Nach der Terrorserie:Warum der Arabische Frühling die Gefahr für Israel erhöht

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Tödliche Anschläge auf Israelis, Bombenangriffe auf Gaza. Ein Frieden im Nahen Osten rückt in weite Ferne. Wer steckt hinter den Anschlägen auf Israel? Verschärft der Arabische Frühling die Sicherheitslage? Und welche Folgen haben die Attacken aus dem Gaza-Streifen auf die sozialen Unruhen in Israel? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Peter Münch, Tel Aviv

Wer steckt hinter den Anschlägen? Welche Rolle spielt die Hamas?

Frieden in weiter Ferne: In eine Synagoge in der israelischen Stadt Aschdod schlug am Freitag eine im Gaza-Streifen abgeschossene Rakete ein.  (Foto: AP)

Israel macht eine kleinere Terrorgruppe aus dem Gaza-Streifen für die Anschläge verantwortlich, die sich Volkswiderstandskomitee nennt. Die führenden Köpfe dieser Organisation wurden nur wenige Stunden nach den Terrorattacken bei einem Luftangriff der israelischen Armee auf ein Haus in Rafah getötet. Eine direkte Beteiligung der Hamas ist eher unwahrscheinlich. Die Hamas kontrolliert zwar den Gaza-Streifen, aber nicht alle dort operierenden Milizen.

Warum reagiert Israel mit Luftangriffen auf Gaza?

Direkte Vergeltung für Terroranschläge ist seit langem Teil der israelischen Abschreckungspolitik. Premierminister Benjamin Netanjahu hat dies in einer kurzen Fernsehansprache am Donnerstagabend noch einmal bekräftigt: "Wenn Terrororganisationen denken, dass sie unsere Mitbürger verletzen können, ohne dass wir darauf antworten, dann irren sie sich", sagte er und sprach von einem "sehr hohen Preis", den die Feinde Israels zu zahlen hätten.

Welche Folgen hat die ägyptische Revolution für die Sicherheitslage?

Seit dem Machtwechsel in Kairo hat sich die Lage auf dem Sinai und an der dort verlaufenden 250 Kilometer langen Grenze zu Israel verschärft. Die neuen Militärmachthaber in Kairo drohen angesichts einer Fülle anderer Probleme die Kontrolle über das Wüstengebiet zu verlieren, in dem neben beduinischen Terrorgruppen auch Al-Qaida-Zellen aktiv sein sollen. In den vergangenen sechs Monaten hat es hier bereits fünf Anschläge auf eine nach Israel führende Gas-Pipeline gegeben. Auch der Waffenschmuggel vom Sinai aus in den Gaza-Streifen wird durch das Machtvakuum beflügelt. Umgekehrt ist es offenbar auch für Terroristen leichter geworden, über die Tunnel vom Gaza-Streifen auf den Sinai und weiter nach Israel zu gelangen.

Wie verhält sich Israel nach den Anschlägen zur neuen Regierung in Kairo?

Israel stand der neuen Militärführung in Kairo von Beginn an skeptisch gegenüber. Der gestürzte Präsident Hosni Mubarak galt als Garant des Friedensabkommens von 1979. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak gibt Ägypten explizit eine Mitschuld an den Terrorangriffen, weil es die Infiltration durch die Terroristen über den Sinai nicht verhindert hat. Zusätzlich belasten könnte die Beziehung nun der Tod zweier ägyptischer Grenzpolizisten, die bei der Jagd auf die flüchtenden Terroristen in der Nähe des Grenzübergangs Taba versehentlich vom israelischen Militär getötet wurden.

Wie reagiert die israelische Gesellschaft auf die Terrorangriffe?

In Zeiten äußerer Bedrohung rücken in Israel alle Gesellschaftsgruppen zusammen. Der Terroranschlag im Süden hat deshalb zumindest kurzfristig den Fokus wieder von den seit Wochen dominierenden Sozialprotesten hin zur Sicherheitspolitik gelenkt. Die für das Wochenende erneut geplanten Demonstrationen der Protestgruppen wurden abgesagt, stattdessen soll es in Tel Aviv einen Schweigemarsch mit Kerzen zum Gedenken an die Opfer geben.

Gefährden die Anschläge die geplante Unabhängigkeitserklärung der Palästinenser?

Im September wollen sich die Palästinenser vor der UN für unabhängig erklären. Der Führung um Präsident Mahmud Abbas in Ramallah kommt palästinensischer Terror aus dem Gaza-Streifen höchst ungelegen. Denn er konterkariert die Bemühungen der Fatah-Führung, die internationale Gemeinschaft davon zu überzeugen, dass Palästina reif ist für die Staatsgründung.

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