Russland:Festnahme wegen angeblicher Spionage für Nato

Lesezeit: 2 min

Ihm drohen bei einer Verurteilung 20 Jahre Gefängnis: Der frühere Journalist Iwan Safronow am 7. Juli 2020 vor Gericht in Moskau. (Foto: REUTERS)

Moskau wirft dem Berater der Raumfahrtbehörde Iwan Safronow Hochverrat vor. Der ehemalige Journalist soll Staatsgeheimnisse an ein nicht genanntes Land weitergegeben haben.

Von Silke Bigalke, Moskau

Der bekannte frühere Journalist Iwan Safronow ist am Dienstag in Moskau festgenommen worden. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB wirft ihm Hochverrat vor, er habe Staatsgeheimnisse an ein nicht genanntes Nato-Land weitergegeben. Noch bis Mai dieses Jahres hatte Safronow als Journalist über Militär und Raumfahrt geschrieben. Seither arbeitet er als Medienberater für die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos; seine Verhaftung soll jedoch in keinem Zusammenhang mit seinem neuen Job stehen. Roskosmos-Chef Dmitrij Rogosin betonte, Safronow habe keinen Zugang zu geheimen Informationen gehabt.

Medien in Russland
:Überwacht, attackiert, verhaftet

Immer neue Gesetze erhöhen in Russland den Druck auf unabhängige Journalisten wie Iwan Golunow. Erstaunlich viele lassen sich davon nicht aufhalten.

Von Silke Bigalke

Angeblich hat die Festnahme auch nichts mit seiner journalistischen Karriere zu tun, zumindest sagte das Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow am Dienstag. Zehn Jahre lang hatte Safronow für die Tageszeitung Kommersant geschrieben, dann kündigte ihm im Frühjahr 2019 die Verlagsleitung wegen eines Artikels über die mächtige Vorsitzendes des Föderationsrates, Walentina Matwijenko. In dem Text hatten Safronow und seine Mitautoren vermutet, dass sie womöglich abgesetzt würde und sich dabei auf anonyme Quellen berufen. Als Safronow daraufhin gehen musste, folgte aus Protest die gesamte innenpolitische Redaktion. Safronow wechselte zur Tageszeitung Wedomosti, doch auch deren Redaktion geriet zunehmend politisch unter Druck. Im Mai verließ Safronow gemeinsam mit anderen Redakteuren die Zeitung aus Protest gegen den neuen Chefredakteur und dessen Zensurpolitik.

Kollegen und Unterstützer demonstrieren für Safronow

Für beide Zeitungen schrieb Safronow hauptsächlich über Militärtechnologie und Raumfahrtindustrie. Beim Kommersant hatte er das Themenfeld von seinem Vater übernommen, der auch Iwan Safronow hieß und 2007 nach einem Sturz aus dem fünften Stock starb. Die Ermittler entschieden damals, es sei Selbstmord gewesen. Wie zuvor sein Vater schrieb auch der Sohn mitunter über Waffenexporte, im März 2019 zum Beispiel über die Lieferung russischer Kampfjets nach Ägypten. Kommersant musste diesen Text später von der Internetseite löschen. Nachdem Safronow verhaftet worden war, verteidigte die Kommersant-Redaktion ihn in einer öffentlichen Stellungnahme. Der 30-Jährige sei einer "der besten Journalisten des Landes" und der Verdacht gegen ihn "absurd". Im Text wird auch an den Meduza-Reporter Iwan Golunow erinnert, der voriges Jahr wegen fabrizierter Vorwürfe festgenommen und nach heftigen Protesten wieder freigelassen worden war.

Auch für Safronow demonstrierten am Dienstag Kollegen und Unterstützer vor dem Sitz des Geheimdienstes in Moskau. Einige von ihnen wurden festgenommen. Safronow drohen bei einer Verurteilung 20 Jahre Gefängnis. Das Verfahren findet vermutlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Ein Anwalt wurde Medienberichten zufolge zunächst nicht zu dem Festgenommen vorgelassen.

© SZ vom 08.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Russland
:Iwan Golunows brisante Recherchen

Die vorübergehende Festnahme des bekannten Journalisten sollte vermutlich einen Artikel über das korrupte Beerdigungsgeschäft in Russland verhindern. Nun erscheint der Text trotzdem.

Von Silke Bigalke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: