Trump-Unterstützer:Republikaner träumen schon von der Amtsenthebung Clintons

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  • In der amerikanischen Verfassung ist in Artikel II die Möglichkeit festgeschrieben, dass der Präsident, der Vizepräsident oder andere hohe Regierungsvertreter durch das Parlament ihrer Ämter enthoben werden können.
  • Das Verfahren für eine Amtsenthebung ist kompliziert, Verfahren gegen Präsidenten waren noch nie erfolgreich.
  • Über die Amtsenthebung einer Präsidentin Clinton zu reden, ist ein möglicher Weg, um die republikanische Parteibasis zu mobilisieren - selbst wenn es nie dazu kommen sollte.

Von Hubert Wetzel, Washington

Vielleicht kann Hillary Clinton es einfach als eine Art Kompliment sehen, ein Kompliment nach Art der Republikaner allerdings: Natürlich sei die E-Mail-Affäre der demokratischen Präsidentschaftskandidatin eine kriminelle Angelegenheit, sagte jüngst der republikanische Senator Ron Johnson. Und natürlich erfülle Clintons Verhalten die Bedingungen für ein Amtsenthebungsverfahren. Das war eine etwas voreilige Drohung, denn zum einen ist ja noch unklar, wer am Dienstag die Präsidentschaftswahl gewinnen wird. Johnsons Gedankenspiele zeigten vielmehr sogar, dass einige Republikaner vielleicht eher mit einem Sieg Clintons rechnen als damit, dass ihr eigener Kandidat Donald Trump gewinnt.

Zum anderen aber wusste der Senator da noch nicht, dass FBI-Chef James Comey am Sonntagabend ein Schreiben an die Kongressmitglieder verteilen ließ, das im Clinton-Lager große Erleichterung auslösen dürfte. Darin sieht er in der E-Mail-Affäre keinerlei Hinweise auf ein kriminelles Verhalten der demokratischen Bewerberin. Dies habe eine Prüfung neu entdeckter Mails ergeben. Es habe sich nichts an den Erkenntnissen vom Juli nach Abschluss früherer Ermittlungen geändert, schrieb der FBI-Chef.

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Schon damals war er zu dem Ergebnis gekommen, dass Clinton sich zwar extrem sorglos verhalten habe, aber nichts getan habe, was eine strafrechtliche Verfolgung rechtfertige. Vor anderthalb Wochen waren indes auf dem Computer eines Ex-Abgeordneten neue Mails aufgetaucht. Bei den Untersuchungen ging es darum, dass Clinton in ihrer Zeit als Außenministerin einen privaten Server in ihrem Haus auch für dienstliche Korrespondenz nutzte.

Senator Johnson hatte mit seinen lauten Überlegungen ein Wort in die Debatte geworfen, das den Amerikanern Schauer über den Rücken laufen lässt: impeachment. In der amerikanischen Verfassung ist in Artikel II ( hier als PDF) die Möglichkeit festgeschrieben, dass der Präsident, der Vizepräsident oder andere hohe Regierungsvertreter durch das Parlament ihrer Ämter enthoben werden können. Das kann geschehen, wenn diese Personen sich des "Verrats, der Bestechlichkeit, anderer Schwerverbrechen oder Missetaten" schuldig machen oder wegen derartiger Straftaten verurteilt werden. Rechtlich gesehen ist das eine eher vage Beschreibung der Vergehen, die zu einer Amtsenthebung führen können.

Ein Schuldspruch muss mit Zweitdrittelmehrheit gefällt werden

Ein Verfahren läuft in den USA ähnlich ab wie ein normaler Gerichtsprozess, allerdings sind die Akteure Politiker, keine Juristen. Die Anklage - das eigentliche impeachment - wird im Abgeordnetenhaus erhoben, die Verhandlung findet im Senat statt. Die Parlamentarier im "Haus" prüfen zunächst, ob die genannten Straftaten vorliegen. Ein Ausschuss stimmt darüber ab, ob angeklagt werden soll oder nicht. Wenn ja, wird die Anklage ausgefertigt. Dieser muss dann eine einfache Mehrheit der Abgeordneten zustimmen, damit der Fall an den Senat weitergegeben wird. Dort findet dann eine regelrechte Gerichtsverhandlung statt, mit Zeugen, Befragungen und Kreuzverhören. Am Ende ergeht das Urteil, ein Schuldspruch muss mit Zweitdrittelmehrheit gefällt werden.

Dieser komplizierte Weg lässt erahnen, warum in der US-Geschichte nur sehr wenige Amtsenthebungsverfahren erfolgreich waren. Von den gegen Präsidenten angestrengten Verfahren führte kein einziges zum Ziel: Andrew Johnson wurde 1868 vom Senat freigesprochen, ebenso Bill Clinton im Jahr 1999. Richard Nixon trat 1974 zurück, noch bevor das Amtsenthebungsverfahren gegen ihn eröffnet worden war. Im Falle Clintons machen allein die Mehrheitsverhältnisse eine Verurteilung im Senat praktisch unmöglich. Die Republikaner werden in der Kammer auf absehbare Zeit keine Zweidrittelmehrheit haben. Spätestens mit der neuesten Einschätzung von FBI-Chef Comey vom Sonntag dürfte das Thema impeachment vorerst erledigt sein.

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"Sperrt sie ein, sperrt sie ein!", ist ein Schlachtruf der Republikaner

Selbst etliche Republikaner hatten darauf in den vergangenen Tagen bereits hingewiesen. "Also, ich werde jetzt hier mal der Erwachsene sein und sagen: Regt euch ab, lasst es gut sein, es wird nicht passieren", sagte der republikanische Abgeordnete Darrell Issa, der normalerweise keine Gelegenheit auslässt, Demokraten zu attackieren. "Zu glauben, man könne jemanden mal so schnell aus dem Amt werfen - das geht vielleicht in der Dritten Welt. Aber es geht nicht in den USA."

Allerdings war auch bezeichnend, dass die republikanischen Fraktionschefs den Spekulationen bewusst keinen Riegel vorgeschoben haben. Sie wissen, dass kaum etwas die republikanische Basis so in Wallung bringt wie Clintons vermeintlich kriminelle Machenschaften. "Sperrt sie ein, sperrt sie ein!", ist bei Veranstaltungen von Trump zu einer Art Schlachtruf der Republikaner geworden. Eines ist jedenfalls klar: Clinton darf sich kaum Hoffnungen machen, dass ihre früheren republikanischen Kollegen im Kongress ihr nach einem Wahlsieg eine Art Schonfrist gewähren werden. Von impeachment haben vielleicht nur einige Hitzköpfe gesprochen. Dass man Clinton sofort und vehement blockieren müsse, ist aber offenbar Konsens in den republikanischen Kongressfraktionen. Diese Strategie hat schon der scheidende Präsident Obama zu spüren bekommen.

© SZ vom 07.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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