Afghanistan:Trump hat sich verzockt

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Trump bei seiner Rückkehr von seinem Überraschungsbesuch in Afghanistan. (Foto: dpa)

Der US-Präsident will wieder mit den Taliban reden, nachdem er die Verhandlungen bereits für beendet erklärt hatte. Der Preis für einen Frieden steigt.

Kommentar von Tobias Matern

Kriege enden entweder, weil sich eine Partei ergibt oder weil beide Konfliktparteien glauben, keine Vorteile mehr erzielen zu können. Man einigt sich dann auf einen Kompromiss, mühevoll ausgehandelt von diplomatischen Emissären. Im Falle Afghanistans, dem längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte, ist die Erkenntnis nach 18 Jahren gereift: Für uns ist hier nichts mehr zu holen, wir brauchen einen Kompromiss mit den Taliban.

Der amerikanische Präsident will jetzt wieder mit den Islamisten reden, nachdem er - taktisch völlig unklug - im September die Erwartungen an einen Friedensschluss so hoch geschraubt hatte, dass ihm ein Gesichtsverlust drohte. Danach erklärte Donald Trump die Verhandlungen nach der ihm ganz eigenen Logik für beendet, obwohl seine Unterhändler im Gespräch mit den Taliban vernünftige Kärrnerarbeit betrieben hatten.

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Der US-Präsident besucht überraschend die Truppen in Afghanistan und kündigt Verhandlungen über einen Frieden an. Die Kehrtwende soll den längsten Krieg der US-Geschichte beenden.

Von Tobias Matern

Eine Trumpsche Kehrtwende später ist für den Westen der Preis für einen Frieden damit weiter gestiegen. Die Taliban wollen zwar auch wieder unbehelligt in ihren Dörfern leben und ihre Chefs wichtige Posten in Kabul bekleiden. Aber die Kriegsmüdigkeit ist in Washington deutlich spürbarer als in den Reihen der Islamisten. Trumps martialische Sprüche, dass die Aufständischen unbedingt einen Frieden wollten, sind hohl. In Afghanistan haben schon andere Großmächte das Weite gesucht.

Ein großes Stück Macht-Kuchen für die Taliban

Wer bislang tatsächlich den Rahmen diktiert hat, lässt sich schon daran erkennen, dass die Taliban die afghanische Regierung zu Zuschauern bei den Friedensgesprächen degradiert und die Gespräche mit noch mehr militärischer Gewalt flankiert haben. Aber ohne die zwar nur leidlich legitimierte, aber alternativlose Kabuler Führung werden US-Taliban-Gespräche nicht in einen auch nur einigermaßen stabilen Frieden führen.

Dieser Frieden wird unappetitlich: Ein großes Stück vom Macht-Kuchen wird an die Taliban gehen müssen, damit sie die Waffen niederlegen. Oder sie dürfen über die Einhaltung des Islam wachen. Das wäre für die afghanische Demokratie sowie für Frauen und Liberale verheerend. Wie auch immer die Lösung ausfällt: Sie wird nicht den längsten US-Kriegseinsatz der Geschichte rechtfertigen, der nur noch am Verhandlungstisch beendet werden kann.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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