Mobilisierung ukrainischer Soldaten:In Deutschland sicher vor dem Krieg

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Der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umjerow bei einem Besuch an der Front in der Region Charkiw. (Foto: Efrem Lukatsky/DPA)

Justizminister Buschmann macht deutlich, dass ukrainische Männer trotz eines Kiewer Appells nicht zurück in die Heimat geschickt werden.

Die Probleme der Ukraine bei der Mobilisierung von Soldaten zur Abwehr der russischen Invasion werden laut Bundesjustizminister Marco Buschmann keine praktischen Folgen für in Deutschland lebende Ukrainer haben. "Dass wir nun Menschen gegen ihren Willen zu einer Wehrpflicht oder zu einem Kriegsdienst zwingen, das wird nicht der Fall sein", sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. In der Ukraine wird diskutiert, wie die Armee mehr Soldaten gewinnen kann. Das Militär will 450 000 bis 500 000 Mann zusätzlich mobilisieren.

Das Verteidigungsministerium in Kiew hat an die vor dem Krieg geflüchteten Ukrainer im Ausland appelliert, zurückzukehren und ihre Heimat zu verteidigen. Es gebe aber keine Pläne, Männer unter Druck aus dem Ausland zurückzuholen und einzuberufen, präzisierte ein Sprecher. Denn die ukrainische Regierung hat kaum Möglichkeiten, die Wehrpflicht für in Deutschland lebende Männer durchzusetzen. Kurz nach dem Angriff Russlands haben die Innenminister der EU-Mitgliedstaaten am 4. März 2022 beschlossen, die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie anzuwenden. Deutschland gewährte ukrainischen Staatsangehörigen vorläufigen Schutz nach Paragraf 24 des Ausländergesetzes, was auch Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis bedeutet.

Die Wehrpflicht gilt für Männer zwischen 18 und 60 Jahren

Von diesem Schutz umfasst sind auch wehrpflichtige Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren. Der Schutzstatus kann nicht entzogen werden und gilt nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge derzeit bis Februar 2024. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass er auf europäischer Ebene nicht verlängert wird. Selbst wenn er wegfallen würde, wären die Betroffenen nicht automatisch ausreisepflichtig. Sie könnten dann in Deutschland Asyl beantragen oder in ein Drittland ausreisen.

Bei Strafverfahren in der Ukraine wegen Entziehung von der Wehrpflicht greift das Rechtshilfeabkommen zwischen dem Land und der EU nicht, wie das Bundesjustizministerium bereits im September klargestellt hat. Damals hatten Regierungsvertreter in Kiew schon einmal gefordert, wehrpflichtige Männer aus dem Ausland einzuziehen. Kiew wandte sich aber nicht an die Bundesregierung, etwa mit der Bitte, den Aufenthaltsort von Ukrainern in Deutschland mitzuteilen.

Wer sich der Wehrpflicht entzieht, muss bei Rückkehr in die Ukraine mit Festnahme rechnen

Anders kann die Rechtslage sein, wenn Ukrainer eine strafbare Handlung begangen haben, um einer Einberufung zu entgehen, etwa Bestechung oder Urkundenfälschung. Dann ist eine Auslieferung im Zuge eines Strafverfahrens grundsätzlich möglich. Sie müsste aber in Deutschland in jedem Einzelfall von einem Gericht geprüft werden. Die Ukraine müsste dafür Beweise oder ein in Abwesenheit ergangenes Urteil vorlegen und ein Auslieferungsersuchen stellen. Allerdings müssen Ukrainer, die sich der Wehrpflicht entziehen, damit rechnen, dass sie bei der Einreise in ihr Heimatland festgenommen und an die Front geschickt werden.

Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) zeigte hingegen Verständnis für das Anliegen des ukrainischen Verteidigungsministeriums. "Es ist ein dringender moralischer Appell, und den sollten wir durchaus auch politisch unterstützen. Diese Menschen halten sich hier auf, weil dort Krieg geführt wird - und sie müssen einfach einen Beitrag dazu leisten, dass dieser Krieg beendet wird", sagte Wadephul im TV-Sender Welt.

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