Der Wahlkampf Donald Trumps galt als ausgestreckter Mittelfinger gegen das Establishment, die Eliten, die Washingtoner Arroganz. Sein Versprechen lautete, es den Eliten mal so richtig zu zeigen. Mit seinem Wahlsieg hat Trump dieses Versprechen eingelöst. Das Problem für Trump, und für Amerika, liegt darin, dass er jetzt noch vier Jahre lang regieren muss, ohne dass er vielleicht selbst genau weiß, was er will. Vielleicht geht es manchen Trump-Wählern jetzt wie jenen Briten, die für den Brexit stimmten und am nächsten Morgen bei Google danach forschten, was Brexit denn bedeutet. Wer jetzt das Programm von Trump googelt, der findet kühne Versprechen und wüste Drohungen. Aber wie viel davon lässt sich durchsetzen?
Eine Mauer an der Grenze zu Mexiko? Die hohen Kosten müsste das Parlament billigen
Die US-Wähler haben Trump mit enormer Macht ausgestattet. Erstens hat er das Weiße Haus erobert, was ihm in vielen Fragen ein Alleinentscheidungsrecht gibt, vor allem in der Außenpolitik. Zweitens hat Trump das Parlament auf seiner Seite. Die Republikaner haben ihre Mehrheiten in beiden Kammern verteidigt. Dies erinnert an 2009 und 2010, als Präsident Barack Obama mit satter Mehrheit im Parlament regierte und seine ehrgeizigsten Projekte durchsetzte, etwa Konjunkturpaket und Gesundheitsreform.
Der Unterschied zwischen Obama 2009 und Trump 2016 ist jedoch, dass Obama damals von seiner Partei verehrt wurde, während Trump unter den republikanischen Karrierepolitikern Washingtons verhasst ist. Paul Ryan, der Sprecher der Abgeordneten, steht ideologisch viel weiter rechts als Trump, hat dessen Auftreten offen kritisiert und sich zuletzt sogar geweigert, für ihn in den Wahlkampf zu ziehen. Anders als die demokratischen Parlamentsfraktionen 2009 sind die der Republikaner 2016 zudem heterogen und zerstritten. Es dürfte also ein schwieriges Verhältnis werden zwischen Präsident und Parlament. Trump kann nicht einfach durchregieren.
Die Unterschiede zwischen Wahlkampf und Wirklichkeit zeigen sich bereits bei zwei der bekanntesten Ideen Trumps: Er will an der Südgrenze der USA eine Mauer bauen, die Mexiko bezahlen soll, und er will Millionen Einwanderer ohne Aufenthaltserlaubnis abschieben. Die Mauer kann Trump durchaus bauen. Sie ist sogar schon in weiten Teilen gebaut; es geht eher darum, die Lücken im 3000 Kilometer langen Grenzzaun zu schließen. Selbst das wird eine enorme Menge Geld kosten. Mexiko allerdings dürfte sich weigern, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Rechnung also müsste der republikanische Kongress in Washington bezahlen. Es ist unklar, bis zu welcher Höhe er dazu bereit sein wird.
Noch komplizierter ist es mit seinem Plan, Millionen Menschen abzuschieben. Der Staat müsste die "Illegalen" erst einmal finden, vor Gericht stellen, in Busse setzen und sich um deren Kinder kümmern, die zum Teil in Amerika geboren wurden und deshalb US-Staatsbürger sind. Dieser Prozess würde Verwaltung, Polizei und Justiz sehr viel Mühe und Geld kosten. Außerdem würde es zu Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt führen, weil viele Illegale aus Mittelamerika schlecht bezahlte, anstrengende und gefährliche Aufgaben übernommen haben, an denen weiße Amerikaner kein Interesse haben. Die langfristigen Kosten für den Staat, aber auch für die Unternehmen, wären nicht abzusehen.