Die Stimmung bei einem Auftritt von Donald Trump ist immer noch besonders. Die Hallen sind überfüllt, die Besucher warten stundenlang und unter den Trump-Fans herrscht ein für Außenstehende seltsamer Optimismus: Sie sind überzeugt, dass der 70-Jährige seine Versprechen einhalten und Amerika zu alter Größe zurückführen kann.
Neuneinhalb Monate ist es her, dass ich Donald Trump das erste Mal live sah. In Sioux City attackierte er Ende Oktober vor der wichtigen Vorwahl in Iowa die anderen Republikaner, die auch ins Weiße Haus wollten. Die Wut der Trump-Fans (hier Protokolle) war unübersehbar und sein Auftritt wirkte wegen Sprüchen wie "Eigentlich ist unsere Regierung einfach nur dumm. Ich weiß, man soll Leute nicht so bezeichnen, aber was tut man, wenn sie einfach dumm sind?" anders als Events des aalglatten "Liddle Marco" Rubio oder des stets traurigen Jeb "low energy" Bush.
Trumps neue Gegner: die "Mainstream-Medien"
Nun ist Mitte August und bei seiner Rede in Altoona gibt Trump weiter den Außenseiter. Dadurch macht er einen strategischen Fehler: Er tut nichts dafür, um jene zu beruhigen, die zweifeln, ob er das nötige Wissen und Ausgeglichenheit fürs Weiße Haus hat. Stattdessen attackiert er neue Gegner: Als er über die "unehrlichen Medien" spottet, buht das Publikum lautstark.
Bei mehreren Gesprächen in der Warteschlange erzählen mir Trump-Fans, wer Schuld ist an all den Kontroversen wie Trumps Attacke auf die Soldatenfamilie Khan oder dem Spruch über Obama als Gründer der IS-Miliz: Es sind die korrupten "Mainstream-Medien", wozu neben New York Times und Washington Post die Sender CNN, ABC, CBS und NBC gehörten.
Doch wenn seine Anhänger klagen, dass zu wenig über die Rivalin Clinton berichtet werde, dann liegt das nur an Donald Trump. Seit Monaten ist klar (wie hier und hier und hier bei SZ.de beschrieben), dass die Demokratin bei den Wählern unbeliebt ist. Am 8. November muss über den Charakter von Hillary Clinton abgestimmt werden - über diese Siegesformel sprechen Republikaner schon lang. Es gehe darum, die unentschlossenen Wechselwähler (etwa Mütter aus den Vororten diverser US-Großstädten) davon zu überzeugen, dass man der Ex-Außenministerin nicht vertrauen kann.
Stoff für Negativschlagzeilen über Clinton gäbe es genug
Stattdessen hat es der vom eigenen Ego besessene Trump geschafft, dass die Präsidentschaftswahl als ein anderes Referendum wahrgenommen wird: Amerika stimmt ab über ihn, seinen Charakter und seine Vision eines sich abschottenden Amerikas. Die Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der US-Wähler Trump nicht im Weißen Haus sehen will - und dies liegt nur an jenen undecided voters, die maximal 15 Prozent der Wähler ausmachen (die überzeugten Republikaner und Demokraten machen jeweils 40 Prozent aus und sind in ihrer Meinung kaum zu erschüttern).
Hätte der Geschäftsmann nicht zuletzt mit seinen Verbal-Eskapaden alle Debatten dominiert - die vergangenen 14 Tage hätten genug Stoff für Negativschlagzeilen und kritische Nachfragen an seine Gegnerin geliefert. Die Washington Post belegte, dass die Job-Versprechen von Senatorin Clinton unerfüllt blieben (schlecht, wenn die Präsidentschaftskandidatin Clinton zehn Millionen Jobs ankündigt). Neu publizierte E-Mails führten zu pikanten Fragen zu ausländischen Spendern der Clinton-Stiftung (Details hier) und bei einem Auftritt in Florida saß der Vater des Orlando-Massenmörders im Publikum. Dafür kann das "Hillary 2016"-Team nichts, doch im Sommerloch und 24/7-Nachrichtenbetrieb ist ja eigentlich nichts zu klein.