Krieg in der Ukraine:Russischer Militärblogger durch Explosion getötet

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Diese Aufnahme von Wladlen Tatarskij entstand bei der gleichen Veranstaltung in Sankt Petersburg, bei der der russische Militärblogger durch eine Explosion getötet wurde. (Foto: AP/AP)

Der Unterstützer des Angriffs auf die Ukraine soll in Sankt Petersburg zu einem "patriotischen Abend" eingeladen haben. Westliche Experten erklären Moskaus Winteroffensive für gescheitert.

Von Matthias Kolb

Ein russischer Kriegsblogger ist am Sonntag bei einer Explosion in einem Café in der Millionenstadt Sankt Petersburg ums Leben gekommen. Mindestens 16 weitere Menschen wurden bei der Detonation des Sprengsatzes verletzt, berichtete die Staatsagentur Tass. Der 40-jährige Journalist mit dem Pseudonym Wladlen Tatarskij, der aus dem Donbass in der Ostukraine stammt, sei sofort tot gewesen. Tatarskij, dessen richtiger Name Maxim Fomin lautet, soll mehr als 560.000 Anhänger auf Telegram gehabt haben.

Der Blogger hatte laut BBC zu einem "patriotischen Abend" in das Street Bar Café eingeladen, das nach Medienberichten Jewgeni Prigoschin, dem Chef der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, gehören soll. Über die Hintergründe der Explosion gab es keine offiziellen Angaben. Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler war der Sprengsatz in einem Geschenk eingebaut, das Tatarskij überreicht wurde, berichtete die Nachrichtenagentur dpa. Dieser hatte Russlands vollständigen Krieg gegen die Ukraine vehement unterstützt.

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Selenskij sieht UN-Sicherheitsrat als kompromittiert und "bankrott" an

Bei einem russischen Raketenangriff auf die ostukrainische Stadt Kostjantyniwka sind am Sonntagmorgen nach Angaben des Präsidentenamtes in Kiew mindestens sechs Menschen getötet und acht weitere verletzt worden. Der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, veröffentlichte auf Twitter Fotos von zerstörten Häusern. Der russischen Armee warf er vor, international geächtete Streumunition eingesetzt zu haben.

Stunden vor dem Angriff auf Kostjantyniwka hatte der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij scharf kritisiert, dass Russland im April den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat führt. Er sprach angesichts des Angriffskriegs gegen sein Land von einer "absurden und destruktiven" Konstellation und forderte eine Reform des höchsten Gremiums der Vereinten Nationen.

Selenskij erinnerte per Videoansprache daran, dass erst am Freitag ein fünf Monate altes Baby durch russischen Artilleriebeschuss getötet worden sei. Dass dieser Aggressor nun den Sicherheitsrat leite, demonstriere "den vollständigen Bankrott solcher Institutionen". Der Vorsitz rotiert monatlich in alphabetischer Reihenfolge zwischen den 15 Mitgliedstaaten. Diese sollen laut Artikel 23 der UN-Charta "zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit" beitragen. Russland verfügt als eines von fünf ständigen Mitgliedern sogar über ein Vetorecht, was dazu führt, dass es Debatten über den Krieg in der Ukraine blockiert. Moskau hatte zuletzt im Februar 2022 den Vorsitz inne - als es die Ukraine überfiel. Schon in der Vergangenheit hatte Kiew angezweifelt, dass Russland den Sitz als Nachfolger der Sowjetunion rechtmäßig übernommen hat.

Britische Geheimdienste machen Alkoholkonsum für Russlands Verluste verantwortliche

Nach Angaben des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki hat die Ukraine überdies 100 neue Radschützenpanzer des Typs KTO Rosomak bestellt. Russland rüstet ebenfalls auf. Verteidigungsminister Sergej Schojgu teilte mit, die Produktion von gewöhnlicher wie auch von Hochpräzisionsmunition sei um ein Vielfaches gesteigert worden.

Nach Einschätzung des renommierten US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) sind Russlands Pläne für eine Winteroffensive in der Ostukraine gescheitert. Die angestrebten Ziele einer vollständigen Einnahme der Gebiete Donezk und Luhansk seien nicht erreicht worden. Das britische Verteidigungsministerium nannte am Sonntag als Grund für die hohen Verluste der russischen Armee unter anderem einen "verbreiteten Alkoholmissbrauch".

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In Kiew legte der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Olexij Danilow, einen Zwölf-Punkte-Plan zur "Befreiung" der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim vor. Als Teil der "De-Okkupation" solle die Krim-Brücke mit der Auto- und Eisenbahnverbindung zum russischen Kernland abgerissen werden, teilte er mit. Staatsdiener auf der Krim, die sich 2014 bei der Annexion mit den russischen Besatzern eingelassen hätten, würden einer Säuberung unterzogen nach dem Vorbild der Entnazifizierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, meinte Danilow.

Unterdessen kritisierte Oleksij Makejew, der ukrainische Botschafter in Deutschland, einen weiteren Aufruf zu Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine als "puren Zynismus". Der in der Berliner Zeitung veröffentlichte Appell fordert von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), mit Frankreich die Länder Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen. Initiiert wurde er vom Historiker Peter Brandt, einem Sohn des ehemaligen SPD-Kanzlers Willy Brandt, dem früheren DGB-Chef Reiner Hoffmann und dem SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Müller.

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