Schuldenkrise in Italien:Parlament billigt Sparpaket

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Italiens Haushalt soll mit harten Kürzungen um mehr als 54 Milliarden Euro entlastet werden. Nach der gewonnenen Vertrauensabstimmung konnte Silvio Berlusconi einen zweiten Erfolg verbuchen: das Gesetzespaket wurde verabschiedet. Aus Brüssel gab es dafür schon vorab Lob, in Italien sorgt es für Streit.

Andrea Bachstein

Italiens Abgeordnetenkammer hat das Sparpaket der Regierung von Silvio Berlusconi am Mittwochabend endgültig verabschiedet. Die mit 314 gegen 300 Stimmen beschlossenen Gesetze sollen in den kommenden zwei Jahren den Etat um mehr als 54 Milliarden Euro entlasten. Zuvor hatte eine Mehrheit Berlusconi das Vertrauen ausgesprochen.

Die Maßnahmen zur Eindämmung des riesigen italienischen Staatsdefizits hatten bereits am Dienstag in Straßburg den Segen des EU-Kommissionspräsidenten. Beim Besuch Berlusconis sprach José Manuel Barroso von einem "Signal der Entschlossenheit". Er mahnte zugleich die schnelle Umsetzung der Sparpläne an.

Erneut kritisierte dagegen die Chefin des italienischen Unternehmerverbandes Confindustria das Sparprogramm: "Italiens Probleme löst es nicht", sagte Emma Marcegaglia, "weil es nichts für ein Wirtschaftswachstum enthält." Es bestehe "nur aus Steuern".

Bis 2013 soll mit den beschlossenen Kürzungen und Steuererhöhungen der Regierungshaushalt ausgeglichen werden. Ein in der Verfassung verankertes Gesetz wird Neuverschuldung verbieten.

Die Staatsschulden von mehr als 1,9 Billionen Euro und das deutlich unter einem Prozent liegende Wirtschaftswachstum haben Italien in immer größere Schwierigkeiten gebracht. Am Dienstag musste der Staat Anleihen mit einem Rekordzinssatz von 5,6 Prozent verkaufen.

EU-Regierungen und vor allem die Europäische Zentralbank und ihr künftiger Chef, Italiens Staatsbankpräsident Mario Draghi, hatten Rom gedrängt, schnell umfangreiche Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um der Finanzkrise entgegenzuwirken. Man hofft, aus dem Visier der Märkte zu kommen und Vertrauen wiederherzustellen. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der zu Treffen mit seinem Kollegen Paolo Romani und Finanzminister Giulio Tremonti in Rom war, nannte das Sparpaket ein wichtiges Signal für die Stabilität.

Die Regierungskoalition in Rom hatte über die Sparpläne wochenlang gestritten. Ihre Fassungen widersprachen sich zum Teil. Berlusconi hatte von einem Programm von "Blut und Tränen" gesprochen. Die Mehrwertsteuer wird von 20 auf 21 Prozent erhöht, Kürzungen kommen auf alle Bereiche des Staatsapparats zu. Milliarden an Zuschüssen für Regionen und Gemeinden werden gestrichen. Das trifft die Bürger hart.

Das Fehlen von Impulsen für die Wirtschaft bemängelte auch die Opposition. Sie kritisierte das Paket zudem als unsozial. Trotz einer geplanten Sonderabgabe für Jahreseinkommen von mehr als 300 000 Euro befürchtet die Opposition, dass Arbeitnehmer und öffentlicher Dienst die Hauptlast tragen werden. Auch die Gewerkschaften attackieren das Programm. Vergangene Woche hatte der größte Gewerkschaftsbund den Generalstreik ausgerufen. Während der Abstimmung gab es am Mittwoch Proteste und Zusammenstöße mit der Polizei.

© SZ vom 15.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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