Flugzeugabsturz:Russland bestätigt Prigoschins Tod

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Eine Frau legt in Moskau eine Kerze für Jewgenij Prigoschin ab. Der Söldnerchef starb am Mittwoch bei einem Flugzeugabsturz. (Foto: Natalia Kolesnikova/AFP)

Behörden identifizieren alle zehn Absturzopfer. Unter ihnen sei der Chef der Söldnertruppe Wagner.

Vier Tage nach einem rätselhaften Flugzeugabsturz haben russische Behörden offiziell den Tod des Chefs der Söldnertruppe Wagner, Jewgenij Prigoschin, bestätigt. Das meldete die Agentur Tass am Sonntag unter Berufung auf das Staatliche Ermittlungskomitee. Nach Identifizierung aller zehn Opfer eines Flugzeugabsturzes stehe fest, dass Prigoschin dazu gehöre. "Im Rahmen der Aufklärung des Flugzeugabsturzes im Gebiet Twer wurde eine molekular-genetische Expertise durchgeführt", teilte das Ermittlungskomitee demnach mit.

Nach dem Absturz der Maschine beruhte die Nachricht vom Tod Prigoschins vor allem darauf, dass sein Name auf der Passagierliste der Fluggesellschaft stand. Auch der militärische Anführer der Söldnertruppe, der Ex-Geheimdienstoffizier Dmitrij Utkin, und andere Führungsfiguren von Wagner kamen ums Leben. Die Ursache des Absturzes ist offiziell nicht geklärt. Allerdings gehen weite Teile der russischen Öffentlichkeit wie auch westliche Regierungen davon aus, dass der Privatjet gezielt zum Absturz gebracht wurde. Prigoschin, 62, hatte zwei Monate zuvor im Juni eine Meuterei gegen die russische Militär- und Staatsführung angezettelt. Präsident Wladimir Putin nannte ihn damals einen Verräter.

Kritik an der russischen Militärführung

Nach den ersten Nachrichten über Prigoschins Tod sprach Putin von einem talentierten Menschen, der aber schwere Fehler gemacht habe. Eine Verwicklung in den Absturz dementierte der Kreml. Wegen seiner Kritik an Korruption und Unfähigkeit der Militärführung im Angriffskrieg gegen die Ukraine war Prigoschin bei vielen Russen populär. Die Söldnertruppe Wagner kämpfte in der Ukraine, aber auch in Syrien und in vielen afrikanischen Ländern.

Eine Truppe rechtsgerichteter russischer Paramilitärs droht derweil angeblich mit Befehlsverweigerung im Ukraine-Krieg, weil einer ihrer Anführer in Finnland inhaftiert ist. Die russische Regierung solle eine Ausreise des 36-Jährigen nach Russland durchsetzen, fordert die Miliz Rusitsch. Darüber berichtete das US-amerikanische Institut für Kriegsstudien ISW am Sonntag. "Wenn ein Land seine Bürger nicht schützt, warum sollen die Bürger dann das Land schützen?", hieß es auf einem Rusitsch-Kanal auf Telegram.

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Der inhaftierte Russe wird verdächtigt, 2014 und 2015 bei Kämpfen in der Ostukraine Gräueltaten gegen ukrainische Soldaten begangen zu haben. Die Ukraine verlangt deshalb seine Auslieferung. Das Bezirksgericht von Vantaa bei Helsinki verlängerte am Freitag den Gewahrsam gegen den Mann, wie der finnische Rundfunk Yle berichtete. Der einschlägig bekannte Rechtsextremist sei schon im Juli wegen eines Verstoßes gegen Aufenthaltsbestimmungen festgesetzt worden. Er soll nach Angaben russischer Paramilitärs im finnischen Gefängnis bereits von Beamten des ukrainischen Geheimdienstes SBU vernommen worden sein.

Die russische Botschaft in Helsinki begann nach diesen Angaben sich erst um den Fall zu kümmern, als die Haftprüfung in Vantaa anstand. Die Paramilitärs von Rusitsch werden oft zu Aufklärungs- und Sabotageaktionen eingesetzt. Sie kooperieren angeblich eng mit der Privatarmee Wagner. Finnland hat wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine seine Neutralität aufgegeben und ist der Nato beigetreten. Die Einreise von Russen wurde bis auf wenige Ausnahmen gestoppt.

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