US-Präsident Donald Trump:Albtraum für Mexiko - Geschenk für Netanjahu

  • Der Sieg von Donald Trump hat auch konkrete Folgen für den Rest der Welt. SZ-Autoren und -Korrespondenten berichten
  • Während sich Israel über ein unerwartetes Geschenk freuen darf, geht in Mexiko und der Ukraine die Angst um.
  • Der ägyptische Präsident schickt Glückwünsche, während Iran Trump daran erinnert, den Atom-Deal einzuhalten.

Von SZ-Autoren

Mexiko hofft, dass Trump seine Versprechen nicht einlöst

Mit dem Wahlsieg von Donald Trump ist für die meisten Mexikaner ein Alptraum wahrgeworden. Der Mann, der sie kollektiv als Drogenhändler und Vergewaltiger verunglimpft, ist jetzt ihr wichtigster Geschäftspartner.

Mexiko erwartet künftig weitere Respektlosigkeiten seitens Trump. Außerdem droht die Verstärkung einer Grenzmauer, die es ohnehin schon gibt, systematische Deportationen von Migranten, vor allem aber Strafzölle, massive Kapitalflucht, eine Währung im freien Fall. Der mexikanische Peso hat im Lauf der Wahlnacht gegenüber dem Dollar bereits mehr als zehn Prozent an Wert verloren.

"Trump ist ein verheerender Hurrikan, vor allem dann, wenn er seine Wahlversprechen einhält", das sagt Augustín Carstens, der Chef der Bank von Mexiko. Der nächste US-Präsident hat unter anderem versprochen, das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta umgehend zu kündigen.

Für die mexikanische Wirtschaft wäre das die größte anzunehmende Katastrophe. Sie ist komplett vom Handel mit dem großen Nachbarn abhängig. Fast 80 Prozent der Exporte gehen in die USA. Das Wachstum der mexikanischen Volkswirtschaft hat sich zuletzt ohnehin schon deutlich verlangsamt. Analysten prophezeien für das erste Trump-Jahr nun eine Rezession von drei Prozent. Boris Herrmann

Ukraine: Die Angst geht um

Für die Ukraine brechen mit dem designierten Präsidenten der USA mutmaßlich sehr, sehr harte Zeiten an. Die scheidende US-Regierung unter Barack Obama hatte die West-Annäherung nach dem Maidan-Aufstand aktiv unterstützt - und durchaus auch aktiv eingegriffen. Mindestens ebenso entscheidend war aber, dass Washington Kiew im Kampf gegen die von Russland gestützten Separatisten im Donbass mit Geld, Waffen, Sanktionen und weitreichendem politischen Druck unterstützte.

Donald Trump hingegen gilt als Bewunderer des russischen Präsidenten und hat sich bislang wenig kritisch über die Annexion der Krim geäußert. In einer TV-Debatte auf den Krieg in der Ostukraine angesprochen, sagte Trump lapidar, Russland werde nicht in der Ukraine einmarschieren und die Krim-Bewohner seien nun mal eben lieber Russen als Ukrainer.

Nähe zur ukrainischen Politikern suchte er bislang nicht: Als Präsident Petro Poroschenko zur UN-Vollversammlung im Herbst in New York weilte und den Kandidaten kennenlernen wollte, habe dessen Team, berichtet das Magazin Foreign Policy, nicht auf einen Terminvorschlag reagiert. Hillary Clinton traf Poroschenko am Rande der Generalversammlung.

Vor allem Trumps Missachtung der Nato, auf deren Präsenz in Mitteleuropa die Ukraine setzt, hat in Kiew besondere Besorgnis ausgelöst; und auch die Tatsache, dass der Berater des pro-russischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch, Paul Manaford, auf Trumps Gehaltsliste stand, trug nicht zur Beruhigung bei.

