Russlands Krieg gegen die Ukraine:Putin warnt den Westen

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Zwei Stunden lang redete Russlands Präsident Wladimir Putin vor Vertretern aus Politik, Wirtschaft ,Kultur und Religion (Foto: Alexander Zemlianichenko/AP)

In seiner Rede an die Nation schiebt Russlands Präsident der Nato und ihren Verbündeten ein weiteres Mal die Schuld für den Krieg in der Ukraine zu. Und er droht mit einer Eskalation des Konflikts.

Von Gökalp Babayiğit und Nicolas Richter

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sein Land auf einen Konflikt mit den Nato-Staaten eingeschworen und seine Warnungen vor der Gefahr eines Atomkriegs bekräftigt. Zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl richtete Putin in seiner jährlichen Ansprache vor der Föderalen Versammlung am Donnerstag deutliche Worte an die USA und deren Verbündete. Er wiederholte darin seine Behauptung, der Westen wolle Russland von innen heraus spalten. Der Krieg in der Ukraine ist laut Putins Propaganda dabei ein Instrument der Nato, um Russland zu schwächen.

Als Reaktion auf die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angestoßene Debatte über einen Einsatz von Nato-Bodentruppen in der Ukraine sagte Putin, die Folgen eines solchen Schritts könnten "tragisch" sein. Er wiederholte frühere Drohungen und sagte, der Westen riskiere damit einen Nuklearkonflikt.

Die westlichen Staaten sollten daran denken, dass auch Russland Waffen habe, die auf ihrem Gebiet Ziele treffen könnten, sagte er in Moskau vor mehr als tausend Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion. Putin betonte, dass eine Eskalation und ein Einsatz von Atomwaffen zur "Auslöschung der Zivilisation" führen könnten. Es handele sich nicht um einen "Trickfilm", sagte er. "Begreifen sie das nicht?"

Mehrere Staaten haben sich von Äußerungen des französischen Präsidenten Macron distanziert

Putin bezog sich auf Äußerungen des französischen Präsidenten Macron, ohne ihn beim Namen zu nennen. Dieser hatte nach einem Treffen mit Verbündeten am Montagabend in Paris erklärt: "Es gibt heute keinen Konsens darüber, offiziell Bodentruppen zu entsenden. Aber in der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann."

Es ist nicht das erste Mal, dass Putin an Russlands Atomwaffen erinnert. Seit Jahren greift er als Abschreckung gerne auf dieses Mittel zurück. Bereits am Mittwoch hatte Dmitrij Medwedjew, früher Präsident und heute einer der Hardliner unter den russischen Propagandisten, auf Macrons Aussagen reagiert. "In Verbindung mit dem jüngsten Wunsch, Frankreichs Atomwaffenarsenal mit allen willigen Europäern zu teilen, scheint Macrons Sprachinkontinenz zu einem anhaltenden und schmerzhaften Problem geworden zu sein", schrieb Medwedjew auf seinem Telegram-Kanal.

Mehrere Staaten, darunter die USA und Großbritannien, hatten sich umgehend von Macrons Äußerungen distanziert. Besonders deutliche Ablehnung kam von Bundeskanzler Olaf Scholz. "Als deutscher Bundeskanzler werde ich keine Soldaten unserer Bundeswehr in die Ukraine entsenden", sagte er in einem am Mittwoch veröffentlichten Video. "Die Nato ist - und wird - keine Kriegspartei. Dabei bleibt es", fügte er hinzu. Er wolle nicht, dass sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato auswachse.

In Berlin wurde Putins Rede aufmerksam verfolgt. Mehrere Bundestagsabgeordnete warnten davor, sich von Putin einschüchtern zu lassen. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen zum Beispiel sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Es ist ein schwerer Fehler, die Drohungen Putins zum Maßstab unseres Handelns zu machen. Das nimmt Putin zu Recht als Schwäche wahr, und unsere Schwäche ermuntert Putin zur nächsten Drohung oder Gewaltanwendung." Röttgen betonte: "Atomwaffen sind für ihn keine Option, weil er damit China als wichtigsten Verbündeten verlieren würde und die amerikanische Abschreckung funktioniert."

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Für deutsche Beobachter war auch der Konflikt in Transnistrien ein Thema. "Auch wenn Transnistrien in Putins heutiger Rede keine Rolle gespielt hat, muss man damit rechnen, dass der gestrige Ruf aus Tiraspol bei passender Gelegenheit für den Versuch genutzt wird, Transnistrien von der Republik Moldau abzuspalten", sagte Nils Schmid, der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. "Dem müssen wir uns entgegenstellen und alles dafür tun, Moldau weiter zu stabilisieren, ihre territoriale Integrität zu bewahren und die EU-Beitrittsbestrebungen weiter zu unterstützen. Gleiches gilt für die Ukraine, der wir in ihrem Abwehrkampf gegen den russischen Aggressor weiter zur Seite stehen müssen, um Putins expansionistische Bestrebungen zu stoppen."

Den Großteil seiner zweistündigen Rede, die live im russischen Fernsehen übertragen wurde, nutzte Putin für innenpolitische Themen und soziale Versprechen an das Volk. So rief er ein neues nationales Unterstützungsprogramm für Familien aus. Für die Modernisierung des Gesundheitswesens sagte er eine Billion Rubel (rund zehn Milliarden Euro) an neuen Haushaltsmitteln zu. Die Bestätigung des Präsidenten bei der Abstimmung am 17. März gilt als sicher: Es ist keine Opposition zugelassen.

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