Materialprobleme bei der Bundeswehr:Stoltenberg sieht keine Gefahr für Nato-Truppe

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Soldaten der Bundeswehr fahren mit einem gepanzerten Fahrzeug im litauischen Seehafen Klaipeda als Unterstützung des Nato-Partners ein. (Foto: Mindaugas Kulbis/dpa)

2023 ist Deutschland Führungsnation der schnellen Nato-Eingreiftruppe. Obwohl dafür moderne Panzer fehlen, vertraut Generalsekretär Stoltenberg der Bundeswehr.

Deutschland hat mit Jahresbeginn die Führung der schnellen Eingreiftruppe der Nato übernommen. Die sogenannte Speerspitze des Militärbündnisses besteht in diesem Jahr aus allein rund 11 500 Landstreitkräften. Die Bundeswehr stellt davon etwa 8000 Männer und Frauen. Weitere Kräfte kommen aus Belgien, Tschechien, Lettland, Litauen, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen und Slowenien.

Die offiziell VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) genannte Speerspitze der Nato wurde im Zuge der ersten großen Ukraine-Krise nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 aufgestellt und ist seitdem ein zentrales Element der Abschreckungsstrategie der Allianz gegen Moskau. Ihre Besonderheit ist der hohe Bereitschaftsgrad. So müssen die schnellsten Kräfte in 48 bis 72 Stunden bereit sein, um dorthin verlegt zu werden, wo das Bündnis sie jeweils benötigt. Für die Soldaten bedeutet das zum Beispiel, dass sie sich in ihren Bereitschaftszeiten nicht weit vom Dienstort entfernen dürfen.

Besonders gilt dies in diesem Jahr für die Panzergrenadierbrigade 37 "Freistaat Sachsen". Sie ist Leitverband für die multinationalen Landstreitkräfte der VJTF. Von den etwa 5000 Soldaten der Brigade gehen etwa 4000 in die Nato-Verpflichtung. 2022 hatte Frankreich in der VJTF die größte Verantwortung übernommen. Überschattet wird der routinemäßige Wechsel der Führungsnationen durch den Ausfall von deutschen Schützenpanzern vom Typ Puma. Nach zahlreichen technischen Defekten musste Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) mitteilen, die deutschen Soldaten würden für die VJTF nicht die modernen Puma als Gefechtsfahrzeuge einsetzen, sondern die deutlich älteren Marder.

In diesen und anderen Ausrüstungsmängeln der Bundeswehr sieht Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg jedoch kein Risiko für die VJTF-Eingreiftruppe. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: "Ich bin absolut zuversichtlich, dass Deutschland eine hervorragende Führungsnation sein wird." Er wisse, dass die Bundeswehr gut ausgebildete und gut ausgerüstete Soldatinnen und Soldaten habe, die die Aufgabe sehr gut erfüllen könnten.

Nato-Chef begrüßt Sondervermögen, um "Lücken und Defizite" zu beseitigen

Zudem verwies Stoltenberg darauf, dass die VJTF nicht allein aus deutschen Einheiten besteht. "Deutschland wird die Führungsnation sein, aber es wird weitere Nationen geben, die sich an dieser Truppe beteiligen", betonte er. "Ich bin mir absolut sicher, dass alle neun Nationen, die für die Nato-Eingreiftruppe zuständig sein werden, die Nato-Anforderungen erfüllen werden."

Zu den Ausrüstungsmängeln bei der Bundeswehr sagte Stoltenberg: "Sicherlich gibt es Lücken und Defizite." Deshalb begrüße er auch die deutsche Zusage, 100 Milliarden Euro extra zur Verfügung zu stellen und die Verteidigungsausgaben weiter zu erhöhen. So könnten die Lücken und Defizite geschlossen werden. 2022 hatte die Bundesregierung zum wiederholten Mal das in der Nato vereinbarte Ziel verfehlt, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in Verteidigung zu investieren.

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Die VJTF ist derzeit Teil der Nato-Krisenreaktionstruppe NRF (Nato Response Force), deren Gesamtstärke zuletzt mit rund 40 000 Soldaten angegeben wurde. Neben Landstreitkräften umfasst sie auch Luft- und Seestreitkräfte sowie Spezialkräfte.

Künftig wird die VJTF voraussichtlich Teil eines neuen Streitkräfte-Modells sein, worauf sich die Staats- und Regierungschefs beim Nato-Gipfel in Madrid im Juni 2022 verständigt hatten. Es sieht angesichts der möglichen Gefahren durch Russland vor, künftig mehr als 300 000 Soldaten für Krisen in hoher Einsatzbereitschaft zu halten.

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