Bisher sind die Reaktionen auf den Wahlsieg Trumps in Kiew spärlich, aber die Angst geht um: Sollte der Amerikaner die Nähe zu Wladimir Putins Russland suchen, könnte dieser das als Freibrief für ein aggressiveres Vorgehen gegen den einstigen Bruderstaat Ukraine betrachten. Cathrin Kahlweit

Naher Osten und Iran: Gemischte Gefühle

In den vergangenen Tagen noch hat die jordanische Fluggesellschaft Royal Jordanian im Internet Lacher mit ihrer auf die US-Wahl gemünzten Werbung erzielt: "Just in case he wins... Travel to the US while you are still allowed to!", hieß es dort - eine Anspielung auf Wahlkampfsprüche des designierten US-Präsidenten Donald Trump, Muslimen die Einreise in die USA zu verbieten. Die Äußerungen hatten damals große Empörung ausgelöst in der arabischen Welt und Iran.

Nun, da Trump im Januar ins Weiße Haus einziehen wird, fragen sich die Menschen und die politischen Verantwortungsträger in der krisengeschüttelten Region, was von seinen teils widersprüchlichen und drastischen Aussagen des Kandidaten Trump nun der Präsident Trump umsetzen wird.

In Ägypten verbreiteten die Medien eine Stellungnahme von Präsident Abdelfattah al-Sisi, der Trump zum Sieg gratulierte und ihm gutes Gelingen wünscht und viel Erfolg bei der Ausführung seines verantwortungsvollen Amtes im Interesse und zum Wohl des amerikanischen Volkes.

Sisi hatte sich als erster Staats- und Regierungschef eines arabischen Landes während der UN-Generalversammlung in New York mit Trump getroffen und war auch der erste Gratulant aus der Region. Sisi hoffe auf "einen neuen Geist der Zusammenarbeit" hieß es - gemeint sein dürfte etwa Unterstützung für seinen harten Kurs gegenüber der Muslimbruderschaft, hat Trump doch den Kampf gegen "den radikalen Islam" zu einem seiner Kernpunkte gemacht.

Was in Teheran manche von Trump erhoffen

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif forderte Trump auf, das Atomabkommen mit seinem Land zu achten. Trump hatte den Vertrag, Kernstück der Außenpolitik der Obama-Regierung, im Wahlkampf als "schlechtestes je ausgehandeltes Abkommen" bezeichnet. Er ließ aber offen, ob der den Vertrag aufkündigen will, wie es die Republikaner im Kongress gerne hätten.

In Iran gibt es im Sicherheitsapparat durchaus Stimmen, die sich von Trump eine auf Isolation ausgerichtete Außenpolitik erwarten und hoffen, in der Region freiere Hand zu haben.

Trump hatte Iran wie auch dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad bescheinigt, gegen den IS zu kämpfen und sich kritisch über die syrischen Rebellen geäußert. In Teheran nährte das Hoffnungen, dass Trump die Unterstützung für sie beenden könnte - und das syrische Regime weiter Oberhand in dem Bürgerkrieg gewinnen könnte.

Saudi-Arabiens König Salman gratulierte Trump zu dessen Wahlsieg. Er wünsche auch im Namen der saudischen Regierung viel Erfolg bei der Mission, "Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten und der ganzen Welt zu errichten", zitierte ihn die offizielle Nachrichtenagentur. Der Monarch betonte die "historisch tiefen Beziehungen zwischen den beiden befreundeten Ländern". Das Königshaus hatte darauf gehofft, die wegen des Nukleardeals mit Iran angespannten Beziehungen mit den USA wieder zu verbessern und die saudisch-amerikanische Allianz zu stärken - allerdings eher unter einer Präsidentin Hillary Clinton.

Trump hat sich kritisch gegenüber dem ultrakonservativen Königreich geäußert, es für die Anschläge des 11. September 2001 verantwortlich gemacht. Er hat gefordert, Saudi-Arabien und andere Golfstaaten müssten für die Sicherheitsgarantien der Amerikaner bezahlen und hat mit dem Gedanken gespielt, Öl-Importe vom Golf einzustellen.

Auch aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kamen Glückwünsche von Scheich Khalifa, dem Emir von Abu Dhabi und zugleich Präsidenten des zweiten wichtigen Staates am Golf. Er wünschte Trump "Erfolg für die künftigen Aufgaben" und unterstrich die "strategischen Beziehungen zwischen beiden Ländern und Völkern", wie ihn die offizielle Nachrichtenagentur WAM zitierte. Die Emirate wollten die Kontakte weiter ausbauen. Das Land dürfte sich angesichts seines strikt anti-islamistischen Kurses mit Trump leichter tun als andere Staaten in der Region. Paul-Anton Krüger, Kairo

Israel: Hoffen auf den Schulterschluss

Für Israels Premierminister Benjamin Netanjahu ist die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ein unerwartetes Geschenk. Nach all dem Ärger, den der Jerusalemer Regierungschef in den vergangenen Jahren mit dem friedensbewegten Vorgänger Barack Obama hatte, dürfte nun wieder eine Schulterschluss-Zeit in den Beziehungen zum großen Verbündeten anbrechen. Das jedenfalls ist die Erwartung in Jerusalem - einigen Irritationen zum Trotz.

Denn zunächst hatte Trump auch in Sachen Israel einen veritablen Fehlstart hingelegt, hatte eine Kürzung der Militärhilfe angedeutet und überdies seine strikte "Neutralität" im israelische-palästinensischen Dauerkonflikt erklärt. Doch dann hat er dank einiger Berater, zu denen auch sein jüdischer Schwiegersohn Jared Kushner zählt, das Ruder herumgerissen und keine Gelegenheit mehr ausgelassen, seine "große Liebe" zu Israel zu bekunden.

Trump und Netanjahu haben denselben Förderer

Zum Beweis hat er versprochen, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, obwohl die Stadt international nicht als Hauptstadt anerkannt ist. Zudem hat er ganz im Sinne Netanjahus versprochen, das Atom-Abkommen mit Iran wieder einzukassieren.

Das ist weit mehr, als Israels rechte Regierung von Trumps Gegenkandidatin Hillary Clinton hätte erwarten dürfen. Und außerdem haben Netanjahu und Trump auch noch einen gemeinsamen Freund und Förderer: den amerikanischen Milliardär Sheldon Adelson. Der hat nach einigem Zögern am Ende den Trump-Wahlkampf kräftig finanziell unterstützt, so wie er das seit vielen Jahren in Israel auch schon bei Netanjahu macht. Peter Münch, Tel Aviv

Türkei: Schadenfreude und abwartende Haltung

Kann Trump ein Partner für die Türkei sein? Der Mann hat schließlich Muslime gegen sich aufgebracht. Er hat Angst vor ihnen geschürt, behauptet, sie bedrohten Amerika. Ein Einreiseverbot forderte er im Wahlkampf. Es gäbe gute Gründe, entsetzt zu sein. Aber das türkisch-amerikanische Verhältnis ist seit Monaten schwer belastet. Wenn Trump die schlechtere Wahl für Amerika sein sollte, dann löse das mindestens Schadenfreude aus, meinen türkische Kommentatoren.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan sagte, in Amerika breche eine neue Zeit an. Die Wahl solle Glück bringen. Das Außenministerium erklärte, dass die Beziehungen zu den USA von "strategischer Natur" seien, unabhängig von Personen. Trump-freundlich äußerte sich Bekir Bozdağ, der Justizminister. Bei Wahlen sei es wichtig, aufs Volk zuzugehen. "Man kann nicht mit Umfragen und Zeitungsüberschriften Wahlen gewinnen", erklärte er. Das Volk habe sich nicht von der Presse beeinflussen lassen. Etliche Medien hatten vor Trump gewarnt. Bozdağ hofft, dass das Verhältnis zu den Amerikanern besser wird.

Ankara hofft auf Auslieferung Gülens unter Präsident Trump

In Amerika hat Fethullah Gülen Zuflucht gefunden. Der islamische Prediger ist der Staatsfeind Nummer Eins der Türkei. Er und sein Netzwerk sollen hinter dem versuchten Militärputsch vom 15. Juli stecken. Die USA haben sich bislang geweigert, Gülen auszuliefern. Premier Binali Yıldırim forderte Trump umgehend auf, Gülen auszuliefern.

