Im festlich geschmückten Saal der Brookland Baptist Church dominieren zwei Farben: Grün und Pink. "Zum Glück habe ich im Koffer noch etwas Grünes gefunden", ruft Hillary Clinton in den großen Jubel hinein und fährt fort: "Ladies, ihr seht fantastisch aus!" Veronica Miller strahlt und klatscht. Als stolzes Mitglied der "Alpha Kappa Alpha"-Studentinnenverbindung trägt auch sie ein grün-pinkes Outfit und ist begeistert vom Ehrengast des Jahrestreffens.
Clinton kennt die Bedeutung der Afroamerikaner in South Carolina: Mehr als die Hälfte der Demokraten, die am Samstag bei der Vorwahl ihre Stimme abgeben, sind schwarz. Ähnlich groß ist ihr Anteil in Georgia, Alabama, Arkansas und Virginia, wo kommende Woche am Super Tuesday abgestimmt wird. Umfragen zufolge führt Clinton mit 58 zu 32 Prozent. Um den Vorsprung zu halten, absolviert die 68-Jährige in dieser Woche bis zu fünf Termine täglich.
Sie möchte ihren Rivalen Bernie Sanders abschütteln und zeigen, dass ein selbsternannter "demokratischer Sozialist" landesweit nicht wählbar ist. Mehrmals tritt Clinton mit den Müttern von Eric Garner und Dontre Hamilton auf, deren schwarze Söhne von Polizisten erwürgt beziehungsweise erschossen wurden. In der Central Baptist Church berichten sie, wie sie an der Schulter der Ex-Außenministerin geweint hätten. Ständig schallt ein "Amen" oder "That's right" durch die Kirche und die 55-jährige Gwendolyne Dryer spricht für viele, wenn sie über Hillary Clinton sagt: "Sie ist eine von uns."
Und die Sympathie ist beiderseitig: Clinton wirkt locker, als sie erzählt, wie sie 1972 als junge Juristin durch South Carolina fuhr, um über die Lage von minderjährigen schwarzen Häftlingen zu recherchieren. Sie beklagt den "systemischen Rassismus" der US-Gesellschaft und fordert mehr Geschäftskredite für Afroamerikanerinnen. "Wir müssen schwarzen Frauen helfen, Unternehmen zu gründen. Nirgends sterben mehr Träume als auf Parkplätzen vor Banken", ruft die 68-Jährige.
Die Medien müssten klarmachen, dass schwarzes Leben mehr sei als Verbrechen und Armut: "Sie übersehen die enorme Leistung schwarzer Frauen, diese große black sisterhood." Weiße Amerikaner müssten besser zuhören, mahnt die erste Außenministerin von US-Präsident Barack Obama, den sie bei allen Events lobt. Die Aussicht nach dem ersten schwarzen Präsidenten ("Wir lieben Obama") nun eine Frau ins Weiße Haus zu wählen, begeistert die 72-jährige Veronica Miller: "Sie ist so inspirierend. Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass ich für sie stimme."
Sanders hat ein Problem: Viele kennen ihn nicht
Dass in schwarzen Kirchen viel Politik geredet wird und manch ein Pastor mehr oder weniger direkt zur Wahl bestimmter Kandidaten aufruft, weiß auch Bernie Sanders. Im gleichen Saal, in dem Veronica Miller von Hillary Clinton und deren Mann Bill ("als er Präsident war, ging es für uns nach oben") schwärmt, hatte er am vergangenen Sonntag um Aufmerksamkeit gekämpft. 2500 Menschen passen in die Brookland Baptist Church und einige Hundert essen anschließend gemeinsam zu Mittag. Als der 74-jährige Senator aus Vermont angekündigt wird, klatschen die meisten und widmen sich dann ihrer Mahlzeit.
In einer kurzen Rede verspricht Sanders, dass er dafür sorgen werde, weniger in Gefängnisse ("Es sind vor allem Afroamerikaner und Latinos, die wir wegsperren") und mehr in Bildung zu investieren. Den größten Applaus bekommt Sanders, als er Obama dafür lobt, die US-Wirtschaft nach den desaströsen Bush-Jahren stabilisiert zu haben. Anschließend schüttelt er fleißig Hände und posiert für Selfies, doch begeistert sind nur die Studentinnen, die als Kellnerinnen aushelfen.
"Unsere Mütter und Großmütter sind gar nicht bereit, Bernie eine Chance zu geben", sagt Shiann Bradley. Die 24-Jährige hat vor einem Jahr ihren Abschluss an der Claflin University in Orangeburg gemacht, der ältesten Schwarzen-Hochschule in South Carolina. Ihr gefällt, dass Sanders sich am eindeutigsten zu den Gefahren des Klimawandels äußert und die hohen Uni-Gebühren senken will.
Ihre Freundin Britney White wird an diesem Samstag für Sanders stimmen, weil sie dessen Forderung nach einem Mindestlohn von 15 Dollar unterstützt und ihn als authentisch empfindet: "Er setzt sich seit Jahrzehnten dafür ein, dass Frauen den gleichen Lohn erhalten und hat sich in den Sechziger Jahren in der Bürgerrechtsbewegung engagiert." Und sie ist begeistert, dass Sanders an diesem Freitagnachmittag mit dem Rapper Killer Mike von "Run the Jewels" auftritt: "Hillary würde niemals mit Killer Mike auftreten. Bernie kann das!"
Doch die Unterstützung von prominenten Schwarzen wie Killer Mike, Regisseur Spike Lee oder Schauspieler Danny Glover wird Sanders wohl nicht helfen, genügend schwarze Stimmen für Siege in Südstaaten zu sammeln. Auch wenn seine Berater vehement bestreiten, dass er South Carolina aufgegeben habe: Er absolvierte in dieser Woche Auftritte in Ohio, Minnesota, Missouri und Oklahoma. Es geht für ihn vor allem darum, am Super Tuesday nicht nur seinen Heimatstaat Vermont zu gewinnen, um als ernsthafter Rivale Clintons wahrgenommen zu werden.