US-Senat:Wie US-Senatoren Trumps Minister boykottieren

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Leere Sitze im Finanzausschuss des Senats: Eigentlich sollte das Kabinett über Tom Price und Steven Mnuchin abstimmen, doch die demokratischen Senatoren bleiben der Abstimmung fern. (Foto: AFP)
  • Die Demokraten blockieren die Abstimmung über Trumps Kandidaten für das Amt des Finanz- und des Gesundheitsministers, woraufhin die Republikaner die Verfahrensregeln ändern.
  • Am Votum zu Außenminister Rex Tillerson nehmen die Demokraten dann wieder teil.
  • Die Kammer ist nach der Präsidentenwahl zerrüttet. Doch der Boykott von Abstimmungen ist keine neue Praxis.

Von Reymer Klüver

Es ist, man wird es nicht anders nennen können, Obstruktion, reine Obstruktion. Oder auch Politik des leeren Stuhls. Aber ändern wird sie wohl kaum etwas. Am Dienstag jedenfalls blieben die Lederstühle der Demokraten im US-Senat unbesetzt. Die Abstimmungen über die Kandidaten von Präsident Donald Trump für das Amt des Finanz- und des Gesundheitsministers, Steven Mnuchin und Tom Price, mussten ausfallen.

Die Vorabstimmung über den Kandidaten für den Job des Justizministers , Senator Jeff Sessions, kam ebenso wenig zustande wie das Votum über Trumps designierten Haushaltsdirektor, Mick Mulvaney. Alles geblockt. Im Weißen Haus nannte ein Trump-Sprecher den Boykott "wirklich ungeheuerlich". Am Mittwoch schlugen die Republikaner zurück. Sie änderten einfach die Verfahrensregeln und stimmten ohne die Demokraten ab.

Das Ergebnis: einstimmig für die Kandidaten. Daraufhin besannen sich die Demokraten, bei der Abstimmung über den designierten Außenminister Rex Tillerson nahmen sie wieder teil. Der Texaner wurde mit 56 zu 44 Stimmen bestätigt. Dass es im Senat aber zu solchen Eskalationen kam, zeigt zweierlei: Zunächst, dass die Verhältnisse im US-Senat nach der Wahl Donald Trumps endgültig zerrüttet sind. Und dass die Republikaner gewillt sind, alles zu tun, um dessen Kandidaten in ihre Ämter zu bekommen.

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Die Republikaner hatten 2013 mit der Tradition bei Berufungen gebrochen

Ohne Zustimmung des Senats kann kein Minister sein Büro in Washington beziehen, kein Richter an die Bundesgerichte berufen werden, kein leitender Posten in Ministerien und Verwaltung besetzt werden. Das gibt dem Senat ungeheure Macht. Der Präsident muss sich der Mehrheit dort beugen. So die Theorie.

In der Praxis hat sich der Senat im Lauf der Jahre in den allermeisten Fällen dem Präsidenten gebeugt - mit der Begründung, dass der Präsident das Recht haben muss, die Leute auf Spitzenpositionen zu setzen, die er für geeignet hält. Solche staatspolitischen Erwägungen fallen natürlich noch leichter, wenn der Mann im Weißen Haus und die meisten Senatoren derselben Partei angehören, wie es jetzt der Fall ist.

So gesehen ist das Vorgehen der Demokraten kein freundlicher Akt gegenüber der neuen Regierung. Sie verzögern den Abstimmungsprozess, an dessen Ergebnis - in den allermeisten Fällen - kein Zweifel bestehen dürfte. Die Republikaner haben mit 52 zu 48 Stimmen die Mehrheit im Senat. Doch tatsächlich wenden die Demokraten lediglich dieselben Taktiken an, die auch die Republikaner schon benutzt hatten, um Barack Obamas Berufungen zu torpedieren. So hatten die Republikaner 2013 die Berufung neuer Direktoren für die Umwelt- und die Steuerbehörde boykottiert - ein Vorgehen, das in der auf Komment und Einhaltung vereinbarter Regeln bedachten Kammer ein Traditionsbruch war.

Interessenkonflikte sollen ausgeräumt werden

Die Zustimmungsprozedur im Senat ist kompliziert. Die Kandidaten müssen sich den Fragen der Senatoren im zuständigen Ausschuss stellen, was mitunter die Form von Verhören annehmen kann. Zeugen werden gehört, im Fall von Sessions hat sogar sein Senatskollege Cory Booker, ein afroamerikanischer Demokrat, gegen ihn ausgesagt - das hatte es im Senat noch nicht gegeben, dass Kollegen einander als charakterlich ungeeignet für einen Ministerposten bezeichnen. Am Ende muss der Ausschuss über den Kandidaten abstimmen. Nur wenn er dort eine Mehrheit hat, kann es zu einem Votum im Senat kommen.

Es ist indes nicht nur reine Schikane, was die Demokraten betreiben. Ihr hartnäckiges Nachhaken bei vielen von Trumps Ministerkandidaten dürfte sehr berechtigt sein. So offenbarte die designierte Erziehungsministerin Betsy DeVos, eine Milliardärin, weitgehende Ahnungslosigkeit in Fachfragen.

Die meist wohlhabenden Kandidaten gaben - so wie Trump, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern seine Steuererklärungen nicht veröffentlicht hat - nur zögerlich ihre Vermögensverhältnisse preis. Dabei ist deren Überprüfung, vor allem auf mögliche Interessenkonflikte, wesentlicher Bestandteil der Anhörungen im Senat. So musste der designierte Finanzminister und bisherige Partner der Investmentbank Goldman Sachs, Steven Mnuchin, einräumen, dass er die Beteiligung an einem Investmentfonds auf den Cayman Islands in Höhe von 95 Millionen Dollar bei der Vorbereitung für die Anhörung "vergessen" hatte, wie er formulierte.

Trumps Justizminister kommt im Senat nicht gut an

Der Kandidat fürs Gesundheitsministerium, der bisherige Kongressabgeordnete Tom Price, hatte nicht angegeben, dass er Anteile einer Biomedizinfirma erworben und kurz danach ein Gesetz in den Kongress eingebracht hatte, das dieser Firma erheblich geholfen hätte. "Auf die Wahrheit kommt es an", wetterte die demokratische Senatorin Debbie Stabenow, "und die wird hier verschwiegen."

Das eigentliche Ziel des Zorns der Demokraten im Senat aber ist ihr bisheriger Kollege Sessions, der Justizminister werden soll - und damit auch oberster Hüter des Rechtswesens in den USA. Die Demokraten aber sehen in ihm nur einen Handlanger Donald Trumps und kündigten weiteren Widerstand an. "Dies sind wirklich schlimme Kandidaten", wetterte Senatorin Patty Murray, "und wir Demokraten werden kämpfen, mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen."

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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