Senat - Berlin:Berlin lockert Beschränkungen: Aber Bußgeld für Maskenmuffel

Berlin
Eine Frau mit Mundschutz ist in einer U-Bahn zu sehen. Foto: Christoph Soeder/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Trotz zuletzt wieder steigender Infektionszahlen setzt der Berliner Senat seinen schrittweisen Lockerungskurs bei den Corona-Beschränkungen fort: Ab Samstag fallen die seit Monaten bestehenden und zwischenzeitlich bereits etwas gelockerten Kontaktbeschränkungen für Privatpersonen komplett weg. Allerdings zieht der Senat an anderer Stelle die Schrauben an: Bei Verstößen gegen die seit Ende April geltende Maskenpflicht wird laut einer neuen Verordnung, die der Senat am Dienstag beschloss, ein Bußgeld fällig. Bisher wurde hier nicht kontrolliert.

BUSSGELD: Fahrgäste, die in Bus und Bahn ohne Maske unterwegs sind, müssen ab Samstag zwischen 50 und 500 Euro Bußgeld zahlen. Einerseits hielten sich viele Menschen ganz selbstverständlich an die Regeln, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) dazu. "Aber es gibt eben doch einige, die bewusst oder unbewusst sich eben nicht an diese Regeln halten. Und an der Stelle muss man dann auch deutlicher werden."

Durchsetzen soll die neuen Regelung die Polizei mit punktuellen Kontrollen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies darauf hin, dass das nicht flächendeckend möglich sein werde. Die Bußgelder gelten auch bei Verstößen gegen die Maskenpflicht in Geschäften. Dort ist das Problem weniger verbreitet als im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

"Die Pandemie ist noch lange nicht besiegt", sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh der Deutschen Presse-Agentur zu dem Beschluss. "Je weiter wir den Weg von Lockerungen gehen, umso verbindlicher müssen die Absprachen sein." Verweigerer und Menschen, die den Schutz von sich und von anderen ignorierten, müssten sanktioniert werden. Das sei auch eine Frage von Solidarität und Fairness.

KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN: Verabredungen in größerem Kreis werden für die Menschen wieder einfacher. Bisher gilt, dass sich in der Hauptstadt maximal fünf Personen aus mehreren Haushalten oder lediglich Mitglieder zweier Haushalte in der Öffentlichkeit oder zu Hause privat treffen dürfen. Die Regelung sollte helfen, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen und fällt nun weg. Der Senat gibt nur noch eine Empfehlung, Kontakte auf "ein absolutes Minimum" zu reduzieren. Jeder sei weiter angehalten, die physischen sozialen Kontakte zu anderen Menschen möglichst gering zu halten.

MINDESTABSTAND: Der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Menschen muss weiter eingehalten werden, um Infektionen möglichst zu verhindern. Ausnahmen gibt es nur für die Fälle, in denen das nicht möglich ist, unter anderem bei der Gesundheitsversorgung und Pflege, in Kitas und Schulen, beim Friseur oder wegen räumlicher Enge etwa in Bussen, Bahnen oder Autos. Wichtige Voraussetzung für alle Lockerungen bleibt zudem, dass die Entwicklung der Corona-Infektionen diese zulässt.

EINKAUFEN: Ab Samstag dürfen Einzelhändler wieder mehr Menschen gleichzeitig in die Geschäfte lassen. Der bisher gültige Richtwert von maximal einer Person pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche wird auf 10 Quadratmeter gesenkt.

VERANSTALTUNGEN: Der Senat verständigte sich auf einen Stufenplan für größere Veranstaltungen wie kulturelle Events, Messen, Spezialmärkte, Sportveranstaltungen, geschäftliche Meetings oder gewerbliche Freizeitangebote. Bis 31. Juli sind demnach in geschlossenen Räumen bis zu 300 Teilnehmer erlaubt, ab 1. August bis zu 500, ab 1. September bis zu 750 und ab 1. Oktober bis zu 1000. Veranstaltungen im Freien dürfen laut Stufenplan bis zum 1. September maximal 1000 und danach bis zu 5000 Teilnehmer umfassen.

Alle Obergrenzen gelten laut Senat auch für private bzw. familiäre Veranstaltungen, jedoch nicht für Demonstrationen oder Gottesdienste. Hier waren Beschränkungen schon vor geraumer Zeit gestrichen worden. Gesang bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen bleibt untersagt.

SYSTEMATIK: Insgesamt hat die neue Verordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie eine komplett andere Systematik: Sie soll nicht mehr auflisten, was alles unter welchen Bedingungen erlaubt ist, sondern eine Übersicht bieten, was Berlinerinnen und Berliner auch künftig nicht dürfen. Ziel ist, den Überblick zu erleichtern.

"Es ist eine Gratwanderung", sagte Müller zu den beschlossenen neuen Lockerungen. "Bisher sind wir sehr gut durch die Pandemie gekommen. Wir wollen noch mehr Normalität zulassen." Der Senat wolle alles tun, um einen neuerlichen Lockdown zu vermeiden. "Und wir sehen, wie schnell das gehen kann, wir sehen das jetzt in NRW, wie schnell das gehen kann, dass man zu drastischeren Maßnahmen greifen muss. Das wollen wir vermeiden. Ich glaube, wir können das auch vermeiden."

Von Mittwoch bis Sonntag vergangener Woche kamen in Berlin 358 neue Infektionsfälle dazu, an zwei Tagen gab es jeweils deutlich mehr als 100 gemeldete Neuinfektionen. Nach Angaben der Gesundheitsverwaltung vom Montagabend stieg die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle in Berlin zuletzt binnen 24 Stunden um 83 auf 7915 (Stand Montagmittag).

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