Ebenso missfällt vielen Türken, dass Amerika beim Anti-IS-Kampf im Bürgerkriegsland Syrien und im Irak auf kurdische Milizen setzt, die der Terrororganisation PKK eng verbunden sind. Bei Ankaras Hauptgegnern kann das Land nicht auf die Amerikaner als Verbündeten zählen. Unter Hillary Clinton hätten sich daran sicherlich wenig geändert. Außenpolitisch hätte sie wohl einen aggressiveren Kurs als Obama gefahren.

Bei Trump weiß man noch nicht so genau, wie er agieren wird, wenn er erst mal regiert. Bisher waren seine Ankündigung widersprüchlich. Er stelle aber seine Interessen über Werte, glaubt die Hürriyet Daily News-Kolumnistin Selin Nasi. Mike Szymanski, Istanbul

Österreich: Ein Omen für die eigene Präsidentenwahl

Man müsse jetzt erst einmal "kühlen Kopf" behalten, sagte Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Morgen nach Trumps Wahlsieg. Neos-Chef Matthias Strolz postete hingegen kurz und schmerzlos: "What the fuck?"

Immerhin Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hatte noch so viel Rest-Humor, dass er am frühen Morgen nach "mehreren Kaffeetassen" die sarkastische Bemerkung eines CNN-Moderators auf Twitter zitierte: "Da passiert ein Erdbeben und Sie meinen: nein, ist bloß die Waschmaschine".

Ein Land, zweigeteilt wie die USA

Dass in den USA tatsächlich ein politisches Erdbeben stattgefunden - und nicht nur die Waschmaschine im politischen Keller gerumpelt hat, das sieht man allerdings auch in Wien so: Die Wahl sei ein krachendes Votum gegen die Eliten und das verhasste Establishment gewesen, schreibt die Zeitung Die Presse, Clinton sei an ihrer "kalten Professionalität" gescheitert. Die USA bestünden aus zwei Paralleluniversen - ein Phänomen, das auch in Europa zunehmend bekannt sei.

In vier Wochen sind in Österreich Bundespräsidentenwahlen, und je nach Sichtweise ist der Sieg von Trump ein Omen für einen Sieg des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer. Zudem will, bei immer wahrscheinlicher werdenden Neuwahlen im kommenden Jahr, die FPÖ auch die Regierung übernehmen.

Auch in Österreich sprechen politische Analysten mehr und mehr von einer Zweiteilung, einer Spaltung des Landes, und die Freiheitlichen mobilisieren mit dem Hass auf das "Establishment`, die "Elite". Cathrin Kahlweit, Wien

Frankreich: Front National hofft auf Signalwirkung

In Paris reagierte man mit sprachlosem Entsetzen. Nur Marine Le Pen, die Vorsitzende des rechtsextremen Front National (FN) twitterte: "Glückwünsche an den neuen Präsidenten." Noch vor Sonnenaufgang - und mehr als eine Stunde, ehe in New York Hillary Clinton ihre Niederlage eingestand - bejubelte Le Pen bereits die Wahl des "freien amerikanischen Volkes".

Die FN-Chefin betrachtet Donald Trump als ihr Vorbild. Was dem Republikaner an diesem 8. November 2016 gelungen ist, das will Frankreichs Rechtspopulistin am 7. Mai vollbringen: den Triumph bei der Präsidentschaftswahl.

Seit September antichambriert Le Pen im Trump-Lager um einen Fototermin mit dem Republikaner. Frankreichs Nationalfrontler erkennen sich in Trump wieder. "Er war der Kandidat gegen das System", frohlockt Florian Philippot, Vizepräsident und Vordenker des FN, im Frühstücksradio bei Europe 1. Der FN begreift Trumps Erfolg - wie schon im Juni das britische Votum für den Brexit - als Leuchtstern: Neulich Großbritannien, gestern Amerika, morgen Frankreich!

