Südostasien:Fahnenflucht

Lesezeit: 2 min

Will es noch einmal wissen: Thailands Premierminister Prayut Chan-ocha. (Foto: MANAN VATSYAYANA/AFP)

Thailands umstrittener Premier Prayut Chan-ocha hat seine erneute Kandidatur bekannt gegeben - und dabei für eine große Überraschung in seiner Partei gesorgt.

Von David Pfeifer, Bangkok

Am Freitag trat General Prayut Chan-ocha, 68, Premierminister von Thailand, im Regierungsgebäude vor die Presse und verkündete, dass er erneut kandidieren werde - allerdings nicht mehr für die Partei, die er bisher vertreten hat. "Ich habe die Situation bezüglich der Nominierung der Premierministerkandidaten der einzelnen Parteien verfolgt", sagte er, und gab seinen Wechsel zur Partei Ruam Thai Sang Chart bekannt. Es war eine Reaktion auf die Absichten der regierenden Partei Palang Pracharath, statt Prayut dessen alten Weggefährten, General Prawit Wongsuwan, 77, als Kandidaten aufzustellen.

Beide Generäle waren bei einem Coup im Jahr 2014 an die Macht gekommen und haben sich im Jahr 2019 bei einer halbdemokratischen Wahl bestätigen lassen, bei der das Militär im Vorfeld Sitze im Parlament garantiert bekam. Nicht unähnlich der Regelung, die die Junta im benachbarten Myanmar installiert hatte, bevor sie die Macht im vergangenen Jahr wieder komplett an sich riss.

In der vergangenen Woche reisten Abgesandte der Junta aus Myanmar zu informellen Gesprächen mit thailändischen Ministern nach Bangkok, auch Vertreter der Regierungen von Kambodscha, Laos und Vietnam kamen, um "Wege zu einer Rückkehr zur Normalität zu finden", wie die Nachrichtenagentur Reuters einen kambodschanischen Beamten zitierte. Indonesien, Malaysia, Singapur und die Philippinen lehnten die Einladung ab. Das "National Unity Governement", Myanmars Schattenregierung, forderte daraufhin die ASEAN-Länder auf, nicht von ihrer Politik abzuweichen, die Militärführer des Landes von ihren Treffen auszuschließen.

Spott über Flip-Flop-Politik der Regierung

Aber natürlich hat man unter Generälen eine anderes Verständnis von Politik. Eine der drängendsten Fragen dürfte also sein: wie viele Stimmen kann Prayut auf sich ziehen, wenn sein Gegenkandidat ebenfalls ein Vertreter des Militärs ist. Im vergangenen Jahr suspendierte das Oberste Gericht Prayut kurze Zeit, weil zu klären war, ob er seine achtjährige Amtszeit nicht schon überschritten habe. Schon damals übernahm Prawit Wongsuwan.

"Letzten Endes hängt es von den Menschen ab, ob sie mich unterstützen werden oder nicht" sagte Prayut. Es könnte allerdings sein, dass er seine Zustimmungswerte überschätzt. Die Regierung hatte sehr strikte Covid-Ausnahmeregelungen ausgesprochen, um die aufkeimende Demokratiebewegung niederzudrücken. Thailand, das mit etwa 20 Prozent des Bruttosozialprodukts am Tourismus hängt, wurde von Zero-Covid-Konzepten, die man aus China übernommen hatte, in große Not gestürzt. Im Land wurden die immer neuen Regelungen zu Einreise und Quarantäne als "Flip-Flop-Politik" verspottet. Prayut machte bei all dem keine gute Figur.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Als Chinas Staatschef Xi Jinping zum Gipfel APEC 2022 nach Bangkok kam, sah es so aus, als wolle er Prayut nicht einmal die Hand schütteln. Es gab sogar eine Pressemeldung der Regierung zu dem Thema, in der behauptet wurde, dass Xi Jinping aufgrund der harten Covid-19-Regeln in China keine Hände schüttele. Am Tag zuvor aber hatte er dem kanadischen Premier Justin Trudeau auf dem G 20-Gipfel sogar nach einem Streit im Weggehen die Hand hingestreckt. Man konnte also durchaus den Eindruck haben, Prayut sei schon auf dem Weg in den Ruhestand, ohne es selbst zu begreifen.

"Ich muss mich so entscheiden, weil viele Dinge, die ich im Laufe der Jahre getan habe, eine Kontinuität der Arbeit über einen bestimmten Zeitraum erfordern", sagte er am Freitag. Obwohl seine Regierung durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen sei, würde sie Entwicklungspläne in allen Provinzen vorantreiben. Auf die Frage, ob er General Prawit bezüglich seines Plans konsultiert habe, sagte Prayut: "Vergessen Sie nicht, dass die Beziehungen zwischen Soldaten sehr eng sind." Ihr Verhältnis sei unverändert. Im kommenden Mai soll gewählt werden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Thailändische Spitzenküche
:Die Aromafrau

In Bangkok hat während der Pandemie das "Potong" eröffnet. Nur 18 Monate später gilt das kleine Lokal als eine der besten Empfehlungen der Stadt, und seine 33-jährige Chefin räumt einen Preis nach dem anderen ab. Die Geschichte eines Traumstarts.

Von David Pfeifer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: