Seit Jahrzehnten streiten Israelis und Palästinenser. Der Nahostkonflikt ist eine der kompliziertesten Fehden zwischen zwei Völkern - wobei es eigentlich nicht nur um die beiden Völker geht, sondern um eine ganze Region, die seit Jahrzehnten instabil ist. Tausende Menschen sind wegen des Konflikts gestorben. Mehrere Versuche, ihn friedlich zu lösen, sind in den vergangenen Jahrzehnten gescheitert.
Warum ist Jerusalem ein ewiger Zankapfel?
Der Status von Jerusalem gehört zu den strittigsten und komplexesten Fragen, die bislang eine friedliche Lösung verhindert haben. Israel hat den Ostteil der Stadt 1967 besetzt und später annektiert und beansprucht seitdem ganz Jerusalem für sich. Die Palästinenser wollen den Ostteil zur Hauptstadt eines künftigen unabhängigen Staates ernennen. Dort befinden sich die Klagemauer und der Tempelberg. Er ist allen drei Weltreligionen heilig. Um ihn streiten Israelis und Palästinenser besonders heftig. US-Präsident Donald Trump will die Botschaft der USA von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, was einer Anerkennung als Hauptstadt gleichkommt. Kein anderes Land erkennt die Stadt mit ihren 900 000 Einwohnern als Hauptstadt an oder unterhält dort gerade eine Botschaft.
Worüber streiten Israelis und Palästinenser außerdem?
Sie kämpfen um das Gebiet zwischen dem Mittelmeer und dem Fluss Jordan. Sie können sich nicht darüber einigen, in welchen Grenzen die Palästinenser einen eigenen Staat aufbauen sollen.
Israel hat das palästinensische Westjordanland besetzt und baut dort eigene Siedlungen. Die internationale Gemeinschaft betrachtet das teilweise als völkerrechtswidrig. Außerdem gehört zu den Palästinensischen Autonomiegebieten der Gazastreifen an der Küste, dessen Grenzen Israel kontrolliert. Die restriktive Genehmigungspraxis für Einfuhren und die Übervölkerung der Region verschärfen die humanitäre Notlage der Menschen im Gazastreifen: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat nicht genug zu essen, die Arbeitslosenquote liegt bei etwa 40 Prozent. Ein weiterer Streitpunkt ist das Rückkehrrecht palästinensischer Flüchtlinge, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Nachbarstaaten geflohen sind.
Radikale Palästinenser begehen immer wieder Anschläge. Allein seit 2015 haben sie etwa 50 Menschen getötet. Israelis töteten im gleichen Zeitraum mehr als 250 Palästinenser. Israel erklärt, die meisten von ihnen hätten versucht, Anschläge zu verüben.
Hat der Konflikt sich 2017 zugespitzt?
1967 eroberte Israel in sechs Tagen die Sinaihalbinsel, den Gazastreifen, das Westjordanland, Ost-Jerusalem und die syrischen Golanhöhen. Ein halbes Jahrhundert später steht das Jahr 2017 unter keinem guten Stern für den Nahostkonflikt: Im Januar telefoniert der neue US-Präsident mit Premierminister Benjamin Netanjahu. "Sehr nett", sagt Trump später - und kündigt die Abkehr von der unparteiischen US-Politik an. Im März genehmigt Israels Regierung trotz leisen Protesten aus den USA zum ersten Mal seit 20 Jahren eine komplett neue jüdische Siedlung im Westjordanland. Im Juli eskaliert der Streit um den Tempelberg: Israel installiert Metalldetektoren, muss sie aber nach Protesten wieder abbauen. Es ist eine Reaktion auf einen Terroranschlag - die zu noch mehr Gewalt führt; in Jerusalems Altstadt sterben innerhalb kurzer Zeit fünf Israelis und vier Palästinenser. Im September erschießt ein Attentäter drei Israelis bei einer Sicherheitskontrolle am Rand des Westjordanlandes. Mit der angekündigten Verlegung der US-Botschaft provoziert Trump schließlich eine weitere Eskalation des Konflikts. Der Schritt kam zwar nicht ganz überraschend - aber er könnte den ohnehin stockenden Friedensprozess beenden.
Unvergessen ist das Video aus dem Jahr 2000, in dem Israels Premierminister Ehud Barak und Palästinenserführer Jassir Arafat sich nicht darauf einigen können, wer zuerst durch eine Tür geht. Kurz bevor die beiden handgreiflich werden, öffnen zwei lange Arme die Tür ein Stück weiter und zerren beide gleichzeitig hindurch. Die Arme gehören zu Bill Clinton, dem damaligen Präsidenten der USA. Aufgenommen wurde das Video in Camp David nahe Maryland, wo Arafat und Barak verhandelten.
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Die Rolle der USA in dem Friedensprozess war schon immer zentral. Unter ihrer Vermittlung schloss Israel in den Siebzigerjahren mit Ägypten und in den Neunzigerjahren mit Jordanien Frieden. US-Präsidenten und Außenminister verhandelten seit 1994 mehrere Abkommen, in denen die Verhandlungspartner Zugeständnisse machten. Der vielversprechende Oslo-Prozess begann mit der Unterzeichnung einer Erklärung in Washington. Nachdem sich palästinensische und israelische Vertreter mehrfach und zum Teil im Geheimen trafen, endete der Prozess allerdings im Jahr 2000 ohne Friedensabkommen. Ministerpräsident Ariel Sharon legte den Friedensprozess auf Eis. Ohnehin war die Stimmung in Teilen des Nahen Ostens angespannt, da US-Präsident George W. Bush zu dieser Zeit einen "Krieg gegen den Terrorismus" in der Region führte. Erst 2007 starteten die Konfliktparteien ihren Friedensprozess neu - im US-amerikanischen Annapolis, 150 Kilometer vom geschichtsträchtigen Camp David entfernt. Den letzten Anlauf für eine Vermittlung nahmen die USA 2013. US-Außenminister John Kerry ergriff die Initiative - doch zu einem Friedensvertrag kam es nicht. Die Gespräche scheiterten im April 2014, weil Israel die radikale Hamas nicht in der palästinensischen Regierung akzeptieren und eine Gruppe palästinensischer Gefangener nicht freilassen wollte. Seitdem stagniert der Friedensprozess.
Seit wann leben Juden und Muslime in der Region?
Seit dem Beginn der Neuzeit beherrschten die Osmanen das Gebiet an der Ostküste des Mittelmeers. Die Bevölkerungsmehrheit stellten arabische Muslime, doch es gab vor allem in Jerusalem auch größere jüdische und christliche Gemeinden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und mit dem Aufkommen des Zionismus zogen immer mehr europäische Juden nach Palästina.
Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches erhielten die Briten vom Völkerbund die Kontrolle über das sogenannte Mandatsgebiet Palästina. Erklärter Auftrag des Völkerbundes an die britische Mandatsmacht: Die Schaffung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk. Die Rechte der nichtjüdischen Bewohner dürften dadurch aber nicht beeinträchtigt werden.
Als die Briten sich nach dem Zweiten Weltkrieg dann aus dem Mandatsgebiet Palästina zurückzogen, entwickelten die Vereinten Nationen eine Vision für die Zukunft der Region: Der UN-Teilungsplan von 1947 sah die Schaffung zweier Staaten vor, Israel und Palästina. Aber die Palästinenser wollten sich nicht auf die Teilung ihres Landes einlassen. Deshalb wurde nach dem Rückzug der Briten im Mai 1948 nur einer und nicht zwei Staaten gegründet.
Nahostkonflikt:Palästinenser kündigen drei Tage des Zorns an
Trump will die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen. Führende Palästinenser sagen, Trump habe jede Chance auf eine Einigung im Nahostkonflikt zerstört.
Wie konnte es in der Region zu so verhärteten Fronten kommen?
Der Staatsgründung Israels 1948 ging ein Bürgerkrieg zwischen Juden und Muslimen voraus. In den Jahrzehnten danach kämpften Israelis, Franzosen und Briten gegen Ägypter auf der Sinai-Halbinsel (Suezkrieg 1956), Israelis gegen Ägypter, Syrer und Jordanier (Sechstagekrieg 1967), Israelis gegen Syrer und Ägypter auf der Sinai-Halbinsel (Jom-Kippur- oder auch Ramadan-Krieg 1973), Israelis gegen Palästinenser und Syrer in Libanon (erster Libanonkrieg 1982), Israelis gegen Hisbollah-Milizen in Libanon (zweiter Libanonkrieg 2006) und Israelis gegen die Hamas im Gazastreifen (Gazakrieg 2014). Der letzte Krieg im Sommer 2014 dauerte 50 Tage, ums Leben kamen mehr als 70 Israelis und mehr als 2200 Palästinenser. Seitdem herrscht eine instabile Waffenruhe.
Auch wenn die benachbarten Staaten jetzt nicht mehr um Territorium kämpfen, verfolgen sie angespannt den Streit. Seine Eskalation würde die Stabilität in der Region gefährden.
Wer sind die palästinensischen Akteure in dem Konflikt?
Die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO ist von anderen Ländern anerkannt. Sie vertritt die Palästinensischen Autonomiegebiete zum Beispiel als Beobachter bei den Vereinten Nationen oder als Mitglied der Unesco. Die PLO ist eine Dachorganisation palästinensischer Organisationen. Ihre stärkste Fraktion ist die Fatah unter dem Vorsitzenden Mahmud Abbas. Sie konkurriert mit der radikal-islamistischen Hamas, die nicht vor terroristischen Methoden zurückschreckt und den Gazastreifen regiert. Die Hamas tauchte zum ersten Mal während der Ersten Intifada 1987 auf und spielte auch in der Zweiten Intifada 2000 eine Rolle - war also maßgeblich daran beteiligt, dass Palästinenser gewalttätig wurden und Anschläge begingen. Erst vor Kurzem näherten Hamas und Fatah sich wieder ein bisschen an.