Extremismus in Sachsen:Mörderische Themen im Chat

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Die Sicherheitsmaßnahmen wurden angepasst: Gegen Michael Kretschmer, CDU-Ministerpräsident von Sachsen, wurden möglicherweise Mordpläne geschmiedet. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Eine Dresdner Gruppe ist verdächtig, Waffengewalt geplant zu haben. Ihr mögliches Ziel: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.

Polizei und Generalstaatsanwaltschaft ermitteln nach Drohungen gegen Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) in einer Telegram-Chatgruppe. Gegen die Gruppierung "Dresden Offlinevernetzung" und deren Mitglieder ergebe sich ein Straftatverdacht, teilte das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen am Mittwoch mit. Die Zentralstelle Extremismus Sachsen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden prüfe, welche Tatvorwürfe in Frage kämen.

Grundlage der Ermittlungen ist demnach ein Bericht der ZDF-Sendung "Frontal", die am Dienstagabend über Äußerungen zu Mordplänen mit Blick auf den sächsischen Ministerpräsidenten berichtet hatte. Für den Beitrag waren Journalisten der Telegram-Gruppe unter falschem Namen beigetreten. In Sprachnachrichten aus der Chatgruppe, die im Beitrag eingeblendet wurden, riefen Mitglieder von "Dresden Offlinevernetzung" zu Waffengewalt auf. "Äußerungen einzelner Mitglieder zum angeblichen Besitz von scharfen Waffen und Armbrüsten fließen in die Bewertung ein", teilte das LKA nun mit.

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Kretschmer will sich von den Drohungen nicht einschüchtern lassen. "Es ist mir nicht egal. Natürlich ich bin in Sorge. Aber ich entwickle daraus eher Kraft und Energie", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn das der Zustand ist, wie wir miteinander umgehen, dann wäre dieses Land verloren. Und das ist es nicht." Kretschmer berichtete davon, auch viel Zuspruch zu erhalten: "Es geht gar nicht um mich, sondern um die Frage, wer Verantwortung in der Demokratie übernimmt - an den verschiedensten Stellen, ob nun im Gemeinderat, als Bürgermeister, Journalist oder Abgeordneter im Landtag. Diese Menschen müssen geschützt werden. Sie dürfen keine Angst um ihr Leben haben."

Sachsens Vizeministerpräsident Martin Dulig (SPD) zeigte sich angesichts der Enthüllungen alarmiert. "Wenn inzwischen nicht nur Mordfantasien gegenüber unserem Ministerpräsidenten geäußert werden, sondern Menschen sich sogar verabreden, dann nimmt das Formen an, die weit über das hinausgehen, was wir ertragen und akzeptieren können", sagte er am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung in Dresden. Die Hemmschwelle sinke immer weiter. Aus verbalem Hass werde irgendwann physische Gewalt, erklärte Dulig: "Darauf können wir nicht warten." Es sei eine nationale Aufgabe, gegen die zunehmende Radikalisierung vorzugehen und innenpolitisch "ein klares Stoppzeichen" zu setzen. Dazu habe er sich bereits am Mittwochvormittag mit der neuen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Verbindung gesetzt.

Laut dem Dresdner Regierungssprecher Ralph Schreiber wurden die Sicherheitsmaßnahmen für Kretschmer entsprechend angepasst. Erst am vergangenen Freitag waren mutmaßlich Rechtsextreme vor dem Privathaus von Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) mit Fackeln aufmarschiert und hatten lautstark Parolen skandiert. Nach Recherchen von MDR Aktuell laufen derzeit allein sechs Verfahren wegen Drohungen gegen Kretschmer und weitere Regierungsmitglieder.

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