Merz im ARD-Sommerinterview:"Ein Nein ist ein Nein"

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Fühlt sich offenbar mutwillig missverstanden: CDU-Chef Friedrich Merz im Gespräch mit Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtbüros. (Foto: Fabian Sommer/dpa)

In seinem zweiten Sommerinterview lässt CDU-Chef Friedrich Merz keine Missverständnisse zu einer Zusammenarbeit mit der AfD aufkommen - anders als beim ersten Mal.

Von Boris Herrmann, Berlin

Ob einer wie Friedrich Merz noch Lampenfieber hat? Nach seinem mindestens unglücklich verlaufenen Sommerinterview Ende Juli im ZDF haben sie in der CDU jedenfalls mit Anspannung auf das Interview ihres Vorsitzenden an diesem Sonntag in der ARD gewartet. Einhelliger Tenor: Dieser Auftritt muss sitzen.

Merz war diesmal sehr darum bemüht, bezüglich der Brandmauer zwischen der Union und der AfD keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. "Wir haben eine klare Beschlusslage in der CDU. Wir arbeiten mit der AfD nicht zusammen. Nicht in den Parlamenten, nicht in den Kommunalvertretungen", sagte Merz. Auf Nachfrage bekräftigte er: "Ein Nein ist ein Nein, auch auf kommunaler Ebene."

Es gebe in allen deutschen Parlamenten Mehrheiten ohne die AfD

In seinem ersten Sommerinterview hatte er noch den Eindruck erweckt, er stelle den Parteitagsbeschluss infrage, mit der AfD keinesfalls zu kooperieren. In den Kommunen müssten gemeinsame Wege gefunden werden, Politik zu gestalten, wenn die AfD dort stärkste Kraft sei, sagte er damals. Daraufhin brach ein Sturm der Entrüstung los, an dem sich auch führende Christdemokraten beteiligten. Der CDU-Chef sah sich zu einer Klarstellung gezwungen.

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Geht da doch was zwischen Konservativen und Rechtsaußen? Nach seinen Äußerungen erhält Merz wütende Reaktionen aus den eigenen Reihen. AfD-Chefin Weidel hingegen hält eine Zusammenarbeit für unumgänglich.

Diesmal klang es aber auch so, als fühle sich Merz mutwillig missverstanden. Seine Bemerkung habe sich nicht auf die CDU allein bezogen, sagte er. Die gegenwärtige Stärke der AfD sei eine Herausforderung für alle Parteien. Man werde aber Wege finden, ohne sie Politik zu gestalten: "Es gibt in allen Parlamenten in Deutschland, in allen, auch in allen Kommunalvertretungen, Mehrheiten ohne die AfD."

Für Merz geht es auch darum, seine erschütterte Autorität wiederherzustellen. In Unionskreisen wurde er zuletzt als verunsichert beschrieben. In diesem Kontext ist es bemerkenswert, dass Hessens wahlkämpfender Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) nun praktische Tipps zum Umgang mit der AfD auf kommunaler Ebene gibt. Wenn es ein sinnvolles Projekt vor Ort gebe, könne die CDU ja einen eigenen Antrag stellen, dem dann alle zustimmten. "So schwierig ist das nicht", sagte Rhein der Funke-Mediengruppe.

Das Thema scheint Merz jedenfalls zu nerven

Warum tut Merz sich dann so schwer? Das Thema scheint ihn jedenfalls zu nerven, das Land habe andere Sorgen und Probleme, sagte er am Sonntag. Nur so viel: "Eine richtige Sache wird dadurch nicht falsch, dass sie von den falschen Leuten gesagt wird." Die CDU mache ihre Politik nach ihren Überzeugungen.

Dazu gehört nun offenbar auch ein härterer Kurs in der Migrationspolitik. Merz schloss sich der Forderung von CSU-Chef Markus Söder an, wieder Grenzkontrollen an allen deutschen Außengrenzen einzuführen. Es tue ihm zwar "in der Seele weh", das als Vorsitzender der Partei von Helmut Kohl heute fordern zu müssen. Denn offene Grenzen seien einmal das zentrale Versprechen für die Zukunft Europas gewesen. Aber, sagte Merz, es müsse jetzt alles getan werden, um die illegale Migration zurückzudrängen: "Wenn wir das nicht schaffen, fliegt uns diese Gesellschaft um die Ohren."

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Die Unsicherheit bei Merz scheint trotzdem noch nicht ganz verflogen zu sein. Als einziger Gast der ARD-Sommerinterview-Reihe lehnte er die Teilnahme am zugehörigen digitalen Bürgerdialog ab. Er ließ sich von Fraktionsvize Jens Spahn vertreten.

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