Es ist dies der Anfang vom schnellen Ende des Wulff-Prozesses. Das Gericht hat die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit angeregt, offenbar ohne jede Geldbuße, ohne jede Auflage - nach aufgelaufenen Ermittlungs- und Prozesskosten von schätzungsweise vier Millionen Euro. Weil aber die nach wie vor sture Staatsanwaltschaft nicht zustimmen mag und der Angeklagte ein verständliches Interesse hat an der Wiederherstellung seiner Ehre per Urteil und nicht bloß durch einen Einstellungsbeschluss, wird das Verfahren im Januar noch ein wenig weitergehen.
Dann wird das Gericht die Beweisaufnahme vorzeitig beenden, es wird Staatsanwaltschaft und Verteidigung plädieren lassen - und dann wohl einen Freispruch für Wulff verkünden. Die Anregung der Einstellung des Verfahrens ist die verklausulierte Ankündigung dieser Absicht. Die Staatsanwaltschaft sollte daher jetzt in sich gehen. Es wäre nun ein Akt juristischer Souveränität und die gebotene Form der Entschuldigung für exzessive und obsessive Ermittlungen bei Wulff, wenn sie selbst den Freispruch beantragen würde.
Der Richter hat zu erkennen gegeben, dass es Anzeichen für eine beachtliche strafrechtliche Schuld nicht gibt, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft nicht einmal ansatzweise bestätigt wurden, dass eine lange Fortsetzung des Strafprozess also sinnlos geworden ist. Die Anklage ist wegen 753 Euro und 90 Cent erhoben worden. Von diesem Betrag sind nach den bisherigen Verhandlungstagen allenfalls noch zweimal 70 Euro für ein Essen am Oktoberfest übrig geblieben (und auch das nur, wenn man Wulff böse will).
Sinnlos von Anfang an
Der Strafprozess ist sinnlos geworden? Er war sinnlos wohl von Anfang an. Die Hauptverhandlung hätte gar nicht stattfinden dürfen. Der Sinn dieser Gerichtsverhandlung besteht allenfalls darin, die Voreingenommenheit der Ermittlungen zu demonstrieren und dem Angeklagten, der nicht hätte angeklagt werden dürfen, formell die durch die Anklage geraubte Ehre wiederzugeben. Die Anklage war von harten Vorwürfen und harten Beweisen nicht getragen.
Getragen war sie nur von einem Rigorismus der Ermittler, der schon fast an Fanatismus grenzte. Die Ermittler haben Wulff behandelt wie einen korruptiven Amokläufer, sie haben in seinem beruflichen und privaten Leben jedes Steinchen umgedreht, so als könnte sich daraus eine Art Lebensführungsschuld ergeben. Sie haben die Personenschützer so intim befragt, als gäbe es für ein Ex-Staatsoberhaupt keinerlei Persönlichkeitsschutz.