Bundesinnenminister Horst Seehofer hält den Streit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel über die Asylpolitik für beendet. Gegenüber Bild am Sonntag sagte er: "Wir schauen nach vorne. Ich sage immer: Die Windschutzscheibe ist größer als der Rückspiegel. Daran haben wir uns beide immer gehalten."
Der Streit zwischen den beiden Schwesterparteien über die künftige Asylpolitik war zuletzt eskaliert. Auf dem Höhepunkt hatte Seehofer mit seinem Rücktritt gedroht und schwere Vorwürfe gegen Merkel erhoben. Der Süddeutschen Zeitung sagte er: "Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist".
Dass sich der Konflikt auf die künftige Zusammenarbeit auswirke, wies Seehofer zurück. Er könne weiter vertrauensvoll mit Merkel zusammenarbeiten. Dies sei auch die Pflicht und Verantwortung gegenüber der Bevölkerung. "Niemand von uns hat den Fortbestand der Regierung in Frage gestellt - zu keinem Zeitpunkt", betonte der CSU-Chef. "Wir haben um die Lösung einer Sachfrage gerungen und wir haben am Ende eine gute Lösung gefunden."
Exklusiv Streit in der Union:Seehofer: "Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist"
Vor dem Krisengipfel zeigt sich der CSU-Chef im Gespräch mit der SZ tief verletzt. Ohne einen Kompromiss scheint er nicht gewillt, das Amt des Innenministers fortzuführen: "Ich müsste mich verbiegen, das kann ich nicht."
Der Streit in der Union hatte sich an der Forderung Seehofers entzündet, bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge auch im nationalen Alleingang an der Grenze zurückzuweisen. Merkel hatte dies abgelehnt und auf eine europäische Lösung gedrungen. Nach der Beilegung des erbitterten Streits von CDU und CSU hatten sich am Donnerstag auch Union und SPD darauf verständigt, dass Flüchtlinge, die in einem anderen Land Asyl beantragt haben, an der Grenze ein "Transferverfahren" durchlaufen sollen. Innerhalb von 48 Stunden sollen sie in das Ersteinreiseland in der EU zurückgeschickt werden, sofern mit diesem eine entsprechende Vereinbarung besteht.
Seehofer rechnet durch den Kompromiss künftig mit sinkenden Asylbewerberzahlen. Was in der Vereinbarung zwischen Union und SPD festgehalten sei, dokumentiere die Asylwende in Deutschland, sagte der CSU-Chef. Entscheidend sei, dass die Regierung endlich handele und Menschen, die schon in anderen EU-Mitgliedstaaten einen Asylantrag gestellt haben, dorthin zurückweise. Dass die geplanten Maßnahmen nur relativ wenige Migranten betreffen würden, sei zweitrangig, so Seehofer. "Entscheidend ist das Signal, dass sich weniger nach Deutschland aufmachen, weil sie wissen, dass sie zurückgewiesen werden."
Söder verteidigt Begriff 'Asyltourismus'
Für erneutes Konfliktpotenzial sorgt dafür der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. In einem Interview mit der Welt am Sonntag verteidigte er den umstrittenen Begriff "Asyltourismus", den die CSU in dem Streit immer wieder genutzt hatte. "Die Bevölkerung versteht das Wort 'Asyltourismus' leider sehr genau", so Söder. Die Menschen hätten kein Verständnis dafür, dass Migranten wieder nach Deutschland kämen, die bereits mit einem Einreiseverbot belegt seien. "Ein Großteil der Bürger fragt sich außerdem: Wieso soll jemand, der einen Asylantrag in Spanien gestellt hat, sein Verfahren in Deutschland betreiben?"
Kritik für den Begriff erhielt Söder unter anderem von der SPD. Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles warf ihm und auch der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Klöckner vor, mit einer solchen Wortwahl Ressentiments gegen Flüchtlinge zu schüren und sich einer AfD-Rhetorik zu bedienen. "Wenn Herr Söder und Frau Klöckner von 'Asyltourismus' sprechen, reden sie wie die AfD. Das verschiebt Maßstäbe, verletzt Werte, bedient Ressentiments", sagte Nahles der Welt am Sonntag. Klöckner hatte den Begriff in einem ARD-Interview aufgegriffen.