Krieg in der Ukraine:Selenskij drängt in Brüssel auf einen EU-Beitritt

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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hat den EU-Beitritt seines Landes fest im Blick. (Foto: YVES HERMAN/REUTERS)

Kommissionspräsidentin Von der Leyen bescheinigt der Ukraine immerhin "beeindruckende" Fortschritte. Auch in Sachen Fluggeräte ist Selenskij angeblich weitergekommen.

Der ukrainische Präsident wirbt in Brüssel energisch für einen Beitritt seines Landes zur EU. Dies sei die "Vision, die uns ermutigt hat, stark zu bleiben", sagte Wolodimir Selenskij im EU-Parlament mit Blick auf den russischen Überfall vor knapp einem Jahr. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Nachmittag attestierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der Ukraine "beeindruckende" Fortschritte auf dem Weg zur europäischen Integration.

"Es gibt keinen starren Zeitplan, es ist ein leistungsabhängiger Prozess", sagte sie an der Seite von EU-Ratspräsident Charles Michel. Die EU-Kommission arbeite sehr eng mit der ukrainischen Regierung zusammen, so von der Leyen. Das große Ziel sei es, die Fortschritte der Ukraine für den im Herbst anstehenden Erweiterungsbericht aufzuzeigen.

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In der weitgehend zerstörten Stadt in der Ostukraine harren nach Behördenangaben noch immer knapp 5000 Zivilisten aus. Niederländische Piloten fangen drei russische Militärmaschinen ab, die sich Polen nähern.

Bei der Pressekonferenz sagte Selenskij außerdem, dass mehrere europäische Spitzenpolitiker ihm die Bereitschaft signalisiert hätten, sein Land auch mit Fluggeräten im Krieg gegen Russland zu unterstützen. "Wir werden das Thema Kampfjets und andere Fluggeräte ansprechen." Selenskij konkretisierte nicht, wer genau ihm das in Aussicht gestellt hatte.

Selenskij bedankt sich bei Europäern für die Unterstützung

Bei einem Auftritt vor dem Europäischen Parlament würdigte Selenskij westliche demokratische Werte und Errungenschaften der EU wie die Reisefreizügigkeit und sagte, "uns verbindet eine gemeinsame europäische Geschichte". Der Europäischen Union beizutreten wäre "für uns ein Weg, um nach Hause zurückzukehren".

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Russland sei die "größte antieuropäische Kraft der modernen Welt", sagte Selenskij und bedankte sich bei der EU und allen Europäern für ihre Unterstützung im Kampf gegen die Invasoren - dies werde er später auch den Staats- und Regierungschefs der EU übermitteln. Zu deren Gipfeltreffen in Brüssel wird er nach seiner Rede vor dem Europäischen Parlament fahren.

Parlamentspräsidentin Roberta Metsola begrüßte Selenskij mit den Worten, dies sei ein "historischer Tag". Und sie unterstützte im Parlament seine Forderung nach der Lieferung von Kampfjets und Raketen mit größeren Reichweiten, was die Regierungen der meisten westlichen Verbündeten bisher ablehnen. Metsola würdigte die Opfer, die die Ukraine für Europa bringe. Die Ukrainer seien Europäer, "ihre Zukunft liegt in der Europäischen Union", sagte sie.

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Selenskijs Ansprache vor dem Parlament war bereits seine zweite. Bei der ersten Anfang März 2022 war er allerdings nur per Video zugeschaltet, das war eine Woche nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Auch damals hatte er - in noch etwas emotionaleren Worten - für einen Beitritt zur EU geworben, den er erst am Tag zuvor offiziell beantragt hatte.

Am Mittwoch hatte Selenskij zunächst London besucht, wo er den britischen Premier Rishi Sunak traf und ebenfalls eine Rede vor dem Parlament hielt. Anschließend flog er nach Paris und sprach mit Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz. Erst vergangene Woche hatten die Spitzen der EU - Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel - Selenskij in Kiew besucht. Dort drängte er darauf, dass die offiziellen Verhandlungen über einen EU-Beitritt rasch eröffnet werden. Entsprechende Zusagen machten von der Leyen und Michel aber nicht.

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