Bundesregierung:Die Frau für akute Krisen steckt selbst in der Krise

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Oft steht sie im Schatten der Außenministerin und des Verteidigungsministers: Svenja Schulze (SPD), zuständig in der Ampelregierung für die Entwicklungshilfe. (Foto: Friedrich Bungert)

Die SPD-Politikerin Svenja Schulze war als Umweltministerin erfolgreich. Doch seit sie für die Entwicklungshilfe zuständig ist, läuft's nicht mehr so. Und dann ist da jetzt noch die Sache mit den afghanischen Ortskräften.

Von Mike Szymanski

Es sind keine einfachen Wochen für Entwicklungsministerin Svenja Schulze. In den Haushaltsberatungen für den Etat 2024 gehört ihr Haus zu den Ministerien, die äußerst schmerzhafte Einschnitte hinnehmen sollen: Etwa 600 Millionen Euro weniger wird sie ausgeben können, um in akute Krisen einzugreifen, sollte der Haushalt vom Bundestag so beschlossen werden.

Aus der Zeit vor dem Krieg in der Ukraine gab es die Vereinbarung, die Höhe der Entwicklungshilfe an die Verteidigungsausgaben zu koppeln. Daran fühlt sich die Ampelkoalition nicht mehr gebunden. Für die Modernisierung der Bundeswehr hat die Regierung 2022 in einem Sondervermögen 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Doch Schulze bekommt nicht mehr Geld, weil sich mit dem Krieg in der Ukraine die Prioritäten verändert hätten. "Bitter" findet Svenja Schulze das, aber arrangiert sich damit.

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Nachdem sich die Bundeswehr aus der Sahelzone zurückzieht, weil die Zusammenarbeit mit den Machthabern in Mali immer schwieriger wurde, wollte Schulze mit Projekten der Entwicklungshilfe den Ländern dort stärker beistehen. Sie hatte Niger, einen langjährigen Partner, als Ausgangspunkt für ein stärkeres Engagement in der Region ausgemacht. Das Land galt als einigermaßen demokratisch gefestigt, bis sich nun auch dort das Militär vor anderthalb Wochen an die Macht putschte. Nun brauchen Schulze und die Bundesregierung wohl schnell eine neue Strategie für den Sahel.

Angekommen in den Tiefen des Regierungsalltags

Und als wäre das alles noch nicht genug, bemühen sich Hunderte frühere Ortskräfte der deutschen Entwicklungshilfe in Afghanistan darum, von der Bundesrepublik aufgenommen zu werden. Seitdem die Taliban das Land wieder ihrer Schreckensherrschaft unterworfen haben, sehen sich viele in ihrem Leben bedroht - auch und gerade, weil sie für den Westen gearbeitet hatten. Aber sie scheitern großenteils an restriktiven Kriterien deutscher Behörden. In Schulzes Ministerium ist man nicht bereit, Regeln großzügiger auszulegen, obwohl sich die Berichte von ehemaligen Helfern in Not häufen. Der Ministerin haftet nun auch der Ruf einer gewissen Kaltherzigkeit an.

In der Gesamtschau lässt sich wohl sagen: Svenja Schulze, 54, ist in der Ampelregierung nach gut anderthalb Jahren als Entwicklungsministerin in den Tiefen des Regierungsalltags angekommen. Hinzu kommt, dass sie sich mit ihrem Aufgabenbereich meist im Schatten von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bewegt und mitunter in Krisenländern, in denen außerdem die Bundeswehr im Einsatz ist. Und dem Militärischen wird oft noch mehr Gewicht beigemessen als ihrer Entwicklungshilfe.

Eine Person aus der SPD-Fraktion, die Schulzes Agieren verfolgt, sagt, diese habe die Unterstützung der Abgeordneten und auch deren Sympathie. Hilfreich wäre aber durchaus auch mal wieder ein Erfolg, der konkret mit Svenja Schulze verbunden werden könnte. Denn von dieser Politikerin war man schließlich anderes gewohnt.

In ihre Zeit fielen der Kohleausstieg und das Klimaschutzgesetz

Die Sozialdemokratin Schulze war als große Unbekannte 2018 in der Bundespolitik gestartet. Die SPD hatte sich damals in die Neuauflage der ungeliebten großen Koalition unter Angela Merkel (CDU) begeben und das Umweltressort Svenja Schulze, einer Landespolitikerin aus Nordrhein-Westfalen, übertragen. Dort hatte sie zuvor als Forschungsministerin und SPD-Generalsekretärin politische Erfahrungen gesammelt.

Die Umstände meinten es - anders als heute - gut mit ihr: In ihre Zeit als Umweltministerin fielen der Kohleausstieg und das Klimaschutzgesetz. Als Umweltministerin hatte sie so viel mehr erreicht als viele ihrer Vorgängerinnen und Vorgänger. Schulze war Erfolg gewohnt.

Aber auf diesem Posten konnte sie nicht bleiben. In der Ampel sicherten sich die Grünen die Zuständigkeit für Umwelt und Klimaschutz. "Eigentlich will ich gar nicht weg", hatte sie damals gesagt. Gut möglich, dass ihre Sehnsucht nach dem alten Job gerade eher größer als kleiner wird.

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