Fauxpas des Botschafters

Sozialisten wie konservative Republikaner beteuern denn auch im Laufe des Mittwochs, man nehme den Aufstieg des FN ernster denn je. Nicolas Sarkozy, der zurückgekehrte Ex-Präsident, nutzte den Schock aus Amerika, um sich am Mittwochmorgen klarer denn je als harter, rechter Schutzwall gegen die Versuchung Le Pen anzudienen. Alle etablierten Politiker Frankreichs hatten sich vor der Wahl klar für Clinton ausgesprochen.

Der Favorit für die republikanische Präsidentschaftskandidatur Alain Juppé beklagte kürzlich öffentlich Trumps "Ignoranz über den Zustand der Welt". Und Präsident François Hollande hatte im Sommer sogar eingeräumt, Trumps Polemiken lösten bei ihm "einen Brechreiz" aus. Davon waren am Mittwoch noch Spuren zu spüren. Fast angewidert schaute Hollande drein, als er gegen Mittag dem künftigen Präsidenten pflichtschuldig gratulierte - "wie es eben üblich ist zwischen den Chefs demokratischer Staaten". Die Welt erwarte "eine Periode der Unsicherheit", warnte der Franzose. Auf dem Spiel stehe nicht weniger als "der Frieden, die Lage im Nahen Osten." ​Frankreichs Republik muss sich mit dem Poltergeist arrangieren.

Ein erstes Opfer könnte es schon bald geben: Gérard Araud, Frankreichs Botschafter in Washington, hatte am Wahlabend per Tweet so unvorsichtig wie undiplomatisch verlauten lassen, ein Triumph von Trump bedeute "den Zusammenbruch einer Welt". Vergeblich versuchte Araud, sein Untergangsszenario nachträglich zu löschen. Ab 20. Januar 2017, dem Tag von Trumps Amtsantritt, wird Frankreich wohl eine andere Stimme brauchen, um sich in Washington Gehör zu verschaffen. Christian Wernicke, Paris

Afrika: Gute Nachrichten für Autokraten

Es sagt viel über den künftigen Präsidenten der USA aus, wenn ihm als einer der ersten der Staatschef von Burundi gratuliert. "Ihr Sieg ist der Sieg aller Amerikaner", twitterte Pierre Nkurunziza höchstpersönlich am Mittwochmorgen.

Für starke Männer wie Nkurunziza, die wenig auf Demokratie und politische Freiheiten geben, ist der Wahlsieg von Donald Trump eine gute Nachricht. Trump hat sich im Wahlkampf nicht gerade als Verfechter eines liberalen, friedensorientierten Kurses hervorgetan - eher als einer, der die Politik der harten Hand bevorzugt. Öffentliche Kritik oder gekappte Hilfsgelder wegen Menschenrechtsverletzungen müssen Afrikas Autokraten nun wahrscheinlich nicht mehr fürchten.

Auch die brachiale Rhetorik des Republikaners beim Thema Terror dürfte Afrika betreffen. Schon unter Obama haben die USA ihren Drohnen-Krieg am Horn von Afrika stark ausgeweitet. Glaubt man Trumps Ankündigungen, wird er noch weniger Skrupel haben als sein Vorgänger, Terrorgruppen wie Al-Shabaab in Somalia oder Boko Haram in Nigeria militärisch anzugreifen. 2015 sagte Trump in einem Interview, man müsse im Kampf gegen den Terror auch auf die Familien von Extremisten zielen. Rücksicht auf zivile Opfer ist von einem Präsidenten Trump also kaum zu erwarten.

Was dagegen Friedensmissionen oder andere humanitäre Zwecke angeht, glauben Beobachter, dass eine Trump-Administration das US-Engagement deutlich zurückfahren wird. Das würde den Alltag fast aller Afrikaner verändern - schließlich sind die USA nicht nur der wichtigste Geldgeber der UN, sie finanzieren auch zahlreiche Entwicklungsprojekte und die Staatsbudgets armer afrikanischer Staaten.

In vielen Staaten Afrikas hängen die Einwohner von den Geldsendungen ihrer Verwandten im Ausland ab. Trump hat bereits mehrfach angekündigt, dass er in den USA lebende Afrikaner aus dem Land werfen werde, sobald er Präsident sei. Mit den bisher rege genutzten Bildungs- und Jobmöglichkeiten in den USA wäre es für Afrikaner vorbei.

