Kolonialismus:Niederländischer König entschuldigt sich für Sklaverei

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König Willem-Alexander legt während der Zeremonie am Sklaverei-Denkmal in Amsterdam auch einen Kranz nieder. (Foto: REMKO DE WAAL/AFP)

Mehr als 600 000 Menschen hatten die Niederlande in mehr als 200 Jahren versklavt - und waren nicht zuletzt damit reich geworden.

Der König der Niederlande hat um Verzeihung für das während der Sklaverei verübte Unrecht an Hunderttausenden Menschen gebeten. Seine Entschuldigung dafür als Staatsoberhaupt komme aus tiefstem Herzen und aus der Seele, sagte Willem-Alexander am Samstag bei einer Veranstaltung in Amsterdam zum 150. Jahrestag der Abschaffung der Sklaverei. "Von allen Formen der Unfreiheit ist die Sklaverei die am meisten erniedrigende und menschenunwürdige."

Willem-Alexander lässt Rolle des Königshauses während der Kolonialzeit untersuchen

Der König schloss sich damit nun auch persönlich und öffentlich einer Entschuldigung an, die Premierminister Mark Rutte Ende vorigen Jahres im Namen der Niederlande und des Königs ausgesprochen hatte. Willem-Alexanders Erklärung wurde von den Teilnehmern der Veranstaltung - unter ihnen Rutte und zahlreiche weitere Regierungsmitglieder - mit großem Beifall begrüßt. Im Auftrag Willem-Alexanders war Ende 2022 eine Untersuchung zur Rolle des Königshauses Oranje-Nassau während der Kolonialzeit begonnen worden.

Die Niederlande waren vom 17. Jahrhundert an eine der größten Kolonialmächte - und sie wurden nicht zuletzt mit dem Sklavenhandel reich. In mehr als 200 Jahren haben sie schätzungsweise 600 000 Menschen versklavt und auf Schiffen von Afrika aus in die eigenen Überseegebiete gebracht. Etwa 75 000 von ihnen überlebten die Überfahrt nicht, wie der König erklärte. Offiziell schaffte das Königreich als eines der letzten Länder Europas die Sklaverei zum 1. Juli 1863 ab. Doch mussten die Menschen noch zehn Jahre lang auf den Plantagen weiterarbeiten.

Viele Niederländer lehnten Entschuldigung ab

Über den Umgang mit diesem Teil ihrer Geschichte ringen die Niederlande seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten. Bis zu Ruttes Rede im Dezember nahm kein Politiker das Wort "Entschuldigung" in den Mund - auch weil viele Niederländer Umfragen zufolge diesen Schritt ablehnten. Aber nicht nur aus diesem Grund gab es im Dezember Kritik an der Entschuldigungsbitte des Premiers. Bemängelt wurde auch, dass doch eigentlich der König eine solche aussprechen sollte, da er in den früheren Kolonien als Repräsentant des niederländischen Imperiums gesehen wird. Dies hat Willem-Alexander nun getan.

An diesem 1. Juli, der auch als Keti Koti ("die Ketten sind gebrochen") bekannt ist, wurde nicht nur in Amsterdam an das Ende der Sklaverei gedacht. Niederländische Minister sollten auch in der früheren Kolonie Suriname und auf sechs Karibikinseln den dortigen offiziellen Gedenkfeiern beiwohnen.

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