Nordmazedonien:Mit Trippelschrittchen in die EU

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Bulgariens neuer Premier Kiril Petkow ist nach Nordmazedonien zum Amtskollegen Dimitar Kovacevski gereist - für diese Geste musste er zu Hause Kritik einstecken. (Foto: Boris Grdanoski/AP)

Der kleine Balkanstaat und Beitrittskandidat der Europäischen Union kommt im Streit mit dem kritischen Nachbarn Bulgarien ein Stückchen weiter. Doch noch sind längst nicht alle Vorbehalte ausgeräumt.

Mit Streit um ihren Landesnamen hat die Republik Nordmazedonien reichlich Erfahrung. Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik, die ab 1991 als souveräner Staat unter dem Namen "Mazedonien" firmierte, erlegte sich selbst die Vorsilbe "Nord-" auf, um den südlichen Nachbarn Griechenland zu besänftigen, der eine gleichnamige Region hat. Doch wer hoffte, damit wären alle äußeren Hindernisse auf dem Weg in Richtung EU-Beitrittsverhandlungen beseitigt, hatte die Rechnung ohne Bulgarien gemacht.

Denn der große Nachbar im Osten, selbst EU-Mitglied seit 2007, sperrt sich gegen die Aufnahme der Gespräche mit Nordmazedonien - und führt seinerseits historische Motive an. So soll der kleine Nachbar unter anderem anerkennen, dass die eigene Landessprache eigentlich nur ein Dialekt des Bulgarischen sei. Zudem müsse Nordmazedonien die Rechte der bulgarischen Minderheit im Land in seiner Verfassung verankern und aufhören, die bulgarische Besatzung während des Zweiten Weltkriegs in Schulbüchern als faschistisch zu bezeichnen.

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Ein bisschen Bewegung ist nun in den Konflikt gekommen, nachdem der neue bulgarische Premier Kyril Petkow am Mittwoch in die nordmazedonische Hauptstadt Skopje reiste, um seinen dortigen Kollegen Dimitar Kovacevski zu treffen, seinerseits erst ganz frisch im Amt. Allein schon die Reise ins kleinere Nachbarland hatte Petkow daheim Kritik eingebracht: Er hätte warten sollen, bis Kovacevski zu ihm nach Sofia kommt, hieß es aus der Opposition. Petkow hielt dagegen, es sei "Zeit, die Ärmel hochzukrempeln" und auf "gute Nachbarschaft" hinzuarbeiten.

Nach ihren Treffen verkündeten die beiden Regierungschefs dann ein paar Punkte, auf die sie sich geeinigt hatten: So werde Bulgarien sich nicht mehr dagegen sperren, dass das Nachbarland in internationalen Beziehungen die Kurzform "Nordmazedonien" ohne den Zusatz "Republik" verwende - und im Gegenzug erkenne Nordmazedonien an, dass damit keinerlei Gebietsansprüche auf Teile Bulgariens verbunden seien. Dies habe man auch bereits den Vereinen Nationen mitgeteilt.

Auf dem Weg zur Einigung warten noch heikle Konflikte

Zu den weiteren Konfliktpunkten rund um Geschichte, Sprache und Identität will man gemeinsame Arbeitsgruppen einrichten, ebenso zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit und dem Ausbau von Infrastruktur. So fordert Bulgarien seit langem, dass Nordmazedonien endlich beginnt, sein Teilstück eines geplanten europäischen Eisenbahnkorridors zu bauen, von der bulgarischen Schwarzmeerküste an die albanische Mittelmeerküste. "Wir widmen uns den Angelegenheiten, die uns einander näherbringen, und wir nehmen uns mehr Zeit, um die anderen Dinge zu lösen", sagte Petkow.

Um die "anderen Dinge" voranzubringen, dürfte noch viel Zeit und Kompromissbereitschaft nötig sein. So wurde etwa der bulgarische Premier in Skopje von Protestbannern einer Oppositionspartei begrüßt, eines forderte "Europäische Rechte für die Mazedonier im Pirin", einem Landesteil Bulgariens. Kurz vor seiner Reise hatte Petkow allerdings in einem Interview gesagt, es gebe keine mazedonische Minderheit in Bulgarien - folglich gebe es zu dem Thema "nichts zu diskutieren".

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