Trumps "America First"-Rhetorik könnte auch dazu führen, dass er den US-Markt abriegelt und bisherige Handelsabkommen mit Afrika aufkündigt. Afrikanische Volkswirtschaften müssten mit Handelshemmnissen und erheblichen wirtschaftlichen Einbußen rechnen. Isabel Pfaff

Ungarn: Orbán frohlockt

Als einer der ersten europäischen Regierungschefs hatte Viktor Orbán den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump unterstützt. Schon im Sommer, als Trumps Erfolg nach allen Maßstäben von Logik, Mathematik und Erfahrung noch sehr unwahrscheinlich zu sein schien, ließ Orbán wissen, Trump sei "die bessere Alternative", weil er ein zuverlässigerer Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sei.

Wo genau der Ungar bei dem US-Amerikaner Zuverlässigkeit erkennen konnte, war und ist zwar sein Geheimnis, aber als "Garant für Recht und Ordnung" und als Gegner unkontrollierter Einwanderung sei dieser die bessere Wahl, auch für Europa. Orbán begrüßte bei einer Rede vor ungarisch-stämmigen Rumänen auch die Idee Trumps, den "Demokratie-Export" aufzugeben.

Am Morgen nach Trumps Triumph gratulierte der Ministerpräsident in Budapest dem neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump dann auch via Facebook von ganzem Herzen. "Gratulation. Was für eine großartige Neuigkeit. Die Demokratie lebt noch", schrieb Orbán. Cathrin Kahlweit

Philippinen: "Duterte + Trump = noch mehr Probleme"

Rodrigo Duterte und Donald Trump - kann das gutgehen? Die Aufregung auf den Philippinen über das Ergebnis ist groß, doch einige Geschäftsleute sind immerhin der Meinung, dass ihr ständig fluchender Staatschef eigentlich gut auskommen müsste mit dem neu gewählten US-Präsidenten. Schließlich ähnelten sie sich stark in ihrem Naturell, sagen sie.

Andere rechnen eher mit dem Gegenteil, sie fürchten einen großen Knall, wenn nun zwei Hitzköpfe aufeinanderprallen. Im Sommer hatte Duterte den Amerikaner schon mal zum Boxkampf herausgefordert. "Ohne Handschuhe." Damals hatte sich Trump abfällig über die Immigranten geäußert. Doch dann war, nach dem Trump-Triumph, keine Rede mehr von Faustkampf. Als Duterte dem Amerikaner gratulierte, sagte er plötzlich, dass er sich auf verbesserte Beziehungen zu den USA freue, nachdem er vorher noch den Bruch gefordert hatte. Nun weiß niemand mehr, was der Philippiner eigentlich will. Bevor Duterte an die Macht kam, galt der Pakt zwischen Washington und Manila als sehr solide, doch dann begann der starke Mann in Manila damit, den scheidenden US-Präsident Barack Obama zu beleidigen.

Er drohte damit, von den USA abzurücken und stellte sogar in Aussicht, ein seit Jahrzehnten gültiges Verteidigungsbündnis mit den Vereinigten Staaten zu lösen. Analysten in Manila merkten an, dass Hillary Clinton als Außenministerin schon Erfahrung sammeln konnte, wie man mit eigenwilligen Staatschefs umgeht, das hätte ihr im Umgang mit Duterte genützt. Trump hingegen bedeute "viel mehr Unsicherheit".

Aileen Baviera von der University of the Philippines glaubt: "Duterte plus Trump bringt noch mehr Probleme". Die Zukunft des Bündnisses mit Manila ist von großer Bedeutung, weil sich darin auch der Anspruch Washingtons widerspiegelt, dominierende Macht im Pazifik und in Südostasien zu bleiben, wo China zunehmenden Einfluss geltend macht. Arne Perras, Singapur

Indien: Trump kam gut an, Trump verunsicherte

Indien und die Vereinigten Staaten sind sich in den vergangenen Jahren Schritt um Schritt näher gekommen und Premierminister Narendra Modi ist entschlossen, diesen Kurs fortzuführen. Er gratulierte Donald Trump, verbunden mit der Hoffnung, dass sie gemeinsam die Beziehungen "zu neuen Höhen" führen können.

