US-Vorwahl:Warum Trayvon Martins Mutter Hillary unterstützt

Sybrina Fulton

Sybrina Fulton, die Mutter des 2012 von einem Weißen erschossenen Jugendlichen Trayvon Martin unterstützt den Wahlkampf von Hillary Clinton,

(Foto: REUTERS)

Fünf schwarze Mütter, deren Kinder erschossen oder von Polizisten misshandelt wurden, werben leidenschaftlich für Clinton: "So viel Mitgefühl kann man nicht vorspielen."

Von Matthias Kolb, Columbia (South Carolina)

Sybrina Fulton sitzt neben Hillary Clinton und kämpft mit den Tränen. Sie spricht über ihren Sohn Trayvon Martin, der 2012 in Florida von dem weißen Nachbarschaftswächter George Zimmerman erschossen wurde, als er mit einer Tüte Süßigkeiten nach Hause lief. "Damals hat uns niemand zugehört. Kein anderer Kandidat hat sich für uns interessiert außer Hillary Clinton", ruft Fulton und alle in der Central Baptist Church in Columbia jubeln und klatschen.

Unter dem Motto "Breaking down the Barriers" reist Fulton mit vier schwarzen Müttern durch South Carolina. Sie wollen Mauern einreißen, indem sie erzählen, wie ihre Kinder erschossen wurden oder in Polizeigewahrsam starben. Sie sei nicht wegen der Kameras hier, ruft Maria Hamilton, deren Sohn Dontre in Milwaukee von einem Polizist mit 14 Kugeln erschossen wurde: "Sie töten unsere Babies und die Verantwortlichen werden nicht zur Rechenschaft gezogen." Dies müsse endlich aufhören, so Hamilton, und ihre "Schwester" Hillary werde für strengere Waffengesetze sorgen.

Denn so schmerzhaft es für die 600 Besucher ist, wieder an die Todesfälle erinnert zu werden: Die Auftritte finden wenige Tage vor der Vorwahl in South Carolina statt und sind Teil des Wahlkampfs. Und jede einzelne Rede der fünf Frauen ist sehr bewegend, leidenschaftlich und wirksam. Clinton habe lange zugehört und sich selbst Notizen gemacht, berichtet Sybrina Fulton über das erste Treffen mit zwölf Opfer-Familien. Immer wieder greift sie nach der Hand der Demokratin, etwa wenn sie sagt: "Hillary betrat den Raum als ehemalige Außenministerin und Kandidatin und ging als mitfühlende Mutter."

Clinton: Die Weißen müssen mehr Mitgefühl zeigen

Und die ehemalige First Lady nutzt ihren Auftritt in der Central Baptist Church dazu, den "systemischen Rassismus" in den USA in aller Deutlichkeit zu kritisieren. Es sei eine Schande, wenn junge schwarze Männer ihr Leben verlieren, nur weil sich jemand über zu laute Musik beschwert oder diese als Bedrohung empfinde. "Etwas läuft sehr falsch, wenn Afroamerikaner drei Mal häufiger keinen Kredit bewilligt bekommen als Weiße - und wenn das durchschnittliche Vermögen einer schwarzen Familie nur einen Bruchteil des Landesdurchschnitts hat."

Ähnliches sagt sie auch in kurzen Video-Clips, die nun in South Carolina zu sehen sind:

Und das mehrheitlich schwarze Publikum applaudierte laut, als die 68-Jährige der weißen Mehrheit ins Gewissen redet: "Jeder von uns muss seinen oder ihren Beitrag leisten. Die weißen Amerikaner müssen viel besser darin werden, wenn Schwarze über die sichtbaren und unsichtbaren Hindernisse reden, denen sie täglich gegenüber stehen." Loretta Bronson ist überzeugt, dass Clinton die Probleme der black community kennt: "Sie und Bill haben ganz enge Beziehungen zu uns. Das geht mindestens 20 Jahre zurück. Ich habe schon 2008 für sie gestimmt, und nicht für Obama."

Bronson ist mit ihrer Tochter Kaya in die Kirche gekommen, damit diese, so die Hoffnung der Mutter, Amerikas erste Präsidentin sieht. Dass Clinton vom einflussreichen schwarzen Abgeordneten Jim Clyburn unterstützt wird, haben viele wohlwollend zur Kenntnis genommen. Und sie klatschen begeistert, wenn Clinton in ihrer kurzen Einführung daran erinnert, wie sie als junge Juristin 1972 mit dem Auto eines Anwalts durch South Carolina fuhr, um für die NGO "Children's Defense Fund" über die Lage von minderjährigen schwarzen Häftlingen zu recherchieren.

Es liegt auch an diesen Fakten, dass Clinton unter Afroamerikanern viel populärer ist als ihr Rivale Bernie Sanders: Einer aktuellen Umfrage zufolge führt Clinton in South Carolina mit 60 zu 26 Prozent bei Schwarzen unter 50. Bei den noch Älteren ist ihr Vorsprung mit 69 zu 12 Prozent noch größer. Wenn sie am Super Tuesday in einer Woche in vielen Südstaaten (unter anderem in Arkansas, wo Ehemann Bill Gouverneur war) deutliche Siege einfährt, dann liegt das an ihren jahrzehntelangen Verbindungen mit den Afroamerikanern.

Die Familie von Eric Garner ist gespalten

Zu den fünf schwarzen Frauen, die neben Clinton und der von einem Attentäter schwer verwundeten Ex-Abgeordneten Gabby Giffords auf der Bühne sitzen, gehört auch Gwen Carr. Die Mutter von Eric Garner, jenem Afroamerikaner, der von Polizisten auf Staten Island erwürgt wurde. Der Tod ihres Sohnes wurde von einem Passanten per Smartphone gefilmt.

"Wo ist die Gerechtigkeit? In was für einer Welt leben wir?", ruft Carr dem Publikum zu. Die Bilder des Videos würden sie weiterhin verfolgen und seien schlimmer als ein Albtraum, denn aus diesem könne man aufwachen. Auch Carr ruft dazu auf, Hillary Clinton zu wählen: "Sie ist eine von uns und wird für uns da sein. Ich unterstütze sie, weil sie uns zuerst unterstützt hat."

Doch Erica, die Tochter des getöteten Eric Garner, denkt ganz anders. Sie hat sich offiziell als Fan von Bernie Sanders geoutet und begründet dies so: "Menschen sterben, das passiert wirklich. Wir brauchen einen starken Anführer und einen Präsident, der über diese Dinge redet. Bernie hat keine Angst und er hat sein Leben lang protestiert."

Dieser Trend ist unübersehbar: Zumindest unter jungen Schwarzen ist der Senator aus Vermont ziemlich beliebt. Das vier Minuten lange Video, in dem Erica Garner über ihren Vater, ihre sechsjährige Tochter, Malcolm X, Martin Luther King - und eben Bernie Sanders spricht, wurde bisher mehr als 600 000 Mal angeklickt.

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