Klimapolitik:John Kerry macht gut Wetter in Peking

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Freundlichkeiten und gewisse Erwartungen: John Kerry begrüßt in Peking Wang Yi, den Direktor der Zentralen Kommission für auswärtige Angelegenheiten. (Foto: Florence Lo/AFP)

Der Besuch des US-Klimabeauftragten in China bringt zwar keine konkreten Ergebnisse, aber immerhin reden die beiden größten Verursacher von Treibhausgasen wieder miteinander. Das allein schürt Hoffnungen.

Von Thomas Hummel

Als John Kerry nach vier Tagen in Peking die Heimreise antrat, sprach er von "neuen Wegen", die er gehen wolle. Von produktiven, sogar warmherzigen Gesprächen. Aber auch von der Erkenntnis, dass noch einige Probleme gelöst werden müssen, um diese neuen Wege gehen zu können. Der Klima-Sonderbeauftragte der US-Regierung reiste ab ohne konkrete Ergebnisse. Aber mit dem Plan, dass die USA und China beim Thema Klima nun wieder eng zusammenarbeiten wollen. "Wir haben vereinbart, uns bereits in den kommenden Wochen wieder zu treffen", erklärte der 79-Jährige. Das allein schürt Hoffnung im Kampf gegen die Klimakrise.

Kerrys Besuch war Teil der Wiederannährung der demokratischen US-Regierung in Richtung China. Zuvor waren bereits Außenminister Antony Blinken und Finanzministerin Janet Yellen in Peking gewesen. Während deren Besuche allerdings auch von Missstimmungen geprägt waren, standen in der Klimapolitik die Aussichten auf Verständigung von vornherein besser. Das liegt auch am persönlich guten Verhältnis zwischen Kerry und dem chinesischen Klima-Sonderbeauftragten Xie Zhenhua, die beiden hatten sich trotz der Eiszeit zwischen den Ländern bereits während der Klimakonferenz im vergangenen November in Ägypten getroffen.

Die Dringlichkeit ist am täglichen Wetterbericht abzulesen

Eine Zusammenarbeit der Großmächte ist auch nötig, sind die USA und China doch die größten Emittenten. Nach Zahlen aus dem Jahr 2021 blasen China (30,9 Prozent) und die USA (13,5 Prozent) nahezu die Hälfte aller Treibhausgase weltweit in die Atmosphäre. Ohne die beiden geht im Klimaschutz nichts. Die Dringlichkeit konnten die Beteiligten am täglichen Wetterbericht ablesen. Egal, ob amerikanische, chinesische oder europäische Sender: überall dominierten Nachrichten zu extremen Hitzewellen. Phoenix, Arizona: fast 47 Grad Celsius, Rekord. Rom, Italien: fast 43 Grad, Rekord. Sanbao, China: mehr als 52 Grad, Rekord. Die Erderwärmung lieferte in der vergangenen Woche neue Extreme.

Trotz aller Differenzen kooperierten Amerikaner und Chinesen beim Klimaschutz lange. 2021 vereinbarten sie überraschend eine verstärkte Zusammenarbeit und verpflichteten sich gegenseitig zum Handeln. Doch vor allem der Streit um Taiwan stoppte die Gespräche.

"Wir erwarten, dass wieder ein regelmäßiger Austausch zwischen den beiden größten Emittenten stattfindet", erklärte Lutz Weischer, China-Experte der Umweltorganisation Germanwatch, der SZ. Allein dieser sei hilfreich und mache es einfacher, bei der kommenden Klimakonferenz in Dubai Anfang Dezember zu Ergebnissen zu gelangen.

Die Signale aus Peking während der Kerry-Tage sind gemischt. Einerseits gilt es als Erfolg, dass der 79-Jährige nicht nur seinen Kollegen Xie Zhenhua traf, sondern auch Ministerpräsident Li Qiang, Vizepräsident Han Zheng sowie Top-Diplomat Wang Yi. Doch auf wichtige Fragen gibt es noch keine Antworten.

China will Ziele einhalten - sich aber vor allem nicht reinreden lassen

So ist etwa unklar, ob sich China dem internationalen Pakt zur Reduktion der Methan-Emissionen anschließt, ein sehr wirkungsvolles Treibhausgas, China ist auch hier der größte Verursacher. Um die CO₂-Emissionen zu reduzieren, müsste China aufhören, neue Kohlekraftwerke zu bauen, doch dazu ist die regierende kommunistische Partei noch nicht bereit. Staatschef Xi Jinping betonte zwar am Dienstag, man werde die bislang geltenden Ziele mit Entschlossenheit angehen. So will China vor 2030 den Höhepunkt des Treibhausgas-Ausstoßes erreichen sowie vor 2060 klimaneutral werden. Xi bestand aber auf eine Art Klima-Autonomie: "Der Weg, die Methode, das Tempo und die Intensität zur Erreichung dieses Ziels sollten und müssen von uns selbst bestimmt werden und werden niemals von anderen beeinflusst werden."

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Ein heikles Thema ist die Tatsache, dass China in der internationalen Klimadiplomatie immer noch in der Kategorie Entwicklungsland läuft und sich nicht an der Finanzierung der Fonds für ärmere Länder im globalen Süden beteiligt. Westliche Industriestaaten sollen etwa jährlich 100 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen, damit Entwicklungsländer ihre Emissionen reduzieren sowie sich besser gegen Stürme, Dürren oder Überschwemmungen schützen können. Als nächstes geht es um Kompensationszahlungen für "Schäden und Verluste" in den ärmeren Ländern. Die USA und auch Deutschland fordern zunehmend vehement, dass der größte aktuelle Emittent in den Kreis der Zahler aufgenommen wird - China blockt bislang.

"In dieser Frage ist geduldige Diplomatie seitens der USA und der wichtigsten europäischen Länder gefragt", erklärte Li Shuo, politischer Berater der Umweltorganisation Greenpeace in Ostasien, der SZ. Er sieht hier ein "größeres geopolitisches Problem", das der Besuch John Kerrys nicht lösen konnte. Denn neben China verstecken sich auch die inzwischen reichen arabischen Länder hinter dem Etikett "Entwicklungsland". Und unter den westlichen Industriestaaten sind es vor allem die USA, die verglichen mit ihrer Größe und der Menge an Emissionen viel zu wenig Gelder bereitstellen.

China und die USA müssten in den kommenden Treffen nun beweisen, dass sie es ernst meinen mit der Transformation weg von fossilen Energieträgern, sagte Kerry. Man müsse den Übergang zu erneuerbaren Energien und klimaneutralen Gasen beschleunigen.

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