Dass Trump die indisch-stämmige Wählerschaft in den USA umgarnte, kam einerseits gut an, andererseits provozierte er auch Irritationen, als er seine Liebe für alle Hindus gestand und dabei aber vergaß, dass es auf dem Subkontinent auch noch religiöse Minderheiten gibt und nicht jeder Inder ein Hindu ist.

Gleichzeitig herrscht eine gewaltige Unsicherheit, für viele Inder ist der Wahlsieger in den USA ein Mysterium. "Wir wissen sehr wenig über Trump", sagte der frühere indische Außenminister Lalit Mansingh. Während Hillary Clinton öfters zu Besuch gekommen war, reiste Trump erst einmal nach Indien, im Jahr 2014. Für die Inder wird von großer Bedeutung sein, wie der neue Präsident mit dem Erzrivalen Pakistan umgeht.

Trump hatte gesagt, Indien sei das einzige Land, das den Nachbarn tatsächlich in Schach halten könne. Die indische Mittelklasse ist vor allem daran interessiert, dass sie keine großen Hürden nehmen muss, wenn sie in die USA reisen wollen, deshalb machen sich viele Sorgen, ob sie auch künftig Arbeitsvisa für die USA bekommen können, etwa wenn indische Software-Firmen ihre IT-Experten in die USA schicken wollen. Arne Perras, Singapur

Italien: Trumps Erfolg als ein "riesiges 'Leckt mich am Arsch'"

Matteo Renzi hatte sich in den vergangenen Monaten so deutlich gegen eine Wahl Donald Trumps ausgesprochen, wie das nur wenige westliche Leader taten. Ein wandelndes "Desaster" hatte er ihn genannt, einen Populisten, der "mit den Ängsten und dem Pessimismus der Menschen spiele, um selber zu glänzen". Und wann immer sich dem italienischen Premier eine Gelegenheit bot, machte er Werbung für Hillary Clinton.

Zuletzt rund um das State Dinner im Weißen Haus, das letzte in der Amtszeit von Präsident Barack Obama, das dieser für die Renzis und deren Delegation ausrichten ließ. Es verwundert deshalb nicht, dass der Premier mit steinerner Miene auftrat, was eher selten vorkommt, und mit diplomatischer Zurückhaltung Respekt für die Entscheidung der Wähler zu bekundete. Italiens Beziehungen zu den USA seien stark und fest, sagte er, und das solle auch künftig so sein. Sehr überzeugt erschien er nicht.

Jubeln mochte in Italien hingegen ein Teil der Opposition. Matteo Salvini, der Chef der fremdenfeindlichen Lega Nord, hatte Trump sogar besucht während dessen Kampagne. Davon gibt es ein Fan-Foto, aufgenommen hinter den Kulissen einer Wahlkampfveranstaltung. Salvini twitterte es nun triumphierend - neben einem Bild Renzis mit Obama. Dazu den ironischen Kommentar: "Buona giornata" - "Schönen Tag."

Auch der Komiker Beppe Grillo, Gründer und Guru der erfolgreichen italienischen Protestbewegung Cinque Stelle, deren Anti-Establishment-Diskurs sich im Geist mit jenem Trumps deckt, sieht sich nun in seiner Strategie bestätigt. In einem Video auf seinem Blog sagt Grillo, Trumps Erfolg sei eine "Explosion" - und ein "riesiges 'Leckt mich am Arsch'".

