Trudeau in Berlin:"Gute transatlantische Beziehungen liegen im ureigensten Interesse Deutschlands"

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  • Bei ihrem ersten Treffen in Berlin betonten Merkel und Trudeau Einigkeit in der Debatte um die Verpflichtungen von Nato-Mitgliedern.
  • Weitere wichtige Themen des Treffens waren das Freihandelsabkommen Ceta und die Politik der neuen US-Administration.
  • Nach ihrem Treffen gedenken die beiden Staatschefs der Opfer des Terroranschlags vom Breitscheidplatz in Berlin.

Von Benjamin Moscovici

Es war das erste Mal, das Justin Trudeau zu einem Amtsbesuch in Deutschland war und es scheint ein harmonisches Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel gewesen zu sein. Dabei begegneten sich die beiden Regierungschefs in politisch unsicheren Zeiten: Der neue US-Präsident Donald Trump rüttelt an alten Gewissheiten der internationalen Politik, an der Grenze zu den östlichen Bündnisstaaten fordert Russland die Nato offen heraus. Dennoch gaben sich Merkel und Trudeau zuversichtlich.

Beide Regierungschefs betonten einstimmig, dass der Wert und Beitrag eines Nato-Mitglieds nicht ausschließlich an seinem Verteidigungshaushalt gemessen werden könne. Es ginge vielmehr um Zuverlässigkeit und aktives Engagement - eine Anspielung auf Trumps Vorwurf, sie würden sich nicht ausreichend an der Finanzierung des Militärbündnisses beteiligen. Obwohl Merkel und Trudeau einen versöhnlichen Ton gegenüber Washington anschlugen, schickte die Bundeskanzlerin auch noch eine deutliche Botschaft an die Trump-Administration. Sie sagte, dass auch die Stärke der USA durch die Nato gewachsen sei. Deshalb, so Merkel, "ist die Nato auch für die USA wichtig".

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Donald Trump hatte die Nato in den vergangenen Wochen immer wieder scharf kritisiert und die Allianz als überflüssig bezeichnet. Erst vor wenigen Tagen sagte sein Verteidigungsminister James Mattis in Brüssel, dass die USA nur bei höheren Ausgaben ihrer Nato-Partner ihr derzeitiges Engagement im Verteidigungsbündnis beibehalten würden.

Angesichts der Unsicherheit, die Donald Trump in die internationale Politik gebracht hat, ist Trudeau der deutschen Kanzlerin einen wichtigen Schritt voraus: Der Kanadier hat den neuen US-Präsidenten bereits getroffen. Erst am Montag war er zu einem ersten Besuch im Weißen Haus gewesen. Obwohl Trudeau und Trump in vielen Punkten gegensätzliche Positionen vertreten, sagte Trudeau, er habe viele Gemeinsamkeiten mit dem 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gefunden. Trump sei schließlich, genau wie er, gewählt worden, um die Wirtschaft zu stärken und neue Chancen für die Mittelschicht zu schaffen. Darauf ließe sich aufbauen.

Beide sehen Ceta als Maßstab für künftige Freihandelsverträge

Auch Merkel betonte ihre guten Beziehungen nach Washington. Die transatlantische Beziehung sei eine der zentralen Säulen der deutschen Außenpolitik. In diesem Geiste hätten ihre Gespräche mit dem neuen US-Präsidenten stattgefunden und so würden auch ihre zukünftigen Treffen mit Donald Trump ablaufen.

Das zweite wichtige Thema war das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen Ceta, das in dieser Woche vom Europäischen Parlament beschlossen wurde. Beide Regierungschefs betonten die Bedeutung des Abkommens als Maßstab für zukünftige Freihandelsverträge. Trudeau nannte die Ratifizierung des Abkommens einen "Sieg für Kanada, Deutschland und Europa".

Bevor Trudeau am Abend zurück nach Kanada fliegt, wollen die beiden noch den Berliner Breitscheidplatz besuchen. Dort wurden bei einem Terroranschlag im Dezember elf Weihnachtsmarktbesucher und einen Lkw-Fahrer getötet sowie Dutzende Menschen verletzt.

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