Israel:Schlammschlacht zweier Ex-Premiers

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Ex-Premier Ehud Olmert am Montag im Gerichtssaal. (Foto: Avshalom Sassoni/AP)

Ehud Olmert hat Benjamin Netanjahu samt Frau und Sohn für "psychisch krank" erklärt. Nun verlangen die Netanjahus vor Gericht eine hohe Entschädigung.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Man kennt sich, man trifft sich - und manchmal trifft man den anderen auch an einer empfindsamen Stelle. In diesem Fall hat das zu einer Diffamierungsklage geführt und dazu, dass die beiden früheren israelischen Premierminister Ehud Olmert und Benjamin Netanjahu in einem Tel Aviver Gerichtssaal zusammentrafen. Der Grund: Olmert hatte seinen Nachfolger samt dessen Gattin Sara und dem ältesten Sohn Jair als "psychisch krank" bezeichnet. Nun verlangen die Netanjahus als Entschädigung umgerechnet rund 240 000 Euro.

Der erste Prozesstermin zu Beginn dieser Woche war vom Gericht angesetzt worden, um die Möglichkeit eines Kompromisses auszuloten. Der Richter mahnte, dass es äußerst unpassend sei, mit einem solch ernsten Thema wie mentaler Krankheit einen "Zirkus" zu veranstalten. Doch beide Seiten wollten keinen Rückzieher machen in der Arena, und Israels Öffentlichkeit darf sich nun in den nächsten Wochen auf eine Polit-Soap mit immer neuen Fortsetzungen freuen.

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Dabei haben die beiden Streithähne durchaus manches gemeinsam: Nicht nur das gleiche Regierungsamt haben sie bekleidet, sondern viele Jahre lang waren sie auch Parteifreunde im Likud. Überdies sind beiden die Gerichtssäle nicht fremd. Olmert wurde wegen Korruption verurteilt und saß 16 Monate im Gefängnis. Netanjahu steht ebenfalls wegen Korruption in drei Fällen derzeit in Jerusalem vor Gericht.

In den vergangenen Jahren hat die beiden aber vor allem eine innige Feindschaft verbunden. Olmert ist dabei immer wieder als deftiger Kritiker Netanjahus aufgefallen, dem er vorwarf, Israels Demokratie zu zerstören. Zum Rundumschlag gegen die dreifaltige Premiersfamilie inklusive des Vorwurfs der psychischen Krankheit hatte er dann in zwei Fernsehinterviews nach der Wahl im vorigen Frühjahr ausgeholt.

"Abnormales Verhalten"

Auf die Androhung einer Klage hatte Olmert zunächst noch "amüsiert" reagiert. Vor Gericht argumentierte er nun, dass er Zugang gehabt habe zu verschiedenen Tonaufnahmen, dass er darüber mit Experten gesprochen habe und dass dies nur einen Schluss zulasse: "Es ist das, was man allgemein verrückt und abnormales Verhalten nennt."

Angespielt hat Olmert damit zum Beispiel auf die zahllosen Berichte über Wutausbrüche Sara Netanjahus, die in der Vergangenheit von mehreren Angestellten wegen Schikane verklagt worden war. Auch der 30-jährige Sprössling Jair ist schon häufiger durch überschäumende Beleidigungen politischer Gegner in den sozialen Medien aufgefallen. Als Teil seiner Verteidigungsstrategie forderte Olmert nun das Gericht auf, die drei Mitglieder der Familie Netanjahu psychiatrisch untersuchen und begutachten zu lassen.

Der Anwalt der Netanjahus wies all das entrüstet zurück und verwies darauf, dass hier im Gerichtssaal "eine der besten israelischen Familien" sitze und sich solche Anwürfe anhören müsse. "In einem anderen Land würde Olmert dafür eingesperrt", sagte der Anwalt. Der Richter erwiderte: "Zum Glück leben wir nicht in diesem Land."

In einem anderen Land hätte dies vielleicht auch ein schönes Schlusswort sein können. Doch in Israels stets aufgeheiztem politischen Klima dürfte die Schlammschlacht nun erst richtig losgehen. Olmert legte jedenfalls gleich nach dem ersten Tag vor Gericht mit einer ganzen Serie an Interviews nach. "Es wird von mir keine Entschuldigung oder etwas Ähnliches geben", stellte er klar. "Ich habe nur eine Meinung ausgedrückt, die in der Öffentlichkeit sehr verbreitet ist angesichts des Verhaltens der Familie."

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