Steuerschätzung:Die fetten Jahre sind noch nicht vorbei

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Das Bundesfinanzministerium in der Wilhelmstrasse in Berlin (Foto: imago/Reiner Zensen)
  • Der AK Steuerschätzungen, ein Beirat des Finanzministeriums, hat die Steuereinnahmen der kommenden Jahre kalkuliert.
  • Die Steuerschätzer sagen dem Bund für die Jahre 2020 bis 2024 voraus, dass seine Einnahmen zwar wachsen werden, aber weniger stark als erwartet.

Von Michael Bauchmüller und Cerstin Gammelin, Berlin

Bund, Länder und Gemeinden können in den nächsten fünf Jahren mit insgesamt weiter steigenden Steuereinnahmen rechnen. Das geht aus der vom Arbeitskreis "Steuerschätzungen" am Mittwoch in Berlin vorgelegten Kalkulation hervor. Danach steigen die Steuereinnahmen von 796,4 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 935 Milliarden Euro im Jahr 2024. Allerdings fallen die Zuwächse weniger deutlich aus als noch bei der letzten Steuerschätzung im Mai erwartet. Damals hatten die Experten insgesamt 7,1 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen vorausgesagt.

Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass der Bund in diesem Jahr noch einmal höhere Überschüsse als erwartet verbuchen kann. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wies auf Sondereffekte hin; die Mittel an die EU seien nicht komplett abgerufen worden; die Schuldzinsen niedriger als erwartet. Scholz will die Überschüsse in die Rücklage nehmen, um die kommenden Haushalte ohne zusätzliche Schulden finanzieren zu können. Er sagte, die Koalition könne alle Vorhaben umsetzen, die sie sich vorgenommen habe.

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Doch während die Einnahmen von Ländern und Gemeinden weiter sprudeln, muss sich der Bund mit geringeren Zuwächsen zufriedengeben. Das liegt auch daran, dass die Prognosen ein schwächeres Wachstum voraussagen. Für 2020 rechnet die Regierung damit, dass das Bruttoinlandsprodukt nur um ein Prozent wachsen wird, statt wie zunächst kalkuliert um 1,5 Prozent. Die Abschwächung geht auf das Konto der bisher so starken Exportindustrie. Zudem wurden wegen wachsender globaler Unsicherheiten Investitionen zurückgestellt.

Kürzlich befragte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) seine Unternehmen, wie sie die Zukunft sehen. Bei den Geschäftserwartungen registrierte der DIHK einen regelrechten Einbruch - und das nicht nur in Industrien, die viel exportieren und damit Handelskriege und Brexit fürchten müssen, sondern auch bei Dienstleistern, Handel und Baugewerbe. Die Zahl der Firmen, die geringere Investitionen und weniger Jobs planen, wächst kontinuierlich. Seit der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009, sagt DIHK-Präsident Eric Schweitzer, habe man von den Unternehmen nicht mehr so pessimistische Antworten bekommen. "Die trüben Aussichten und die greifbare Verunsicherung in vielen Branchen schlagen sich immer mehr in den Planungen der Betriebe nieder."

Noch vorigen Herbst war der DIHK für das laufende Jahr von 1,7 Prozent Wachstum ausgegangen. Das sei schon zurückhaltend gewesen, sagt Schweitzer. Mittlerweile ist diese Prognose auf 0,4 Prozent geschrumpft. Für 2020 rechnet der Verband noch mit einem Wachstum um 0,5 Prozent - das allerdings nur deshalb, weil überdurchschnittlich viele Feiertage auf Wochenenden fallen. Es gibt also mehr Arbeitstage. Beim Export rechnet der DIHK sogar mit einem Rückgang um 0,5 Prozent. "Gerne würden wir uns in die Reihe derer einreihen, die optimistischer sind", sagt Schweitzer. Dafür aber lieferten die Einschätzungen der Unternehmen keine Argumente.

© SZ vom 31.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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