Nach Zustimmung durch Parlament:Türkei entsendet erste Truppen nach Libyen

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Ein türkischer Panzer vom Typ Leopard 2A4 (Archivbild) (Foto: dpa)
  • Nach der Ankündigung der Türkei eines militärischen Eingreifens in Libyen hat Ankara mit der Truppenentsendung in das nordafrikanische Land begonnen.
  • Die türkischen Soldaten sollen die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung unter Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis unterstützen.
  • Das Vorgehen Ankaras stößt weltweit auf Kritik.

Die Türkei beginnt mit der Entsendung von Soldaten in das Bürgerkriegsland Libyen. Das hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan am späten Sonntagabend (Ortszeit) in einem Interview des Senders CNN Türk gesagt. Das türkische Parlament hatte Erdoğan dafür am Donnerstag grünes Licht gegeben.

"Im Moment gehen sie nach und nach ohnehin schon", sagte er. Wieviele Soldaten und welche Art Truppen die Türkei schickt, blieb zunächst unklar. Erdoğan sprach dem Bericht zufolge von "unterschiedlichen Teams". Sie sollen demnach zunächst Koordinationsaufgaben übernehmen.

Bürgerkriegsland
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Präsident Erdoğan bekommt die Erlaubnis für eine Truppenentsendung in das Bürgerkriegsland, um dessen Regierung zu stützen.

Am Mittwoch hatte das türkische Parlament der Entsendung zugestimmt. Der Beschluss gilt für zunächst ein Jahr. Die türkischen Soldaten sollen die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung unter Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch in Tripolis unterstützen. Diese liefert sich einen Machtkampf mit dem einflussreichen General Chalifa Haftar und hatte die türkische Unterstützung offiziell erbeten, wodurch sie durch das Völkerrecht gedeckt ist.

Scharfe Kritik an Erdoğans Entscheidung

US-Präsident Donald Trump telefonierte am Donnerstag mit Erdoğan. Trump habe darauf hingewiesen, dass ausländische Einmischung die Lage in Libyen komplizierter mache, hieß es aus dem Weißen Haus. Die Kritik aus Russland wurde deutlicher. Die Entscheidung des türkischen Parlaments sei alarmierend, sagte der Außenpolitiker Leonid Sluzki. Ägypten, ebenfalls ein Unterstützer Haftars, verurteilte die Entscheidung "aufs Schärfste". Auch die drei Mittelmeerstaaten Israel, Griechenland und Zypern kritisierten den Plan.

In Telefonaten von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Boris Johnson habe Einigkeit bestanden, dass eine politisch-diplomatische Lösung des Konfliktes geboten sei, teilte ein Regierungssprecher am Sonntagabend mit. Frankreich und Großbritannien hätten ihre Unterstützung für die deutschen Vermittlungsbemühungen unterstrichen.

Für den Montag kündigte Erdoğan ein Gespräch mit Merkel an. Es solle um die Situation im Iran und im Irak gehen. In der irakischen Hauptstadt Bagdad hatten die USA in der Nacht zum Freitag den hohen iranischen General Qassim Soleimani mit einem Luftangriff getötet.

Bei einem Luftangriff auf eine Militärakademie in der libyschen Hauptstadt Tripolis waren am Sonntag nach Behördenangaben mindestens 30 Menschen getötet worden. 33 wurden verletzt, teilte das Gesundheitsministerium der international anerkannten Regierung mit. Verbündete der Regierung in dem Bürgerkriegsland machten die Truppen des abtrünnigen Generals Haftar für den Angriff verantwortlich. Ein Rebellen-Sprecher wies dies zurück. Die Vereinten Nationen verurteilten den Angriff. Auch die EU drückte große Besorgnis aus.

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