Ermittlungen gegen "Gruppe Reuß":Erste Anklage nach großer Reichsbürger-Razzia erhoben

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Eine Person wird im Dezember 2022 in Karlsruhe von Polizisten aus einem Hubschrauber gebracht. Die Bundesanwaltschaft ließ damals mehrere Menschen aus der Reichsbürgerszene festnehmen. (Foto: Uli Deck/dpa)

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen 27 Tatverdächtige erhoben. Es geht auch um angebliche Pläne zur Erstürmung des Bundestags.

Die Bundesanwaltschaft hat nach der großangelegten Anti-Terror-Razzia gegen sogenannte Reichsbürger im Dezember 2022 erstmals Anklage erhoben. Es geht um 27 Tatverdächtige, wie die Behörde in Karlsruhe mitteilte. Sie wirft ihnen Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Die Verfahren sollen vor den Oberlandesgerichten in Frankfurt am Main, München und Stuttgart geführt werden. Diese müssen entscheiden, ob sie die Anklage zulassen und einen Prozess ansetzen.

Etwa 3000 Polizistinnen und Polizisten waren am 7. Dezember 2022 an einer Großrazzia gegen die "Patriotische Union" beteiligt. 25 Frauen und Männer wurden an dem Tag unter dem Verdacht festgenommen, einen Staatsstreich geplant zu haben. Darunter waren die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann und ein Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr. Als einer der Rädelsführer der Gruppe gilt der Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß. Recherchen von Süddeutscher Zeitung , NDR und WDR zeigten, dass die Gruppe offenbar mehr Mitstreiter aus Bundeswehr und Polizei hatte als bekannt.

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Mehr als 425 000 Seiten Akten haben die Ermittler zusammengetragen, nun sollen 27 Beschuldigte der "Gruppe Reuß" vor Gericht. Dabei geht es auch um angebliche Pläne zur Erstürmung des Bundestags. Fragen und Antworten zu einem Mammutverfahren.

Von Sebastian Erb und Jörg Schmitt

Die Beschuldigten sollen vorgehabt haben, das politische System in Deutschland zu stürzen. Sie hätten bewusst Tote in Kauf genommen, hatten die Ermittler damals erklärt. Strukturen für eine eigene Staatsordnung hätten sie in Grundzügen schon ausgearbeitet. Als Staatsoberhaupt hätte Heinrich XIII. Prinz Reuß fungieren sollen. Posten in der neuen Regierung seien auch schon verteilt gewesen: So hätte die ehemalige Richterin Malsack-Winkemann für Justiz zuständig sein sollen.

Geplant war, ins Reichstagsgebäude einzudringen und Abgeordnete festzunehmen

Zentrales Gremium der Gruppe sei ein "Rat". Mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkriegs hätte eine Übergangsregierung die neue staatliche Ordnung in Deutschland verhandeln sollen. Zentraler Ansprechpartner für diese Verhandlungen sei aus Sicht der Vereinigung die Russische Föderation. Ein "militärischer Arm" sollte den demokratischen Rechtsstaat auch auf Ebene der Gemeinden, Kreise und Kommunen "beseitigen", hieß es.

Für den Umsturz seien gezielt Soldaten und Polizisten angesprochen worden, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Ehemalige Soldaten der Gruppe haben den Ermittlungen zufolge intern zudem erstaunlich offen über den Plan gesprochen, in das Reichstagsgebäude einzudringen und Regierungsvertreter und Abgeordnete festzunehmen.

Die Menge an Beweismitteln für das Verfahren ist immens. Mehr als 425 000 Seiten Akten haben die Ermittler insgesamt zusammengetragen, rund 850 Ordner. Die Ermittler hörten über Monate Telefonate ab und observierten Treffen. Gegen manche der Verdächtigen wurde Spähsoftware auf den Handys installiert. Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen insgesamt 69 Personen der "Gruppe Reuß".

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