USA und Iran:Flug in die Freiheit

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Iran gibt sich gesprächsbereit in alle Richtungen: Präsident Ebrahim Raisi bei einer Pressekonferenz in Teheran. (Foto: Sobhan Farajvan/IMAGO/Pacific Press Agency)

Der Gefangenenaustausch zwischen Washington und Teheran ist angelaufen - begleitet von massiver Kritik der US-Republikaner.

Von Peter Burghardt und Raphael Geiger, Istanbul/Washington

Es ging nun schnell mit den amerikanischen Gefangenen in Iran. Am Montagnachmittag flogen die Amerikaner in einer katarischen Maschine aus Teheran zunächst nach Doha, in die Freiheit. Mit im Flugzeug waren zwei Verwandte sowie der Botschafter Katars, das Land am Golf hatte vermittelt.

Gleichzeitig wurden fünf iranische Häftlinge in den USA aus der Haft entlassen. Entscheidend allerdings sind jene sechs Milliarden Dollar aus Ölgeschäften, die das iranische Regime wieder verwenden darf, offiziell nur für humanitäre Zwecke. Die Konten in Südkorea waren noch in der Amtszeit von Donald Trump unter Androhung von Sanktionen gegen die Banken gesperrt worden, zuvor hatte Trump damals das Atomabkommen mit den Mullahs aufgekündigt.

Die fünf US-Bürger waren unter dem Vorwurf der Spionage jahrelang inhaftiert

"Heute kehren fünf unschuldig in Iran inhaftierte Amerikaner endlich nach Hause zurück", ließ US-Präsident Joe Biden mitteilen. Er dankte Katar, Oman, der Schweiz und Südkorea, vor allem dem katarischen Emir Scheich Tamim bin Hamad und dem katarischen Sultan Haitham bin Tariq, "die beide in vielen Monaten schwieriger und prinzipientreuer amerikanischer Diplomatie dazu beigetragen haben, dieses Abkommen zu ermöglichen".

In der vergangenen Woche hatte das State Department bekannt gegeben, dass das iranische Geld unter Auflagen auf katarische Konten überwiesen werden könne. Im Gegenzug ließ Teheran jetzt die fünf US-Bürger ziehen. Sie besitzen teilweise doppelte Staatsbürgerschaften und hatten unter dem Vorwurf der Spionage jahrelang eingesessen, unter anderem im berüchtigten Gefängnis Evin in der iranischen Hauptstadt.

Die Genehmigung zur Abreise kam einen Tag vor der UN-Generalversammlung in New York, zu der auch Biden und sein iranischer Kollege Ebrahim Raisi erwartet werden. In Washington wird Biden von der Opposition wegen des Deals scharf kritisiert. Republikaner werfen ihm vor, eine Menge Lösegeld für Geiseln bezahlt zu haben.

Republikanische Hardliner beschuldigen den Demokraten sogar, er helfe den Iranern auf diese Weise, ihren Terror zu finanzieren. US-Außenminister Antony Blinken versichert zwar, dass die sechs Milliarden Dollar ausschließlich für Lebensmittel oder Medikamente ausgegeben werden dürfen. Doch unklar ist, ob Teile der zuvor eingefrorenen Einkünfte nicht bereits für andere Zwecke veranschlagt wurden. "Die iranische Führung wird das Geld nehmen und abhauen", schrieb der republikanische Senator Tom Cotton aus Arkansas auf X, vormals Twitter. "Was um alles in der Welt hat Joe Biden gedacht, was passieren würde?"

Für das iranische Regime ist der Deal ein Erfolg, gerade des Timings wegen

Für das iranische Regime ist der Deal ein Erfolg, gerade des Timings wegen: Am Samstag jährte sich der Tod von Jina Mahsa Amini, der die größten Proteste in der Geschichte der Islamischen Republik auslöste. In den vergangenen Wochen tat das Regime alles, damit es zum Jahrestag ruhig auf den Straßen bleibt. Dass der schon länger angekündigte Gefangenenaustausch gerade in dieser Woche geschieht, dürften die Mullahs als Zeichen ihrer wiedererlangten Stärke sehen. Präsident Raisi betonte vor seiner Abreise zur UN-Vollversammlung, dass Iran bestimme, wofür es das freigegebene Geld einsetzt. "Es gehört dem iranischen Volk", sagte Raisi. "Also wird die Islamische Republik darüber entscheiden." So äußerte sich der Präsident in einem besonders seltenen Rahmen: Er empfing ein Team des US-Sender NBC. Und widersprach damit der Version der Biden-Regierung, wonach das vermittelnde Katar aufpasse, wohin die Milliarden fließen.

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Raisi und sein Regime sind dabei, sich nach den Protesten zu stabilisieren. Einerseits durch Repression im Innern, andererseits dadurch, die Isolation in der Welt zu durchbrechen. Iran gibt sich gesprächsbereit, in alle Richtungen. Mit China, Russland und Indien, deren Shanghai-Organisation Teheran kürzlich beigetreten ist. Man spricht wieder mit Saudi-Arabien. Und mit den USA gab es zuletzt zumindest indirekte Verhandlungen, auch wenn es zu einem neuen Atomabkommen wohl noch weit ist. Iranische Oppositionelle im Ausland jedenfalls kritisierten den Gefangenen-Deal in etwa so scharf wie die Republikaner in Washington. Besonders den Zeitpunkt, so kurz nach dem Tod Jina Mahsa Aminis, finden viele pietätlos - und fürchten, wie die Republikaner, dass die Mullahs die sechs Milliarden Dollar als Lösegeld betrachten. "Es ermutigt das Regime, weitere Geiseln zu nehmen", twitterte eine Aktivistin.

Die Biden-Regierung setzt sich dem Verdacht außenpolitischer Schwäche aus

Die Biden-Regierung zahlt also einen Preis für das Manöver und setzt sich im angehenden Wahlkampf dem Verdacht außenpolitischer Schwäche aus. Noch dazu liefert Iran Drohnen für Russlands Angriffskrieg in der Ukraine, die USA dagegen unterstützen Kiew massiv mit Waffen und Geld. Andererseits scheinen sich Washington und Teheran zumindest wieder ein wenig anzunähern.

Die US-Iraner Siamak Namazi, der fast acht Jahre lang eingesperrt war, Morad Tahbaz, Emad Shargi und zwei andere sollten in Doha am Montag von Ärzten untersucht werden und dann in die USA fliegen. Biden erinnerte derweil noch einmal alle Amerikaner "an die ernsten Risiken von Reisen nach Iran".

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