Österreich:Die Disneyprinzessin

Lesezeit: 2 min

Susanne Wolff (links) als Sisi und Sandra Hüller (hinten) als Hofdame Irma in einer Szene des Films "Sisi & Ich". (Foto: Bernd Spauke/dpa)

125 Jahre nach dem Tod der Kaiserin Elisabeth schwappt eine Sisi-Welle durch Film und Fernsehen. Eine Tatsache wird dabei allerdings gerne ausgespart.

Von Verena Mayer

Als Wienerin bin ich natürlich mit dem Sisi-Mythos aufgewachsen. Wie weit dieser reicht, habe ich aber erst bemerkt, als ich mit meinen Kindern im Schloss Schönbrunn war. Dort kann man im Kindermuseum das Leben der österreichischen Kaiserin nachempfinden, indem man sich mit Roben, Fächern und Perücken verkleidet. Es war Hochsommer, Familien aus der ganzen Welt standen vor den Prinzessinnenkleidern Schlange. Amerikanische Mädchen in Hotpants genauso wie arabische Frauen in bodenlangen schwarzen Gewändern. Auf Sisi können sich alle Kulturen und Generationen einigen.

Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum seit einiger Zeit wieder eine beispiellose Sisi-Welle durch Film und Literatur schwappt. Gleich zwei Serien, "Sisi" auf RTL und "Die Kaiserin" auf Netflix, erzählen die bekannte Geschichte: Junge Frau vom Land kommt an den Kaiserhof und muss dort gegen Widerstände ankämpfen. Die Schriftstellerin Karen Duve machte Sisi zur Protagonistin ihres gleichnamigen Romans, wobei man Duve zugutehalten muss, dass sie eine eher unbekannte Seite der Kaiserin beleuchtet: die Sportlerin Elisabeth, die über Jahre hinweg an internationalen Reitturnieren teilnahm und dabei ein Leben wie eine moderne Athletin führte.

Kostenlos abonnieren
:SZ Österreich-Newsletter

Was ist los in Österreich? Alles zu Österreich in der SZ. Jeden Freitag per Newsletter. Gleich kostenlos anmelden.

Zuletzt kam der Film "Sisi & Ich" in die Kinos, in dem es um Elisabeth und ihre Hofdame geht. Aus den anderen Produktionen ragt der Film nicht nur wegen seiner hinreißenden Darstellerinnen Susanne Wolff und Sandra Hüller heraus. Sondern auch, weil er Sisi mit einer gewissen Komik betrachtet. Die österreichische Kaiserin ist eine von ihren Pflichten und ihrem Ehemann dauergenervte Frau Anfang 50, die auf Korfu eine Art Sabbatical verbringt und ihre Dienerinnenschaft mit Diäten knechtet.

Es ist ein interessanter Bruch mit dem ursprünglichen Sisi-Mythos. Der kam in den Fünfzigerjahren auf, als das von Krieg und Schuld gebeutelte Österreich auf der Suche nach einer neuen Identität war. Der Blick ging zurück in die imperiale Vergangenheit, wo all die Dinge lagen, die sich gut vermarkten ließen, Schlösser, Traditionen, Herrscherhäuser. Sisi kam auf dem Nostalgietrip eine besondere Rolle zu. Das lag an der Filmtrilogie mit Romy Schneider, in der das Leben der Kaiserin als kitschiger Heimatfilm inszeniert wurde. Es lag aber auch daran, dass Sisis Leben alles hat, was eine Ikone braucht. Da ist eine schöne Frau, ein Schloss, eine Suche nach sich selbst. Sisi könnte genauso gut eine Disneyprinzessin sein.

Insofern finde ich interessant, was in der Geschichte von Sisi meistens ausgespart wird. Ihr grausamer Tod am 10. September 1898 nämlich, die Tatsache, dass die Kaiserin vor 125 Jahren in Genf von einem Mann ermordet wurde, der vom Hass auf die Aristokratie und das System getrieben war. Sisi wurde Opfer eines politischen Attentats, ihr Tod erzählt wahrscheinlich mehr von den Umbrüchen einer Zeit als ihr Leben. Als Touristenattraktion taugt das aber natürlich nicht.

Diese Kolumne erscheint auch im Österreich-Newsletter, der die Berichterstattung der SZ zu Österreich bündelt. Gleich kostenlos anmelden .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ Plus"Sisi & Ich" im Kino
:Vertreibung aus dem Paradiesgärtlein

Frauke Finsterwalder gönnt der tragischen Kaiserin Elisabeth einen Urlaub im Süden - und dem Kinopublikum zwei komische, tolle Kinostunden.

Von Kathleen Hildebrand

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: