Ozeanien:Tuvalu entscheidet sich gegen Peking

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Das Funafuti-Atoll gehört zu Tuvalu. Auf den Inseln des Pazifikstaats leben etwa 11 000 Menschen. (Foto: Torsten Blackwood/AFP)

Die Abgeordneten des Inselstaats küren den Taiwan-freundlichen Juristen Feleti Teo zum Premierminister. Der Westen sollte sich jedoch nicht zu früh freuen.

Von Thomas Hahn, Tokio

Es dauerte länger als geplant, bis nach der Parlamentswahl in Tuvalu am 26. Januar endlich der neue Premierminister feststand. Es ging nicht anders. Der winzige Pazifikstaat mit seinen rund 11 000 Menschen besteht aus neun versprengten Inseln. Die meisten der 16 siegreichen Kandidaten mussten mit Schiffen zum Hauptatoll Funafuti gebracht werden, um im Parlament über den neuen Regierungschef abzustimmen. Die Bootsreisen dauern bis zu 27 Stunden.

Aber Sturm und hohe Wellen verhinderten sie zunächst. Deshalb ist erst jetzt, nach dreiwöchiger Verspätung, klar, dass der erfahrene regionale Diplomat Feleti Teo, 61, Nachfolger des bisherigen Premiers Kausea Natano wird.

Peking will die Inselstaaten Ozeaniens als Partner gewinnen

Die Entscheidung hat eine weltpolitische Tragweite. China versucht, seinen Einfluss in der Pazifik-Region auszubauen, indem es sich den Inselstaaten Ozeaniens als Partner andient. Die USA, Australien und andere Verbündete des Westens verfolgen deshalb nervös, wie sich besagte Staaten verhalten. Tuvalu gehört zu den letzten Ländern, die diplomatische Beziehungen mit Taiwan unterhalten, obwohl Chinas Regierung die demokratisch regierte Insel als Teil ihres Reichs sieht. Unter Natano hielt dieser Kurs.

Anfang November unterzeichnete er außerdem mit Australiens Premierminister Anthony Albanese den sogenannten Falepili-Union-Vertrag. Dieser regelt unter anderem, dass Menschen aus Tuvalu wegen der Folgen des Klimawandels nach Australien umsiedeln können - und er räumt Australien ein Vetorecht bei Tuvalus sicherheitspolitischen Entscheidungen ein.

China und Falepili waren Themen im Wahlkampf. Seve Paeniu, einer der Kandidaten für das Amt des Premierministers, wollte das Verhältnis zu Taiwan überdenken, Ex-Premier Enele Sopoaga den Falepili-Vertrag kippen. Natanos Wahlniederlage schien ein Erfolg für Peking zu sein.

Aber mit der Entscheidung für Feleti Teo hat Tuvalus Parlament ein Zeichen gegen China gesetzt. Denn Teo bekennt sich zu Taiwan. Am Falepili-Vertrag hat er selbst mitgearbeitet. Seine Orientierung ist westlich. Teo hat in Neuseeland und Australien Jura studiert, war 1991 der erste Einheimische, der in Tuvalu Generalstaatsanwalt wurde, und zuletzt Geschäftsführer der West- und Zentralpazifischen Fischerei-Kommission. Das Parlament wählte ihn einstimmig; auch seine politischen Gegner Paeniu und Sopoaga lenkten ein.

Aus China kommt eine indirekte Warnung

In Peking reagierte Außenministeriumssprecherin Mao Ning mit der spitzen Bemerkung, dass Taiwan-freundliche Länder Beschlüsse "im Sinne ihrer langfristigen Interessen" treffen sollten.

Dazu gratulierte Australiens Premier Anthony Albanese herzlich. Allerdings sollte sich Albanese nicht zu früh freuen. Australiens Vetorecht im Falepili-Vertrag finden viele problematisch. Gut möglich, dass Feleti Teo es abschwächen wird, bevor die Parlamente beider Länder über den Vertrag abstimmen. Tuvalus frühere Regierungsberaterin Jessica Marinaccio sagte im Sender ABC: "Ich glaube, die meisten Leute finden es etwas gefährlich, wenn es heißt: 'Australien muss jeder Verteidigungs- oder Sicherheitsfrage zustimmen, die Tuvalu angeht.' Als Jurist dürfte Teo dem zustimmen."

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