Nach der Wahl:Spaniens Zukunft in Puigdemonts Händen

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Drei Katalanen in Brüssel: Die Abgeordneten Antoni Comín, Carles Puigdemont und Clara Ponsatí Anfang Juli im EU-Parlament. (Foto: Yves Herman/Reuters)

Die katalanischen Separatisten gehen geschwächt aus der Wahl. Trotzdem könnten sie künftig die entscheidende Kraft sein.

Von Karin Janker, Madrid

Das Wahlergebnis in Spanien stellt alles auf den Kopf: Es gibt einen Sieger, den Konservativen Alberto Núñez Feijóo, der wohl nicht regieren kann. Und einen Zweitplatzierten, der womöglich eine Mehrheit zusammenkratzt. Gemeint ist Pedro Sánchez, der sich allerdings auf noch mehr umstrittene Regionalparteien stützen müsste als bisher schon. Und auch das ist ein Kuriosum: In Katalonien hat das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter massiv an Stimmen verloren - und doch sind die Separatisten das Zünglein an der Waage. Von ihm könnte nun die Zukunft ganz Spaniens abhängen.

Zusammengerechnet kommen Kataloniens Unabhängigkeitsparteien CUP, ERC und Junts nach dieser Wahl nur noch auf 27 Prozent der Stimmen. Bei der Wahl 2019 holten sie noch 43 Prozent in Katalonien. Doch gerade auf die Partei des früheren katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont, Junts per Catalunya, richten sich nach der Parlamentswahl in Spanien nun aller Augen. Auf Junts kommt es an, wenn Pedro Sánchez sich noch einmal zum Ministerpräsidenten wählen lassen will. Auf die Stimmen der katalanischen Linksrepublikaner, ERC, hatte sich seine bisherige linke Minderheitsregierung bisher schon stützen müssen.

"Nicht einen Millimeter" will Junts von seinen Forderungen abrücken

Aber die neoliberale Junts-Partei hat nicht nur wirtschafts- und sozialpolitisch ein anderes Projekt als Sánchez' Links-Koalition in Madrid. Junts tritt anders als ERC noch immer für eine Abspaltung Kataloniens von Spanien ein. Die Partei, deren Gründer Carles Puigdemont sich nach wie vor im belgischen Exil vor der spanischen Justiz versteckt, dürfte es Sánchez nicht leicht machen, sollte er eine Zusammenarbeit mit ihr erwägen. "Wir werden Sánchez nicht für nichts zum Ministerpräsidenten machen", sagte Junts-Spitzenkandidatin Miriam Nogueras noch am Wahlabend in Barcelona.

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Dabei hatten seine Kritiker dem amtierenden Ministerpräsidenten schon bisher unterstellt, die Unterstützung der gemäßigten Separatisten mit allzu teuren Zugeständnissen erkauft zu haben. Sánchez ließ etwa den Tatbestand des Aufstands aus dem Strafgesetzbuch streichen. Dadurch verkürzte sich die Haftstrafe für führende Separatisten um mehrere Jahre. Den Politikern rund um Ex-Regionalpräsident Puigdemont wird von der spanischen Justiz zur Last gelegt, im Jahr 2017 ein illegales Referendum über eine Abspaltung Kataloniens durchgeführt zu haben. Davon, ein solches Referendum erneut abzuhalten, rückt die Führungsriege von Junts bisher nicht ab. "Nicht einen Millimeter", sagte Nogueras am Sonntag in Barcelona.

Es könnte daher sein, dass Junts Sánchez einen Preis nennt, den dieser nicht zu zahlen bereit ist. Oder dass Sánchez, falls er ihn zahlte, dies politisch nicht überleben würde. Man fühle sich seinerseits jedenfalls nicht verpflichtet, zwischen Pedro Sánchez und Alberto Núñez Feijóo wählen zu müssen, sagte Junts-Generalsekretär Jordi Turull am Montag, "in diese Sentimentalitätsfalle tappen wir nicht". Eine weitere Zuspitzung spielt womöglich ebenfalls für Junts: Clara Ponsatí, die von der spanischen Justiz ebenfalls für die Ereignisse 2017 verantwortlich gemacht wird, schrieb am Montag auf Twitter, sie sei bei der Einreise nach Spanien festgenommen worden.

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