlversprechen an sie umgesetzt. Einige Pläne trieb er selbst nicht voran, einige versandeten im Kongress, andere scheiterten vor Gericht. Dafür engagiert sich Biden in der Ukraine mit Milliardenbeträgen, die nach Ansicht vieler Afroamerikaner in der Heimat fehlen. Auch seine Unterstützung für Israel im Krieg in Gaza geht der Mehrheit der Schwarzen zu weit.

Verzichtet Biden jedoch auf das Verbot von Menthol-Zigaretten, muss er sich vorhalten lassen, die Afroamerikaner zu wenig entschieden vor der aggressiven Tabakindustrie zu schützen. Menthol-Zigaretten sind bei Schwarzen so beliebt, weil die Hersteller früher gezielt um diese Kunden warben. Sie traten als Sponsoren der Bürgerrechtsbewegung und afroamerikanischer Politiker auf, sie machten Werbung in schwarzen Quartieren und Heften wie Ebony.

Zuwendungen erhielt laut Washington Post etwa der einflussreiche New Yorker Bürgerrechtler und Prediger Al Sharpton. Er argumentiert, wenn Gesundheitsschutz das Ziel sei, müssten alle Zigaretten verboten werden, nicht nur jene mit Menthol. Auch wirkt Drogenprohibition in den USA oft rassistisch: Das Marihuanaverbot etwa, so lautet ein viel gehörter Vorwurf, wurde gegenüber Afroamerikanern oft härter durchgesetzt als gegenüber Weißen.

Wollte Biden noch in seiner ersten Amtszeit einen Bann von Menthol-Tabak in Kraft setzen, müsste er ihn bald verhängen. Schiebt er das Problem weiter hinaus, befindet er sich jedoch in bester Gesellschaft. Schon als Biden Vize-Präsident unter Barack Obama war, wurde dieser immer wieder bekniet, Menthol-Zigaretten aus dem Verkehr zu ziehen. Obama, einst selbst Raucher, tat es nicht.

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