Im Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff regt Richter Frank Rosenow die Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit an. Ausschlaggebend dafür sei die mangelnde strafrechtliche Relevanz der Vorwürfe, außerdem habe bislang keine bewusste Entgegennahme von Vorteilen festgestellt werden können, sagte der Vorsitzende Richter am Donnerstag im Landgericht in Hannover in seinem Zwischenfazit.
Die Staatsanwaltschaft lehnte den Vorschlag des Gerichts, das Verfahren einzustellen, jedoch nach einer kurzen Beratung ab. "Die Zwischenbilanz der Kammer überzeugt uns nur teilweise", sagte Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer. Aus seiner Sicht gebe es nach wie vor ausreichend viele Hinweise darauf, dass Wulff sich wissentlich von dem Filminvestor David Groenewold habe einladen lassen.
Wulffs Verteidigung wertete die Stellungnahme Rosenows als Erfolg. "Das Zwischenergebnis bestätigt die Verteidigung", sagte Verteidiger Bernd Müssig. Dennoch scheinen auch Wulff und seine Anwälte dem Vorschlag des Gerichts nicht zustimmen zu wollen. "Wir werden unserem Mandanten weiter raten, für seinen Freispruch zu kämpfen." Eine Einstellung "mit oder ohne Auflagen" komme nicht in Betracht, sagte Anwalt Michael Nagel nach der Verhandlung.
Die Chancen für einen Freispruch stehen nun nicht schlecht. Die Einlassungen des Gerichts deuten darauf hin.
Zuvor war der Prozess mit der Befragung einer Oktoberfest-Bedienung fortgesetzt worden. Die Österreicherin konnte sich jedoch kaum an den Besuch Wulffs im Käfer-Festzelt vor fünf Jahren erinnern. Wegen gesundheitlicher Probleme wurde die 30-jährige Zeugin in Innsbruck vernommen und die Befragung per Video in das Landgericht Hannover übertragen.
Der frühere Bundespräsident Wulff muss sich vor dem Landgericht Hannover wegen Vorteilsannahme verantworten, weil beim Besuch des Oktoberfests 2008 Filminvestor David Groenewold Hotel- und Essenskosten bezahlt haben und Wulff im Gegenzug für eines seiner Filmprojekte geworben haben soll. Groenewold muss sich wegen Vorteilsgewährung verantworten.
Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte Wulff angeboten, das Verfahren gegen die Zahlung einer Geldauflage von 20.000 Euro einzustellen. Wulff lehne dies ab. Seit 14. November steht der ehemalige Bundespräsident vor dem Landgericht Hannover.
Die Große Strafkammer hatte zunächst 22 Verhandlungstage bis zum April 2014 anberaumt und 45 Zeugen benannt, darunter Leibwächter, Hotelpersonal und ehemalige Mitarbeiter der niedersächsischen Staatskanzlei sowie Prominente.