Berlin:Berliner Linke wollen beim Thema Enteignungen Druck machen

Lesezeit: 2 min

Historischer und moderner Wohnraum an der Frankfurter Allee im Bezirk Friedrichshain. (Foto: Wolfgang Kumm/dpa/Illustration)

Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will weiter Druck machen, um ein Gesetz zur Enteignung großer Wohnungskonzerne zu schaffen. "Wir müssen Motor für...

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa/bb) - Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus will weiter Druck machen, um ein Gesetz zur Enteignung großer Wohnungskonzerne zu schaffen. „Wir müssen Motor für die Umsetzung des Volksentscheides sein“, sagte der Sprecher für Mieten und Wohnen der Fraktion, Niklas Schenker, am Samstag bei einer Online-Klausurtagung der Linken-Abgeordneten. Nur die Linken seien der Garant, „dass das Thema auch in der Koalition sehr, sehr weit oben auf der Tagesordnung bleibt.“

Fraktionschefin Anne Helm unterstrich ebenfalls: „Der Auftrag, den die Berlinerinnen und Berliner dem Senat gegeben haben, der muss erfüllt werden.“ Sie sprach von einem „historischen Möglichkeitsfenster“ beim Thema „Demokratisierung von Gemeinwohl“.

Beim Volksentscheid parallel zur Abgeordnetenhauswahl am 26. September hatten gut 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Enteignung großer Wohnungsunternehmen in Berlin gestimmt. Die Hoffnung ist, dass durch diese Vergesellschaftung gegen finanzielle Entschädigung der Anstieg der Mieten gestoppt oder gebremst werden kann.

Der rot-grün-rote Senat, der sich in der Frage nicht einig ist, verständigte sich darauf, bis Ende März eine Expertenkommission einzusetzen. Sie soll klären, ob und wie der Volksentscheid verfassungsgemäß umgesetzt werden könnte. Nach einem Jahr soll das Gremium dem Senat eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen vorlegen.

Die Linken gehen im Unterschied nicht zuletzt zum Regierungspartner SPD davon aus, dass es in der weiteren Debatte nicht um das „Ob“ eines Enteignungsgesetzes gehen könne. Schließlich hätten zahlreiche Rechtsgutachten die grundsätzliche Zulässigkeit der Vergesellschaftung belegt.

Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Expertenkommission müsse ihren Fokus vielmehr auf das „Wie“ der Vergesellschaftung legen, heißt es in einem am Samstag einstimmig gefassten Beschluss der Fraktion. „Arbeitsziel sollte die Erarbeitung von Eckpunkten für ein möglichst rechtssicheres Gesetz sein, das vor den Gerichten Bestand hat.“

Die Linken sähen sich als Garant für die Umsetzung des Volksentscheides, heißt es in dem Beschluss. „Daran hindert uns auch keine Koalitionsraison.“ Und weiter: „Wir wollen Geschichte schreiben und zum ersten Mal überhaupt Artikel 15 Grundgesetz zur Anwendung bringen.“

In dem fraglichen Artikel heißt es: „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“

Die Kommission solle grundsätzlich und so weit wie möglich öffentlich tagen, fordern die Linken. Bei ihrer Arbeit solle es auch um ganz praktische Fragen einer Vergesellschaftung gehen. Dazu gehöre, welche Institution die fraglichen Wohnungen auf welche Weise bewirtschaften solle oder welche Miethöhen dabei angestrebt würden.

In regelmäßigen Abständen müsse die Kommission über ihre Zwischenergebnisse berichten und einen Austausch dazu mit Parlament, Senat, der Fachöffentlichkeit und der Zivilgesellschaft ermöglichen. Ein Viertel ihrer Mitglieder muss nach Meinung der Linken aus dem Unterstützerkreis der Enteignungs-Initiative kommen.

Ines Schwerdtner von der Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ äußerte die Erwartung, dass der Senat mit Blick auf die Kommission nun bald konkrete Schritte einleite. Schon zu lange sei nichts passiert. Das Bündnis sowie die Stadtgesellschaft müssten in die Prozesse einbezogen werden. Schwerdtner erneuerte die Forderung, dass ihre Initiative entsprechend des Ergebnisses des Volksentscheides 60 Prozent der Kommissionsmitglieder benennen darf. Das hatte Wohnsenator Andreas Geisel (SPD) bereits vor Wochen abgelehnt.

© dpa-infocom, dpa:220305-99-395557/4

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: