Nazi-Scherge Alois Brunner:Deutscher Agent bestätigt Tod von SS-Verbrecher in Syrien

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Soll hochbetagt 2010 in Syrien gestorben sein: SS-Verbrecher Alois Brunner (Foto: AFP)
  • SS-Verbrecher Alois Brunner soll bis 2009 oder 2010 in Syrien gelebt haben und dann dort verstorben sein, erklärt das Wiesenthal-Zentrum. Brunner hatte die Judenvernichtung im Zweiten Weltkrieg mitorganisiert und ist verantwortlich für die Ermordung von fast 130.000 Menschen.
  • Glaubhafte Quelle für Brunners Ableben soll ein im Ausland operierender deutscher Geheimdienst sein.
  • Der 1912 in Österreich-Ungarn geborene Brunner hatte sich in Interviews mit seinen Verbrechen gebrüstet und erklärt, nichts zu bereuen. Wiesenthal-Zentrums-Chef Efraim Zuroff nannte Brunner ein "Monster".

Von Oliver Das Gupta

Er galt schon seit vielen Jahren als verstorben, doch nun stellt sich heraus, dass einer der meistgesuchten Nazi-Verbrecher bis vor wenigen Jahren noch gelebt haben soll: Alois Brunner habe "bis etwa 2010" in der syrischen Hauptstadt Damaskus gewohnt, sagte der Leiter des Jerusalemer Wiesenthal-Zentrums Efraim Zuroff zur BBC ( hier mehr dazu).

Der Tod des ehemaligen SS-Hauptsturmführers sei forensisch nicht bestätigt, aber "wir sind in diesem Fall sicher", sagte Zuroff, "zu 99 Prozent sicher". Die Informationen über Brunners Ableben und Begräbnis stammen vom Mitarbeiter eines namentlich nicht genannten deutschen Geheimdienstes.

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Sollte es sich dabei um den Bundesnachrichtendienst (BND) handeln - was sehr wahrscheinlich ist, weil die anderen deutschen Dienste in der Regel nicht im Ausland operieren -, würde sich ein Kreis schließen. In den frühen Jahren seines Bestehens beschäftigte der Dienst unter seinem Chef Reinhard Gehlen nicht nur ehemalige Angehörige der SS und anderer Organisationen des Nazi-Staates.

Gehlen und seine Leute hielten auch Kontakt zu geflohenen NS-Verbrechern, spannten sie als Mitarbeiter ein und halfen ihnen bei der Flucht - so wie angeblich auch im Fall von Alois Brunner ( hier mehr dazu). Inwiefern der BND dem Massenmörder in Details half oder Kontakt zu ihm hielt, lässt sich nurmehr schwer klären. Seine Akte beim Nachrichtendienst, die mehr Licht in die Causa hätte bringen können, existiert nicht mehr. Sie wurde irgendwann zwischen 1994 und 1997 geschreddert ( hier mehr dazu).

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Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz. Etwa 7000 Menschen befanden sich noch in dem Lager - für immer gezeichnet von den Gräueltaten der Nazis. Bilder von damals und heute.

Der 1912 in der damaligen Doppelmonarchie Österreich-Ungarn geborene Burgenländer schloss sich früh den Nationalsozialisten unter Adolf Hitler an. Nach dem Anschluss Österreichs an die deutsche Diktatur und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 entfaltete Brunner sein mörderisches Treiben.

Als enger Mitarbeiter von Adolf Eichmann organisierte er die systematische Vernichtung der europäischen Juden mit. Brunner leitete Kommandos, die in Frankreich jüdische Familien jagten; er folterte, um die Verstecke weiterer untergetauchter Juden zu erfahren.

Brunner meldete, dass Wien "judenfrei" sei, schickte Frauen, Männer und Kinder aus Griechenland in die Vernichtungslager wie Auschwitz, einen prominenten Wiener Juden soll er eigenhändig erschossen haben.

Insgesamt soll Brunner für den Tod von etwa 128.000 Menschen verantwortlich sein. Er habe eine "Schlüsselrolle" im Vernichtungssystem der Nazis innegehabt, formuliert es Zuroff. Er sei ein "Monster" gewesen.

Seine Untaten hat Brunner als Gast des syrischen Assad-Regimes nie bestritten. In mehreren Interviews, die er in den 1980er Jahren Journalisten gab, zeigte er sich als unbeirrter Antisemit, der bereute, nicht noch mehr Juden umgebracht zu haben.

Angeblich lehrte er Assads Leuten Foltermethoden

Angeblich brachte er den syrischen Sicherheitbehörden seine Verhörmethoden bei. Brunner lebte offen in Damaskus und überlebte zwei Anschläge, die wohl vom israelischen Geheimdienst Mossad verübt worden waren.

In den letzten Jahrzehnten hieß es, Brunner sei gestorben, doch die Nazi-Jäger vom Wiesenthal-Zentrum beließen ihn bis vor kurzem auf ihrer Fahndungsliste. Zu oft war es ihm schon gelungen, seine Spuren zu verwischen, zunächst in Deutschland, später im Nahen Osten.

Wo sich sein Grab befindet, ist momentan nicht festzustellen. Der Bürgerkrieg, der Syrien verwüstet, macht die Suche derzeit unmöglich.

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Protokoll: Oliver Das Gupta, Prag
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