Junge in der Politik:Digital Natives kommen im US-Kongress an

Lesezeit: 3 min

Maxwell Frost versteht sich als Afro-Kubaner, als Black und Latino zugleich. Er ist jung, aber politikerfahren - und insgesamt für die Demokraten sehr wertvoll. (Foto: Stephen M. Dowell/Imago)

Maxwell Frost, 25 Jahre alt, dürfte der erste linke Vertreter der Generation Z im Repräsentantenhaus werden. Das ist nicht seine einzige Besonderheit.

Von Fabian Fellmann, Washington

Eben erst ist er alt genug geworden, um für das US-Repräsentantenhaus zu kandidieren. Doch schon jetzt präsentiert Maxwell Frost eine vielversprechende Biografie für eine steile Politkarriere.

Der 25-Jährige hat vor einer Woche die Vorwahlen in seinem Distrikt in der Stadt Orlando in Florida gewonnen, der fest in der Hand der Demokraten ist. Nun ist es so gut wie sicher, dass er am 8. November ins Repräsentantenhaus gewählt wird, als erster linker Vertreter der Generation Z. Das ist die Altersgruppe der Digital Natives, die das Zeitalter vor dem Internet nur noch aus lustigen Videoclips in den sozialen Medien kennen - anders als der Rest des Repräsentantenhauses, Durchschnittsalter 58.

"Ignoriert die Jungen nicht", schrieb Frost als erste Reaktion auf seinen Sieg bei Twitter, obwohl Digital Natives TikTok und Instagram bevorzugen.

Plattform X

Die SZ-Redaktion hat diesen Artikel mit einem Inhalt von X Corp. angereichert

Um Ihre Daten zu schützen, wurde er nicht ohne Ihre Zustimmung geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von X Corp. angezeigt werden. Damit werden personenbezogene Daten an den Betreiber des Portals zur Nutzungsanalyse übermittelt. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie untersz.de/datenschutz.

Frost weiß eben, wie er die Politelite und die Medienschaffenden erreicht, er ist nicht nur jung, sondern auch bereits ein Politprofi. Das unterscheidet ihn von Madison Cawthorn, 27 Jahre alt, seit zwei Jahren Abgeordneter der Republikaner. Der erwies sich als derart unreif, dass er seine Wiederwahl schon in den Vorwahlen vermasselte.

Eine bunte neue Welt

Auch durch seine Herkunft sticht Frost heraus. Die Parteien orientieren sich noch immer an traditionellen Bindungen: Afro-Amerikaner und Latinos gehören zu den Demokraten, nur Weiße wählen Republikaner. Diese Bindungen verlieren an Bedeutung: Der Anteil der Menschen, die sich als "multi-racial" bezeichnen, am besten mit "multiethnisch" übersetzt, steigt stark.

Diese bunte neue Welt verkörpert Maxwell Alejandro Frost: der leibliche Vater Haitianer, die leibliche Mutter eine libanesische Puertorikanerin mit sieben Kindern, laut Frost gefangen in einem Teufelskreis aus Drogen, Verbrechen und Gewalt. Er wurde adoptiert von einem Weißen aus Kansas und einer Lehrerin, die als Kind aus Kuba geflüchtet war.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alle Meldungen zur aktuellen Situation in der Ukraine und weltweit - im SZ am Morgen und SZ am Abend. Unser Nachrichten-Newsletter bringt Sie zweimal täglich auf den neuesten Stand. Hier kostenlos anmelden.

Frost versteht sich als Afro-Kubaner, als Black und Latino zugleich. In der US-Politik besitzt er damit Seltenheitswert, und das macht ihn für die Demokraten besonders wertvoll. Die Partei des 79-jährigen weißen Joe Biden braucht dringend solche Aushängeschilder, um junge und multiethnische Stimmberechtigte zur Teilnahme an den Zwischenwahlen zu bewegen, bei denen ihr der Verlust der Mehrheit droht.

Die Demokraten unternehmen zu wenig, um Junge zu fördern. Nur wer Millionen zu sammeln vermag, hat eine Chance, sich in Vorwahlen durchzusetzen. Und in den Parteigremien im Kongress erhalten jene am meisten Macht, die jahrzehntelang sitzen bleiben, einer der Gründe für das hohe Alter der Führungsriege.

Die Republikaner lassen Junge im Kongress schneller aufsteigen. Doch ihre jüngste Kandidatin, die frühere Trump-Sprecherin Karoline Leavitt, 25 Jahre alt, hat die Vorwahlen in New Hampshire noch vor sich, und nicht als Favoritin.

Politisiert durch Waffengewalt

Maxwell Frost überflügelte etablierte Demokraten in seinem Distrikt auch dank der Unterstützung alter linker Schwergewichte wie Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Dabei half ihm eine klassische linke Aktivistenkarriere, bei der Bürgerrechtsorganisation ACLU, in lokalen Wahlkampagnen und als Direktor von "March for Our Lives", einer Bewegung gegen Waffengewalt. Dieses Thema habe ihn politisiert, pflegt Frost zu erzählen.

Sein politisches Programm ist typisch progressiv. "Die Jungen wollen für etwas stimmen, nicht nur immer dagegen", sagte er in einem Interview. "Sie wollen ihre Augen schließen und über die Zukunft nachdenken, in der sie leben wollen: eine, die frei ist von Waffengewalt, in der alle eine Krankenversicherung haben, in der die Leute einfach ihr Leben leben können, all right?"

Bereits grenzt er sich nach ganz links ab

Ganz der Profi verwendet der Black-Lives-Matter-Aktivist nicht den umstrittenen Slogan "Defund the Police" ("Nehmt der Polizei das Budget weg"), der bei der moderaten Wählerschaft schlecht ankommt. Er redet lieber von der "Entmilitarisierung der Polizei", auch wenn die Ziele ähnlich sind: das Geld in Sozialarbeit investieren statt in die Polizei.

Frost verspricht, im Kongress eine kompromisslose Politik zu betreiben. Doch signalisiert er bereits Flexibilität: Er bezeichnet sich etwa als Freund sowohl der Palästinenser als auch der Israelis, Forderungen nach einem Boykott Israels lehnt er ab - anders als die bisher jüngste und lauteste Stimme der Progressiven im Kongress, die 32-jährige Alexandria Ocasio-Cortez.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUSA
:Unverhoffte Hoffnung für Joe Biden

Eine Schlappe für den US-Präsidenten und seine Partei bei den Zwischenwahlen schien unausweichlich zu sein. Doch nun kommt die Frage auf, ob die "Midterms" eine Ausreißerwahl werden, bei der die Modelle versagen.

Von Fabian Fellmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: