Rechter Terror:Neue Drohschreiben des "NSU 2.0" aufgetaucht

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Hessens Innenminister Peter Beuth und Roland Ullmann, der neue Landespolizeipräsident (Foto: dpa)

Neben der Linken-Politikerin Wissler und der Kabarettistin Baydar sind nun auch Hessens Innenminister Beuth und der Journalist Yücel von rechtsextremen Bedrohungen betroffen. Und eine Strafverteidigerin aus München.

Nach einer Serie von rechtsextremen Drohschreiben sind erneut weitere Fälle bekanntgeworden. Ein anonymer Verfasser habe am Freitag mindestens zwei E-Mails mit identischem Inhalt an insgesamt 15 Adressaten geschickt - unterzeichnet mit "NSU 2.0", berichtete die Welt am Sonntag. Zu den Empfängern sollen neben Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) auch die Linken-Politikerin Janine Wissler und die Kabarettistin Idil Baydar gehören, die schon früher Drohschreiben erhalten hatten. Auch nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ging eine neue derartige E-Mail an eine Reihe von in der Öffentlichkeit bekannten Empfängern. Auch der neue hessische Polizeipräsident Roland Ullmann wird offenbar darin erwähnt.

Die Welt am Sonntag berichtete, in dem ihr vorliegenden Schreiben tauche erstmals auch der Name des W elt-Korrespondenten Deniz Yücel auf. Yücel sagte dem Blatt: "Ich finde es verstörend, dass ich erst durch die Recherchen meiner Welt-Kollegen von diesem Drohschreiben erfahren habe." Weder die Polizei in Hessen noch in Berlin, wo Yücel lebt, hätte sich bislang mit ihm in Verbindung gesetzt. Yücel war wegen des Vorgehens der türkischen Justiz gegen ihn immer wieder in den Schlagzeilen - jüngst wurde er in Abwesenheit wegen Terrorpropaganda zu zwei Jahren und fast zehn Monaten Haft verurteilt.

Zwei weitere Frauen Adressatinnen von Drohschreiben

Ein Sprecher des hessischen Innenministeriums in Wiesbaden sagte, bei solchen Drohmails entscheide die zuständige Staatsanwaltschaft, was der Öffentlichkeit mitgeteilt werden könne. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Der Sprecher des hessischen Innenministeriums sagte, mit rechtsextremistischen Mails bedrohte Bürger, die überwiegend in Hessen lebten, würden vom Landeskriminalamt des Bundeslandes kontaktiert. Es bewerte die Bedrohung und treffe "die entsprechenden Schutzmaßnahmen". Bei Bürgern anderer Bundesländer würden gegebenenfalls die dortigen zuständigen Behörden informiert.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete außerdem, dass neben den bislang bekannten Fällen auch zwei weitere Frauen Ziel von Drohschreiben gewesen seien. Eine Berliner Kolumnistin sowie eine Strafverteidigerin aus München hätten der Zeitung gesagt, die hessische Polizei habe sie im vergangenen Jahr informiert, dass Briefe abgefangen worden seien, die derselben Quelle zugerechnet würden. Beide Frauen wollten zu ihrem Schutz anonym bleiben.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in Deutschland bereits wegen mehrerer Fälle von rechtsextremen Drohschreiben. Einige der Mails waren mit "NSU 2.0" unterzeichnet. In drei Fällen waren zuvor persönliche Daten der Betroffenen von hessischen Polizeicomputern abgefragt worden. Inzwischen schließt Landesinnenminister Beuth nicht mehr aus, dass es ein rechtes Netzwerk in der hessischen Polizei geben könnte. Ein Sonderermittler wurde eingesetzt.

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