Mit einiger Spannung fragt man sich nun in Italien, ob Trumps Wahl den Fünf Sternen hilft oder eher als Abschreckung dient. Ein Testfall dafür könnte der 4. Dezember sein. Dann werden die Italiener in einem Referendum über Renzis Verfassungsreform abstimmen. Und wenn den Bürgern mehrheitlich der Sinn nach einem Protestvotum stehen sollte, droht dem Premier eine folgenschwere Niederlage. Oliver Meiler, Rom

Spanien: Zurückhaltung, Spott und Häme

In Spanien sind Politiker in Regierungsverantwortung traditionell sehr zurückhaltend bei der Kommentierung von Wahlen in anderen Ländern. So gab denn auch niemand aus der neuen Regierung in Madrid seine persönlichen Präferenzen zu erkennen. Dagegen war für die linksalternative Gruppierung Podemos in der Opposition völlig klar, dass keiner der beiden Kandidaten akzeptabel sei.

Bei der Presse von rechts bis links hingegen gibt es den seltenen Fall, dass man einer Meinung ist: Für die Welt und Spanien wäre ein Sieg Hillary Clintons sicherlich besser gewesen.

Allerdings sind die Kommentare zu Trump einigermaßen gefasst, eher analytisch als emotional. So setzt die linksliberale Tageszeitung El País ihre Hoffnung darauf, dass die nun gewählten Parlamentarier "den Geist des Populismus, des Hasses und der Beleidigungen, der in der Wahlkampagne aus der Flasche gelassen wurde, wieder einfangen".

Die amerikanische Gesellschaft sei tief gespalten, sie werde lange Zeit brauchen, um wieder zur Normalität zurückzukehren. Die Mehrheit der Wähler sei dem Irrglaube erlegen, man könne das Rad der Zeit zurückdrehen, "so als ließe sich die Zahnpasta wieder in die Tube drücken".

Die konservative Zeitung El Mundo verweist auf Berichte über russische Hacker und Trolls, die Wahlen in den westlichen Ländern beeinflussen sollen: "Wladmir Putin kann den vierten Wahlsieg innerhalb eines Jahres verbuchen, nach dem Referendum in den Niederlanden, das den Vertrag zwischen der Ukraine und der EU blockiert, dem Brexit und den Parlamentswahlen im eigenen Land." Der nationalkonservative ABC stellt trocken fest: "Ein Sieg des Populismus und des frechen Narzissmus". Geteilt aber sind die Meinungen in den Foren der großen Blätter.

Es gibt viel Schadenfreude für die "unsympathische Clinton", viel Spott für den "eitlen und dreisten Trump" und viel Bedauern für die Latinos, deren Lage die Spanier stets besonders interessiert, sehen viele doch ihr Land nach wie vor als eine Art Schutzmacht der früheren Kolonien in Lateinamerika an. Thomas Urban, Madrid

Schweden: Trump als "Mittelfinger an die Welt"

Fassungslosigkeit und hilflose Erklärungsversuche bestimmen die schwedischen Reaktionen auf Trumps Wahlsieg. "Mit Donald Trump als Präsident geht die Welt in eine neue, unvorhersehbare und gefährliche Ära", schreibt die liberale Tageszeitung Dagens Nyheter. Der Wahlausgang sei "eine Katastrophe für alle, die an eine offene und demokratische Welt, verankert in den Menschenrechten, glauben".

"Donald Trump ist ein Mittelfinger an die Welt", titelte die Boulevardzeitung Aftonbladet. Seinen Slogan "Make America Great Again" hätten viele mit "Make America White Again" übersetzt. Die Zeitung vergleicht seine Methoden mit denen von Diktatoren und Autokraten. "Trumps Bewegung liegt nahe an Parteien wie den Schwedendemokraten und dem europäischen Rechtspopulismus. Das verheißt nichts Gutes."

Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven sagte dem Fernsehsender SVT, dass das Wahlergebnis "viele Menschen und auch Märkte beunruhigt". Alle politischen Führer hätten nun "eine ungeheuer große Verantwortung: Wir können nicht so ein hasserfülltes politisches Klima haben. Daran verdient niemand."

Außenminister Margot Wallström sprach von "einer großen Unsicherheit". Als sich in der Nacht das Blatt in den Wahlergebnissen drehte, twitterte ihr Vorgänger Carl Bildt: "Schnallt euch an" und: "Sieht aus als würde dies das Jahr des doppelten Desasters für den Westen." Silke Bigalke, Stockholm

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