Islamismus:BKA und Faeser warnen vor Terrorrisiken

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Schwierige Wochen: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und BKA-Präsident Holger Münch. (Foto: Britta Pedersen/DPA)

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel mahnt die Politik zu mehr Wachsamkeit in Deutschland. Die Sicherheitsbehörden haben 500 islamistische Gefährder im Blick.

Von Markus Balser, Berlin

Für wie angespannt Politik und Behörden die Sicherheitslage in Deutschland gerade halten? Eine einzige Frage an Innenministerin Nancy Faeser (SPD) reichte am Montag aus, um das klarzumachen. Ob Weihnachtsmärkte sichere Orte seien, wird Faeser bei einem Auftritt in Berlin gefragt. "Ich kann das in der Form so nicht beurteilen", antwortet Faeser. Eine Garantie könne sie natürlich nicht abgeben, räumt die SPD-Politikerin ein. Großveranstaltungen hätten ja immer eher Gefährdungspotenzial. Die Sicherheitsbehörden hätten solche Veranstaltungen allerdings auch besonders im Blick und seien wachsam, gerade in diesem Jahr.

Denn es bahnen sich für die Behörden schwierige Wochen an. Die Bundesinnenministerin und der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) Holger Münch besuchten am Mittag das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum des Bundes und der Länder in Berlin. Nach einer Lagebesprechung mit den Terrorexperten der Behörde mahnte die Innenministerin zur Wachsamkeit. "Der Konflikt im Nahen Osten nach dem barbarischen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel hat auch auf die Sicherheitslage in Deutschland unmittelbaren Einfluss", sagte Faeser.

Sehr starker Anstieg im Bereich ausländische und religiöse Ideologie

Die Sicherheitsbehörden stünden vor allem wegen des wachsenden Antisemitismus vor "sehr großen Aufgaben". Ganz neu ist das Phänomen nicht. Der Antisemitismus hatte in der Straftatenbilanz schon in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Allein in den vergangenen vier Jahren sei die Zahl solcher Straftaten um 47 Prozent gestiegen. Doch habe sich laut BKA der Hintergrund der Taten deutlich geändert. Über viele Jahre habe politisch rechts motivierte Gewalt einen Großteil ausgemacht, sagte Münch weiter. Aktuell gebe es aber "einen sehr, sehr starken Anstieg" des Anteils von Delikten aus dem Bereich ausländische beziehungsweise religiöse Ideologie.

Vor allem seit dem Überfall am 7. Oktober nehmen die Behörden immer mehr antisemitischen und antiisraelischen Hass und Hetze wahr. Das BKA registrierte bereits mehr als 3500 Straftaten, die mit dem Angriff zusammenhängen. Rund 500 stuft das BKA als antisemitisch ein. Dies sei aber nur ein Zwischenstand, es sei mit höheren Zahlen zu rechnen, denn der Hintergrund vieler Straftaten lasse sich erst zeitversetzt klären.

Klar ist aber bereits: Sachbeschädigungen spielten bei den Straftaten mit etwa 30 Prozent eine herausragende Rolle, sagte Münch. Volksverhetzung mache etwa 15 Prozent aus und geschehe häufig auch online. "Die Zahl der Gewaltstraftaten liegt im mittleren dreistelligen Bereich. Auch das ist hoch", sagte Münch weiter. Der Schwerpunkt liege hier auf Widerstandsdelikten im Zusammenhang mit propalästinensischen Veranstaltungen vor allem in Berlin.

"Das Eskalationspotenzial ist groß."

Auch Münch sieht das Risiko, dass sich der Konflikt noch stärker auf Deutschland auswirken könnte. "Das Eskalationspotenzial ist groß", sagte der BKA-Präsident. Zwar gebe es keine Hinweise auf konkrete Bedrohungen etwa von jüdischen und israelischen Einrichtungen. Die generelle Gefährdungslage sei aber hoch.

Das gilt auch für die Zahl der islamistischen Gefährder in Deutschland. Der BKA-Präsident sprach am Montag von knapp 500 Personen. Allerdings sind knapp 100 davon inhaftiert, rund 180 halten sich im Ausland auf. Als Gefährder gelten Personen, von denen Sicherheitsbehörden glauben, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung bis hin zum Anschlag verüben könnten. Laut BKA gibt es derzeit zudem etwa 70 rechtsextremistische Gefährder, hinzu kommen Gefährder aus weiteren Kategorien.

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Besonders viele Aktivitäten stellen die Behörden derzeit im Internet fest. Das BKA habe allein auf Telegram in den vergangenen Wochen 98 Kanäle mit terroristischen Inhalten löschen lassen. Insgesamt seien mehr als 500 Löschersuchen an Betreiber sozialer Medien ergangen. Der Großteil der Terrorpropaganda sei somit gelöscht worden, sagte Faeser.

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