Die Olympionikin Claudia Pechstein hat Kritik an ihrem Auftritt bei einer CDU-Veranstaltung in Polizeiuniform zurückgewiesen. Die Eisschnellläuferin sagte der Bild -Zeitung, sie sei kein CDU-Mitglied, sondern bei der CDU zu Gast gewesen - "und zwar als Sportlerin, Beamtin und Bundespolizistin". Gemäß Polizeidienstvorschrift sei das Tragen der Uniform außerhalb des Dienstes erlaubt und nur bei Krankheit oder der Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes verboten, sagte sie weiter. "Ein ausdrückliches Verbot des Uniformtragens auf Parteiveranstaltungen besteht nicht", so Pechstein.
Die Wintersportlerin ist Bundespolizei-Beamtin. Sie trat am Samstag auf einem CDU-Konvent in Berlin in Uniform auf und löste damit am Wochenende Diskussionen aus. Beamte unterliegen nach dem Beamtenrecht der Neutralitätspflicht.
Pechstein sagte der Bild weiter, es sei ihr eine Ehre, die Uniform zu tragen und sie würde dies auch wieder tun. Ihren eigenen Angaben zufolge hatte Pechstein laut Bild im Vorfeld des Auftritts sowohl einen Gewerkschaftsvertreter der Bundespolizei als auch einen Vorgesetzten angefragt. Der Auftritt in Uniform sei ihr freigestellt worden, so Pechstein.
Dienstrechtliche Prüfung läuft
Die Bundespolizei hat nach der Rede von Claudia Pechstein in Polizeiuniform bei einem CDU-Konvent eine dienstrechtliche Prüfung eingeleitet. Man habe am Samstagmittag von dem Vorgang erfahren und die Prüfung unverzüglich begonnen, teilte ein Sprecher am Sonntag mit.
Der SPD-Innenpolitiker Sebastian Fiedler schrieb nach Pechsteins Auftritt auf Twitter: "Eine Polizeibeamtin in Uniform schwingt Parteitagsreden? Ich reibe mir gerade ungläubig die Augen." Er fordere vom Bundesinnenministerium Transparenz und Nachbereitung dazu. Fiedler nutzte in seinem Tweet den Hashtag #Neutralitätspflicht.
Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) schrieb auf Twitter: "Befasse mich seit 25 Jahren mit Beamten und Disziplinarrecht, nicht nur im Innenausschuss, dazu kommt Parteienfinanzierung und Zeugs - dieser Vorgang ist außerhalb von jeder tolerablen Möglichkeit."
CDU-Chef Friedrich Merz verteidigte den Auftritt und nannte die Kritik in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" eine Diskussion über "Äußerlichkeiten". "Der Auftritt war brillant", sagte er über den Inhalt von Pechsteins Rede. "Das Äußere interessiert mich nicht."
Wie viele andere Sportlerinnen und Sportler ist die Eisschnellläuferin bei der Bundespolizei angestellt und wurde im Laufe ihrer Karriere von deren Sportförderung unterstützt. Im Bundesbeamtengesetz heißt es: "Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben."
Die CDU will nichts davon gewusst haben, dass Pechstein in Uniform auftritt
Pechstein warb am Samstag auf dem Konvent in Berlin für eine Stärkung des Vereins- und Schulsports, forderte eine höhere finanzielle Entlohnung für Olympiasiege und erklärte, die CDU müsse sich auf "die traditionelle Familie" konzentrieren.
Sie forderte auch mehr Abschiebungen abgelehnter Asylsuchender. Das sorge für mehr Sicherheit im Alltag, so Pechsteins Ansicht. Öffentliche Verkehrsmittel "ohne ängstliche Blicke" nutzen zu können, gehöre zu "Alltagsproblemen", die besonders Ältere und Frauen belasteten, sagte Pechstein, ohne dafür Belege zu nennen oder dies in konkreteren Zusammenhang mit Aufenthaltstiteln zu setzen. Darüber werde "viel zu wenig gesprochen meiner Meinung nach". Dies sei wichtiger, "als darüber nachzudenken, ob wir ein Gendersternchen setzen oder ob ein Konzert noch deutscher Liederabend heißen darf oder ob es noch erlaubt ist, ein Zigeunerschnitzel zu bestellen", sagte Pechstein. Wie genau es zu mehr Abschiebungen kommen soll, führte Pechstein nicht im Detail aus. Sie nannte die Zahl von etwa 300 000 abgelehnten Asylsuchenden, die im Land bleiben, erklärte allerdings nicht, dass in vier Fünftel der Fälle eine Duldung besteht, diese Menschen also aktuell nicht abgeschoben werden können.
Eine CDU-Sprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass vor der Rede nicht klar gewesen sei, dass Pechstein eine Uniform der Bundespolizei tragen werde. Die Sportlerin habe ihrer Kenntnis nach aber eine Tragegenehmigung für die Uniform. Die Äußerungen Pechsteins wollte die Sprecherin nicht kommentieren.
Karin Prien, Schleswig-Holsteins Bildungsministerin und stellvertretende Parteivorsitzende, lobte am Sonntag auf Twitter den "exzellenten CDU-Grundsatzkonvent". "C. Pechstein sollte ihre Perspektive zu Sport und Ehrenamt beitragen", schrieb Prien. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte sich bisher nicht äußern.
Pechstein gewann bei Olympischen Winterspielen fünfmal die Goldmedaille, außerdem holte sie jeweils zweimal Silber und Bronze. Bei den Spielen 2022 in Peking durfte sie gemeinsam mit Bobpilot Francesco Friedrich bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne ins Olympiastadion tragen. Trotz ihrer mittlerweile 51 Jahre zählt Pechstein national noch immer zu den besten Eisschnellläuferinnen, internationale Medaillen sind für sie aber außer Reichweite geraten. Die Wintersportlerin war 2021 für die CDU in Berlin bei der Bundestagswahl angetreten, jedoch nicht ins Parlament eingezogen.