Philippinen:Schulterschluss am Südchinesischen Meer

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Hassliebe für die ehemalige Kolonialmacht: Ein philippinischer Soldat spielt auf dem Amerikanischen Friedhof in Manila zur Ehre hier beigesetzter GIs und alliierter Soldaten. (Foto: Aaron Favila/AP)

Die USA investieren verstärkt in Stützpunkte in dem Inselstaat. Das Wiederaufleben der traditionellen Militärallianz zwischen Manila und Washington hat viel mit den Ansprüchen Chinas und den Spannungen um Taiwan zu tun.

Von Arne Perras

Als Rodrigo Duterte noch Staatschef in Manila war und den philippinischen Dirty Harry gab, machte sich unter Sicherheitspolitikern in den USA immer wieder Unruhe breit. Der Anti-Drogen-Krieg, der Dutertes blutige Handschrift trug und die Menschenrechte verhöhnte, belastete die Beziehungen schwer, weil Washington offene Kritik an einem Verbündeten in der pazifischen Region äußerte und Duterte das als arrogante Einmischung zurückwies. Noch schwerer allerdings wogen für die USA Befürchtungen, dass Duterte sein Land stärker an Peking binden könnte. Für Strategen in Washington eine schlimme Vorstellung.

Meldungen am Dienstag gelten nun allerdings als starkes Indiz, dass Dutertes Schwenk nach Peking doch nur eine flüchtige Episode gewesen ist. Sein Nachfolger zumindest, Ferdinand Marcos Junior, hat signalisiert, dass er die Allianz mit Washington wieder stärken möchte. Was das konkret bedeutet, ist nun in einer Mitteilung des philippinischen Verteidigungsministeriums nachzulesen: Die USA investieren in den Ausbau philippinischer Militärstützpunkte.

Wollte die Junta in Myanmar wieder zu Asean-Treffen einladen: der neue Präsident der Philippinen, Ferdinand Marcos Jr. (Foto: Sean Kilpatrick/AP)

Zunächst sind dafür lediglich 66 Millionen Dollar angesetzt, eine sehr überschaubare Summe; doch es gibt wenig Zweifel, dass dies erst der Anfang einer neuen Phase ist, weshalb die Nachricht als ein starkes Signal der Regierung Biden gilt: Die USA setzen auf die Philippinen als den vielleicht wichtigsten militärischen Vorposten im westlichen Pazifik und drängen damit chinesischen Einfluss zurück.

Die USA zeigen Präsenz in einem Meeresgebiet, das Peking für sich beansprucht

Dass dieses Signal zeitlich mit dem G-20-Gipfel in Bali zusammenfällt, dürfte kaum ein Zufall sein. Es stärkt zugleich eine schon 70 Jahre lang währende Militärallianz zwischen Washington und Manila, die im Kern auf einen gegenseitigen Verteidigungspakt von 1951 aufbaut. Einfach waren die Beziehungen nie, vielerorts auf den Philippinen ist eine starke Hassliebe für die ehemalige Kolonialmacht USA spürbar. Manila hat schon lange die einstige Praxis aufgegeben, Militärstützpunkte ganz an die USA zu vergeben. Nun allerdings zeichnet sich ab, dass beide Länder wieder enger kooperieren werden, als es Duterte zuletzt zugelassen hatte.

Der Ausbau von Militärstützpunkten soll weitergehen. Wie Bartolome Baccaro, Chef der philippinischen Streitkräfte, bestätigte, haben die USA vorgeschlagen, fünf weitere Stützpunkte in das sogenannte EDCA-Programm einzubeziehen, das ist das Kürzel für "Enhanced Defense Cooperation Agreement". EDCA war bereits 2014 unterzeichnet worden, kam aber unter Duterte kaum voran. Es ermöglicht den USA, Truppen und Gerät auf philippinischen Stützpunkten zu rotieren. Es gehört zu einer Reihe von Abkommen, die eine US-Präsenz an der östlichen Flanke des Südchinesischen Meeres garantieren, jenem strategisch wichtigen Meeresgebiet, das nahezu komplett von Peking reklamiert wird.

Armeechef Bartolome Vicente Baccaro spricht vom Ausbau der amerikanischen Militärstützpunkte im Land. (Foto: Aaron Favila/AP)

Die maritimen Vorstöße Pekings haben nicht nur Konflikte mit den Philippinen, sondern weiteren Nachbarn heraufbeschworen, die ihrerseits territoriale Rechte in einer Region einfordern, durch die ein Drittel des globalen Handels verschifft wird. China betrachtet die US-Präsenz als unzulässige Einmischung in seiner Nachbarschaft. Für die USA ist sie der Garant der pazifischen Nachkriegsordnung und eines freien Welthandels.

Analysten sehen die verstärkte Militärkooperation zwischen Washington und Manila auch als Reaktion auf die aggressive Rhetorik Pekings mit Blick auf Taiwan. Der Politologe Richard Heydarian, der auf den Philippinen forscht und lehrt, betont in diesem Zusammenhang, dass die "Geografie der Philippinen zunehmend als unerlässlich für die Einsatzprioritäten des Pentagons in der Region gesehen wird." Etwas weniger kryptisch formuliert: Die Philippinen sind noch etwas näher dran an Taiwan als der andere wichtige US-Verbündete Japan. Sollte es irgendwann zum Krieg wegen Taiwan kommen, dann weiß Peking, dass die USA Zugang zu den nördlichen Stützpunkten auf den Philippinen bekommen.

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Die Spannungen um Taiwan lenken die Aufmerksamkeit auf eine bislang wenig beachtete Insel: Mavulis (Y'Ami) heißt sie und markiert den nördlichsten Punkt des philippinischen Staatsgebiets. Sie liegt nur etwa 140 Kilometer von der Südspitze Taiwans entfernt. Manila baut dort einen Militärstützpunkt aus, die Armee hat chinesische Versuche blockiert, in dem Gebiet als Investor Fuß zu fassen. Allerdings ist offen, ob die jüngsten Überlegungen zur verstärkten US-Präsenz auch den Vorposten Mavulis einbeziehen.

Offiziell ist Manila bemüht, einen direkten Zusammenhang zwischen der Taiwan-Krise und der verstärkten Allianz mit den USA zu bestreiten, Marcos bezeichnet seine Außenpolitik als "unabhängig". Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte Nikkei Asia, dass das EDCA-Programm "nicht wegen Taiwan beschleunigt" werde. Doch der Eindruck, dass sich beides gar nicht voneinander trennen lässt, hat sich längst verfestigt.

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