CDU-Chef Friedrich Merz will in den kommenden Tagen in die Ukraine reisen. Einen genauen Termin möchte die Partei aus Sicherheitsgründen nicht bekanntgeben. Es hieß am Sonntag aber, Merz werde in jedem Fall noch an der gemeinsamen Klausur der Präsidien von CDU und CSU an diesem Montag in Köln teilnehmen, bevor er in die Ukraine fahre.
Der Stabschef von Merz in der Unionsfraktion, Jacob Schrot, twitterte, die Reise von Merz solle mehrere Botschaften haben: Deutschland stehe an der Seite der Ukraine, diese Solidarität wolle Merz mit seiner Fahrt unterstreichen. Und Deutschlands Unterstützung sei "keine Frage von Regierung vs. Opposition", deshalb habe "die demokratische Mitte" des Bundestags in der vergangenen Woche einen gemeinsamen Antrag zur Unterstützung der Ukraine verabschiedet. Außerdem wolle Merz in Kiew "zuhören und die konkreten Unterstützungsbitten der ukrainischen Gesprächspartner nach Deutschland tragen".
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Der Bundestag billigt die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine. Die Union steckt dabei im einem Dilemma: Sie muss staatstragend und trotzdem Opposition sein.
Der CDU-Chef hatte schon länger darüber gesprochen, dass er sich eine Reise in die Ukraine vorstellen könne. Sein Stabschef twitterte jetzt zwar, Merz wolle mit seiner geplanten Reise die gemeinsame staatspolitische Verantwortung von Regierung und Opposition zum Ausdruck bringen. Die Reise wird in Berlin allerdings auch als ein Versuch wahrgenommen, den Druck auf den Bundeskanzler weiter zu erhöhen. Olaf Scholz war seit Kriegsbeginn noch nicht in der Ukraine - und er hat bisher auch noch keine Reise angekündigt.
Auf die Frage, ob das Bundeskriminalamt Merz vor einer Reise nach Kiew gewarnt habe, sagte ein CDU-Sprecher am Sonntag lediglich: "Reisedetails und Sicherheitsfragen kommentieren wir derzeit nicht." Seit Beginn des Krieges haben nur wenige deutsche Politiker die Ukraine besucht. Unter ihnen waren die drei Bundestagsausschuss-Vorsitzenden Anton Hofreiter (Europa/Grüne), Michael Roth (Außen/SPD) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Verteidigung/FDP).
Union will Neujustierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik
Einen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geplanten Besuch in Kiew hatte die ukrainische Regierung Mitte April abgelehnt und stattdessen den Bundeskanzler eingeladen. Merz hatte die Ausladung Steinmeiers zwar verurteilt. Diese sei "ein diplomatischer Affront gegen unser Staatsoberhaupt", klagte der CDU-Chef damals. Und er kritisierte auch den ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk. Dieser werde "in seiner Wortwahl immer offensiver und verlässt immer häufiger den Raum eines angemessenen Sprachgebrauchs gegenüber seinem Gastland", meinte Merz. Allerdings müsse man wegen der schrecklichen Lage in der Ukraine "auch Nachsicht üben mit Präsident Selenskij und seinem Botschafter".
Die Präsidien von CDU und CSU wollen an diesem Montag um 14 Uhr in Köln zu einer gemeinsamen Klausur zusammenkommen. Sie soll um 16 Uhr mit einer Pressekonferenz von Merz, CSU-Chef Markus Söder und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) zu Ende gehen.
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Der CDU-Chef will in den nächsten Tagen in die Ukraine reisen. Das hat aber nicht bloß außenpolitische Gründe.
Bei der Klausur soll auch eine "Kölner Erklärung" verabschiedet werden. In dem Entwurf für die Erklärung, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, verlangen CDU und CSU eine Neujustierung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. "Die revisionistische Nuklearmacht und UN-Vetomacht Russland" habe das Prinzip des gewaltfreien, regelgeleiteten Umgangs der Staaten miteinander einseitig aufgekündigt, heißt es in dem Entwurf, "die bisherige europäische Sicherheits- und Friedensarchitektur existiert nicht mehr". Die Demokratien Europas würden von Russland bedroht und bedürften "mehr denn je seit 1945 des Beistands der USA". Wichtige globale Akteure wie China und Indien würden den von Russland in der Ukraine geführten Krieg nicht verurteilen.
CDU und CSU fordern deshalb eine Anpassung der deutschen Verteidigungskräfte "an die neue Wirklichkeit", eine umfassende Sicherheitsstrategie und einen nationalen Sicherheitsrat. Deutschland brauche "einen Gefahrenradar, das Land muss alle seine Abhängigkeiten vermessen und bewerten". Dazu zählten nicht nur militärische Bedrohungen und Gefahren durch Terror, sondern auch organisierte Kriminalität, Desinformationskampagnen, Klimafolgeschäden sowie Abhängigkeiten in Wirtschaft, Technologie, Energieversorgung und bei Nahrungsmitteln.