Kanzler-Besuch in China:Harmonie mit Xi

Lesezeit: 3 min

Aus Sicht von Chinas Präsident Xi Jinping (rechts) dürfte der Besuch von Olaf Scholz (links) als Erfolg gelten. Staatsmedien veröffentlichten am Freitag ausgewählte Videoausschnitte, zum Teil mit rührseliger Musik unterlegt. (Foto: Kay Nietfeld/AFP)

Olaf Scholz sagt in Peking, es sei gut, "wieder direkt miteinander sprechen" zu können. Vor dem Flug dorthin sprach er mit Menschenrechtlern. Sein Gastgeber bezeichnet Deutschland als "Großmacht".

Von Lea Sahay

Chinas Staatschef Xi Jinping und Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich bei einem Treffen am Freitag in Peking für eine engere Zusammenarbeit ausgesprochen. "Als einflussreiche Großmächte sollten China und Deutschland in dieser chaotischen und sich verändernden Situation zusammenarbeiten, um einen größeren Beitrag zum Weltfrieden und zur Entwicklung zu leisten", sagte Xi. Der Besuch von Scholz, der in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation reiste, werde die "nächste Phase" der deutsch-chinesischen Beziehungen erleichtern.

Scholz war der erste europäische Regierungschef, der seit Beginn der Pandemie nach China reiste. Besonders für den Zeitpunkt seines Antrittsbesuchs war Scholz selbst innerhalb seiner Regierungskoalition heftig kritisiert worden. Vor zwei Wochen sicherte Xi sich beim KP-Parteitag eine dritte Amtszeit. Als eine Lehre aus Maos Herrschaft hatte bisher eine Beschränkung auf zwei Perioden existiert. Der Besuch von Scholz wirkte unvermeidbar wie eine Legitimierung dieses historischen Tabubruchs. Viele Beobachter in Europa und den USA verurteilten den Besuch als einen deutschen Alleingang, anstelle eines gemeinsamen europäischen Auftretens. US-Außenminister Anthony Blinken sagte allerdings am Rande des Treffens der G 7-Außenminister, er stimme "voll und ganz" mit der Begründung für die Reise überein.

Scholz verteidigte seine eintägige Reise in Peking. Sein Besuch falle in eine "Zeit großer Spannungen", sagte er. Nach der Zeit der Videokonferenzen und Telefongespräche sei es gut, nun wieder "direkt miteinander sprechen" zu können. "Es ist gut, dass wir einen ganz intensiven Austausch hier haben, auch was die bilateralen Beziehungen betrifft und die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Beziehungen weiterzuentwickeln."

Da Peking weiter an seiner Null-Covid-Strategie festhält, ist China seit 2020 faktisch von der Außenwelt abgeriegelt. Bei der Ankunft des Kanzlers rollten Männer in weißen Ganzkörperanzügen den roten Teppich aus. In Peking wurde die Delegation isoliert, ein spontaner Kontakt mit Chinesen war nicht möglich.

Neben Wirtschafts- und Handelsfragen vereinbarten beide Seiten, beim Klimaschutz zukünftig stärker zu kooperieren. Zudem war auch der Ukrainekrieg ein Thema bei den Gesprächen. Scholz bat die chinesische Führung, ihren Einfluss auf Russland für ein Ende des Kriegs geltend zu machen. Die Regierungen in Peking und Berlin seien sich einig, dass russische Drohgebärden mit Atomwaffen nicht akzeptabel seien, sagte Scholz bei seinem Treffen mit Li Keqiang. Mit deren Einsatz würde Russland eine rote Linie überschreiten, die die Staatengemeinschaft gezogen hätte. China sei ein "einflussreiches Land" mit Verantwortung für den Frieden in der Welt.

Regierungschef Li unterstützte die Hoffnung auf ein "baldiges Ende" des Krieges. "Wir können uns ja wirklich keine weitere Eskalation leisten", sagte Li. Beide Seiten sollten zu Friedensgesprächen bewegt werden. Seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine hält China allerdings an seiner engen Partnerschaft mit Moskau fest und schiebt den USA und der Nato die Hauptverantwortung für den Konflikt zu.

Bei Pressestatements von Scholz und Li, bei denen keine Fragen zugelassen waren, warnte Bundeskanzler Olaf Scholz auch vor einem militärischen Eingreifen Chinas in Taiwan. Deutschland verfolge die "Ein-China-Politik". Das bedeute aber auch, dass alle Veränderungen des Status quo "nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen" erfolgen dürften. Parteichef Xi Jinping hat wiederholt gedroht, die Demokratie mit Gewalt einzunehmen, sollten sich die Taiwaner gegen eine friedliche "Wiedervereinigung" sperren.

Kurz thematisierte Kanzler Scholz das Thema Menschenrechte. Er habe in seinen Gesprächen mit Chinas Führung an die Verpflichtung zur Wahrung und Umsetzung der Menschenrechte erinnert. "Die Umsetzung anzumahnen, zum Beispiel in der Provinz Xinjiang, ist keine Einmischung in innere Angelegenheiten", sagte der Kanzler unter Hinweis auf die übliche chinesische Antwort zu diesem Thema.

In der nordwestchinesischen Region begeht China laut einem UN-Bericht schwere Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren. Regierungschef Li Keqiang hatte zuvor allgemein auf kulturelle Unterschiede und unterschiedliche Auffassungen verwiesen, die sich nicht vermeiden ließen.

Hongkong war in den öffentlichen Bemerkungen von Scholz kein Thema. Die freiheitlichen Grundrechte, die der Sonderverwaltungszone eigentlich noch bis 2047 zugesichert sind, hat Peking faktisch aufgehoben. Auch den autoritären Regierungsstil in anderen Teilen Chinas kommentierte Scholz nicht.

Vor seiner Reise nach Peking hatte Scholz allerdings mit chinesischen Menschenrechtsanwälten gesprochen. Das wurde am Freitag nach dem Abflug des Kanzlers aus Regierungskreisen bekannt. Ein Treffen in Peking war angeblich wegen der strengen Corona-Auflagen von Seiten der chinesischen Behörden nicht möglich.

Aus Chinas Sicht dürfte der Besuch als ein großer Erfolg gewertet werden. Staatsmedien veröffentlichten am Freitag ausgewählte Videoausschnitte, zum Teil mit rührseliger Musik unterlegt. Diese betonten vor allem Scholz' Zusagen, an den engen bilateralen Beziehungen zu China festzuhalten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungChina-Besuch
:Scholz sagt, was er sagen muss

Der Kanzler spricht in Peking öffentlich die Themen Ukraine, Taiwan und Abschottung an. Dass die Worte wirken werden, braucht man nicht zu hoffen.

Kommentar von Daniel Brössler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: