Ty Cobb gehört zu den Anwälten im Weißen Haus, die noch versucht haben, dem US-Präsidenten so etwas wie Vernunft einzuimpfen. Cobb ist - oder besser war - zuständig für alles, was mit Robert Mueller zu tun hat, dem Sonderermittler in der Russland-Affäre. Mueller untersucht, ob und in welchem Umfang Trumps Leute mit Russland zusammengearbeitet haben, um die US-Wahl 2016 zu gewinnen. Und er will auch herausfinden, ob Trump Behinderung der Justiz nachgewiesen werden kann. Der US-Präsident hat im Mai 2017 mit FBI-Chef James Comey schließlich den damals obersten Ermittler in der Sache gefeuert.
Cobb will in Ruhestand gehen, heißt es aus dem Weißen Haus. Angeblich habe er schon vor Wochen den Präsidenten über den Schritt informiert. Jetzt habe er Stabschef John Kelly mitgeteilt, dass er zum Monatsende aufhört.
Das kann so stimmen, muss aber nicht. Cobb soll dem Präsidenten etwa immer wieder geraten haben, sich auf ein freiwilliges Treffen mit Mueller einzulassen. Er glaubte, das würde helfen, die Ermittlungen schnell zu beenden.
Trump schien das zunächst auch für eine gute Idee zu halten, rückte dann aber immer mehr davon ab. Und seit das FBI kürzlich die Räume seines persönlichen Anwalts Michael Cohen durchsucht und eine kaum zu beziffernde Zahl von Dokumenten beschlagnahmt hat, will er gar nicht mehr mit Mueller reden. Einer wie Cobb war da nur im Weg.
Trump müsste eigentlich wissen, dass Mueller noch andere Möglichkeiten hat, ihn zum Reden zu bringen als nur mit einer freundlichen Bitte. Anfang März soll es ein Treffen mit Trumps Anwälten gegeben haben, in dem diese Mueller erklärten, Trump stehe eher nicht zu Verfügung. Mueller sagte den Anwälten, dass er Trump notfalls auch vorladen lassen kann. Berichtet hat darüber John M. Dowd, ein früherer Anwalt von Trump. Der hatte erst Ende März hingeschmissen, nachdem ihm immer klarer wurde, dass Trump unberechenbar bleiben und sich an keinen anwaltlichen Rat halten würde.
Eine Vorladung würde Trump arg in Bedrängnis bringen. Entweder er leistet ihr Folge, was nach der Vorgeschichte seiner Verweigerung keinen sonderlich guten Eindruck machen würde. Oder er verweigert sich. Dann würde der Fall wohl vor einer Grand Jury landen. Das ist eine Art Untersuchungsgericht, das nicht öffentlich darüber befinden würde, wie es weitergeht. In so einer Verhandlung kann die Staatsanwaltschaft Trump in Bedrängnis bringen. Keine schöne Aussicht für Trump.
Seine Anwälte machen sich vor allem Sorgen, dass Trump sich in einem Gespräch mit Mueller oder - noch schlimmer - in einem offenen Schlagabtausch vor einer Grand Jury in Widersprüche verstrickt. Wer seinen halbstündigen und ziemlich wirren Anruf in seiner Lieblings TV-Show "Fox and Friends" am vergangenen Freitag gesehen hat, bekommt eine Ahnung davon, was die Anwälte meinen. Darum arbeiten sie daran, ein möglichst enges Zeit- und Fragenkorsett mit Mueller zu entwerfen.
Der frühere New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, der seit Kurzem zu Trumps Anwalts-Team gehört, hat in der Washington Post jetzt ein paar der Bedingungen umrissen, unter denen er sich ein Treffen zwischen Trump und Mueller vorstellen kann: Das Ganze soll auf der Grundlage von wenigen Themen und Fragen nicht länger als "zwei bis drei Stunden" dauern. Es ist kaum vorstellbar, dass sich Mueller darauf einlässt.
Teil der Verhandlungen ist wohl auch eine Liste mit Fragen, die Mueller an Trump richten will, und die am Montag die New York Times veröffentlicht hat. Sie ermöglichen einen Einblick in die Gedankenwelt von Sonderermittler Mueller. Ihn interessieren etwa die Hintergründe von Comeys Rauswurf.
Er will wissen, warum Trump seinen ersten Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn nach dessen Demission so in Schutz nahm. Flynn hatte über seine Kontakte zu russischen Regierungsvertretern das FBI angelogen. Was er zugab. Jetzt arbeitet er mit dem FBI zusammen. Nicht zuletzt fragt Mueller auf der Liste, warum Trump unter anderem ihn, den Sonderermittler in der Russland-Affäre, vergangenen Sommer feuern wollte.
Die Auswahl des neuen Anwalts zeigt: Trump setzt auf Härte
Wie sich Trump entscheidet, ist noch völlig unklar. Aber der Neuzugang in seinem Team weist darauf hin, dass sich Trump eine härtere Gangart gegenüber Mueller wünscht. Auf den eher moderaten Ty Cobb soll mit Emmet Flood ein Anwalt folgen, der die ganze Sache mit der Russland-Affäre wie Trump für eine Hexenjagd hält. Und in Sonderermittler Mueller nur das Mittel dazu sieht, Trumps Wiederwahl 2020 zu behindern.
Eine interessante Vorstellung. Sonderermittler Mueller ist selbst Republikaner. Das federführende Justizministerium wird von Jeff Sessions geleitet, den Trump für dieses Amt nominiert hat. Und die Aufsicht über die Ermittlungen führt Sessions Stellvertreter Rod Rosenstein, ebenfalls von Trump nominiert.